TEXTLANDSCHAFT

Texte über Texte


 

Sandra Kelleins Text "Khaki und federn" (Berliner Verlag) wäre 1968 eine Provokation gewesen, "Auch ich fühle mich als Seismograph" - "Wahrscheinlich werde ich sie ruhig ansehen und ihr mit bestimmtem Tonfall mitteilen, daß eine gewisse Beunruhigung für uns derzeit etwas Alltägliches ist, und man damit leben lernen muß." "Gibt es eigentlich irgendetwas, vor dem niemand Angst hat". Im Text ist "ETWAS KRIEG", doch die "Spannung hat von dem Moment an nachgelassen, als die Berichterstattung direkt von den Schauplätzen begann"; "Erstaunlich, daß uns die Kriege in der Ferne wieder neue Putzfrauen zuspielen", - die Erzählerin nutzt das.
Poetische Momente sind die Spannungen zwischen Titel, Teilüberschriften und nachfolgendem Text. Sandra Kellein schrieb eigenwilligere Texte, dieser scheint ohne Neugier,"froh, daß die Entfernung hilft, nicht zu verstehen, was sie sagt", "Ich bin überzeugt, daß ich am klügsten bin, wenn ich weder weiß, was ich sage, noch was ich tue", Faszination erarbeitet, er macht den Lesenden nur stellenweise neugierig, fasziniert.
"Verein von Lebensmüden".
"Viele von uns werden immer akribischer, ihr Unwohlsein zu verbergen", "Es hilft, sich in Details zu vertiefen", die Erzählerin tut es nicht. "Es gibt kaum Merkwürdigeres als Formen, in denen Menschen umeinander werben", "Nicht nur Magret und ich sind auf der Welt große Chamäleons", "Idealistisch gemalt: die Welt als Aquarell. Alles zerläuft", die Sätze, die überschriften für Kurztexte sein könnten, provozierten sie nicht. Sie interessierte sich ein paar Momente lang für Bachstelzen, weil ein Mann sie "Bachstelze" genannt hatte.
Am fesselndsten sind die Stellen, die nicht total verständlich sind: "Manchmal durchquert man große Säle voll von Gelächter, ohne eine Vorstellung vom eigenen Gesicht zu haben", "Und keiner von uns hat Geld. Wir behaupten das alle. Weil sich die Welt manchmal nur in den Schaufensterscheiben spiegelt. Und im Druckknopf eines Kugelschreibers, sofern er noch einen hat."

"Manche Sätze vergilben und werden brüchig wie Papier, bevor es zu Staub zerfällt", "Es mag sein, daß wir uns bereits alles auf eine geheimnisvolle Art erzählt haben." Die Erzählerin sagt: "ich versuche, vom Schreiben zu leben", "Ich bin mit diesem Alias-Programm zufrieden. Es scheint, als würden sich im Text immer neue Konstellationen ergeben." Es sind Wiederholungen im Text, die Erzählerin betont mehrmals: "Alles wiederholt sich. Es schiebt sich übereinander."
Der Text könnte eine Art Auftragsarbeit, >Das hat sich verkauft und könnte sich wieder verkaufen<, sein, "das, was uns wirklich alle miteinander verbindet, ist diese verdammte Mühe, die wir uns geben. Nichts Dummes zu tun. Dabei tun wir ständig etwas Dummes. Ich sorge mich, was aus mir wird."

 

 


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