Jutta Heinrich gab sich, trotz Aufforderung, keinen Männervornamen, mehr Chansen auf dem Literaturmarkt haben zu können, sie gab sich einen männlichen Nachnamen, mit der Rechtfertigung, die der nachvollziehen kann, der abwechslungsreich lebt, weiß, daß Mann und Frau in vergleichbaren Situationen ähnlich sind, der Unterschied ist in der Form der Geschlechtsorgane, die Mann/Frau/Apparaturen ziemlich austauschbar machen, wenn Gier nach Sex ist, falls es keine Angst vor moralischen Vorurteilungen, Krankheiten gäbe.
..."Ich floh, legte mich draußen auf den Fußboden und belauschte die Nonnen, ihre flatternde Aufgeregtheit, hörte, wie sie vor dem Kruzifix auf- und abrutschten, ihm verlangend dienten, den Kopf tief unter das Kreuz gebogen, in der Furcht, die andere zu erkennen in dem, der festgenagelt war"... "seine Armseligkeit erfüllte mich mit körperlicher Erregung".... "Das Geschlecht der Gedanken" (FischerVerlag) scheint ein individualisiertes, eins das nicht in Abhängigkeiten bringt. Die Erzählerin Jutta Heinrichs erlebte die Mutter demütig, den Vater herrschsüchtig, "Mich packte eine unbändige Wut, daß sie, meine Mutter, mir keine andere Möglichkeit gab, als das zu werden, was sie war, und so stahl ich mir das Herrische vom Vater, um sie dafür zu strafen", sie lebt in Fantasien brutal gegen Männer, Frauen, privat und eingebunden ins gesellschaftlichen Machtsystem; wenn sie Menschen dazu bringen kann, einander zu beschimpfen, prügeln, fühle sie sich für Momente nicht allein; grübelt, warum "ich mich immer wieder ähnlichen Situationen aussetzte: weil der bekannte Schmerz leichter zu ertragen war, als die Wiederholungen aus mir herauszuschütten und mich zu erneuern";
"Jemand klopfte an die Tür und ich stand auf."
"Tod... Ich erfaßte, daß er der heimliche Motor war, die Libido, die mich in Unruhe bannte". Jutta Heinrich wollte/will "keine Leibeigene der Wirklichkeit" sein, "mein Körper war ein Ort der Intensität und keine Bestimmung für ein Geschlecht". Sie beobachtete: "Eine emotionslose Neugier bietet Schutz und Ersatz, eine scheinbare Verfügbarkeit der Welt und das Gefühl der Macht bilden ein Aphrodisiakum aus, das die Lebendigkeit im Extrakt ersetzt." "Im Revier der Worte" (FischerVerlag), "Provokationen, Gegenreden, Zwischenrufe", zeigt sich Jutta Heinrich belesen, empfindsam, fantasievoll: "Jede poetisch verlangende Hingerissenheit ist Neugier auf die gesamte Existenz des Gegenüber", "Musik war eine Entgrenzung, bei der die Strafe nicht von außen kam", "bis heute verwechsle ich Sehnsucht mit Dasein". "Ich war eingetreten in den Olymp der Männer, die Wahntäuschung, zu sein allein dadurch, daß sie das Lebendige töten dürfen, bevor sie es gedanklich auferstehen lassen",
"hoffend, daß eine inszenierte Wirklichkeit alle Zeichen der Bedrohtheit von mir fernhält". Es gelang nicht, "In gewissen Weise ist mir der Stellungsbefehl in die Marotten und Qualen der Wiederholung erspart geblieben, aber nicht erspart geblieben ist mir, eine lebenslange Kriegsberichterstatterin zu werden und zu bleiben, gezwungen und verwoben mit einer irrationalen Sehnsucht nach beiden: Mann und Frau." Wenn sie sich entscheiden muß, ist sie Frau: "Für jede emanzipierte Frau machen zehn Peep-Shows auf und werden massenweise Frauen durchlöchert, weil sie nichts als Löcher sind", sie klagt, "daß die praktizierte Umsetzung der Frauenemanzipation insgeheim den Mann um Erlaubnis bitten muß", sieht die Welt als "unentwirrbare Gewaltvereinigung von Körper, Sucht und Kapital, Männlichkeit, Patriarchat und Ohnmacht", fragt: "Wie ist es dem Mann, mit dem wir leben, der neben uns aufwacht, der der Bruder, der Sohn, der Vater ist, ja immer noch ein vielgepriesener Beschützer, inmitten von Schreien, Blut, Kindesfleisch, Folter und Verfolgung möglich, eine Erektion zu haben, wodurch eine Vergewaltigung erst vorgenommen werden kann"?
Eine Fliege kroch zwischen Zelephan und Knackwurst, kam nicht mehr raus und kackte im Todeskampf Unmassen Fliegeneier.
Das Buch "Eingegangen"(Orlanda Frauenverlag) entspringt dem Einfall, anzunehmen, daß nach einer Reaktorkatastrophe, in der Redaktion einer Rundfunkanstalt, eine Flut von Briefen eingeht, in denen Banales, Groteskes... erzählt wird, die in ihrer Gesamtheit ein Zeitbild skizzieren.
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