TEXTLANDSCHAFT

Texte über Texte


 

Bianca Döring

&Bianca Dörings Texte zeigen ungewohnte Welt, ‘ins Nichts hineinzukönnen, ein schreckliches Nichts, von dem ich mehr und mehr durchstochen werde, ein herrlicher, harter Diamant ist das Nichts, der mich aus der Welt herausschneidet, mich in seinen klaren Abglanz setzt, bis ich glaube, er habe sogar eine Stimme, einen Singsang, als kratze er über die Endlosrille einer Schallplatte’... „Autoren schreiben ein faszinierendes Buch, dann scheinen Erinnerungen, Fantasie erschöpft“; das Buch ‘Siebzehn’ (Solitude-Verlag) widerspricht dem: ‘Jetzt langweile ich mich so sehr, daß ich sterben möchte. Ich muß mir etwas ausdenken zum Beweis’: ‘Wenige Zentimeter unter mir sehe ich den klebrigen Fisch, die runzelige, glänzende Gurke, die wie Opal schillernden Zwiebelringe, wirklich Dinge; ich würde, jetzt gleich, endlich ein wirkliches Ding neben all den anderen schönen Dingen werden, ein stilles, ergebenes, in sich ruhendes, ein bleigrauer Heringsrücken, ein blasses Marmorzwiebelgewächs’

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‘halten Sie meinen Weltschmerz nicht länger hin und räumen Sie ihm einen Platz ein bei Ihrer Frühstücksaffaire’,

‘ich könnte Wein trinken, Schnaps, um Gott zu helfen’,

‘Die Welt, sagen wir, fällt durch Gegenstände auf, große und kleine, an denen man sich stößt’, ‘Mein Körper ist so hart... Nirgends ist ich. Ich bin ein Ding.’

‘Mehrmals am Tag schaut sie in den Spiegel, um einen Beweis zu haben, daß es sie gibt.’ Bianca Döring erzählt in ‘Ein Flamingo, eine Wüste’ (Suhrkamp) mit poetischen, zum kleinen Teil rhetorisch wirkenden Sätzen, mittels ‘Sog meiner Zeitzerstörung’ vermischten Erinne­rungen von einer Frau, die wie viele empfindsame Kinder, ‘Mama lacht und will dann nicht mehr leben. Papa brüllt ungefähr vier Stunden lang. Danach muß der Hund erschossen werden, weil er hinkt, und Ziegel fallen vom Dach, und man sucht den Schuldigen’, mit Phantasiegestalten, ‘Anna’, in einer Welt lebte, in der das Kind nach Männern schaut, erwachsen sein, Verantwortungsgefühl will, ‘Die Puppe ist ein Kind, das jetzt gerettet werden muß.’

‘Sie wundert sich, daß sie behauptet, aus einer Landschaft einem Ort, von Menschen und einer Familie herzukommen’, sie hat Sehnsucht nach Gemeinschaft, ‘Sie riefe und lockte, leise und nachts, und der gemeint ist, hörte es eines Tages und liebte sie ausweglos’, Sehnsucht nach Liebe; doch ‘Mein Geliebter floh.’ ‘Heißt du Kilian? Heißt du nicht Jakob?’ In ihr ist Abwehr, Zynismus: daß ‘du Mann bist, und ich Frau bin, und daß es wegen uns ein Weiterleben gibt, ein Weiterfressen und Weitertrüm­mern’; ‘Schlafen ist das Köstlichste’, in dem alles, ohne Einfluß nehmenzukönnen/-zumüssen, geschieht.

‘Die ist von einem Auto überrollt worden und sofort gestorben’, ‘Die Oma hat sich erhängt’, ‘Und der Postbote sieht nicht von seinen Erinnerungen auf’ - die Umgebung, in der Menschen Menschen Kaugummis anbieten, Aufmerksamkeit zu erwecken, in der Kaugummis von Menschen gekaut werden, sich zu beruhigen, macht Todessehnsucht. ‘Granaten. Gesichter zersplittern’, ‘Etwas ist in die Flüsse geraten und hat sie verseucht’, die Erzählerin sagt Sätze, sich aufzuschrecken. Sie, die zwischen Ich- und Sie-Erzählen schwankt, ist unfähig, sich zu töten, behauptet: es ist ‘meine Überzeugung, daß es sich gehören würde, ihm eine Ladung Desinfektionsmittel aus der Sprühdose zu verpassen, um ihn anschließend’..., sie erklärt sich zur ‘Schreckenslehrerin und knirscht nachts mit den Zähnen’, sagt: ‘Mein Schoß ist eine Prinzessin mit einem Mördergesicht’, Haß zu erzeugen, Hoffnung für sich: ‘Sie holen mich und werden mich erschießen’, denn ‘Sie muß jetzt getötet werden, weil sie gefährlich ist’ könnten sie sagen.

Sie lauscht, ‘Ich bin nur eine zuckende Amöbe. Immer reagiere ich’, sie hat in Erinnerung: ‘Dann führt mich der Pastor hinter ein blaues Tuch und ich muß gehorchen’, sie will ‘Gott. Er gibt Befehle. Charlotte soll hinausgehn und sich hinlegen vor den anfahrenden Bus.’

Falls sie weiterleben muß, Fantasien: ‘Charlottes Kopf ist plötzlich ein glühender Salamander ohne Haut’. Hoffnung könnte ihr machen, nicht die einzige zu sein, die Probleme, zu leben, hat: ‘Der Direktor aber weint und muß vom Dienst suspendiert werden. Es heißt, er trauere um eine Frau, die in seinen Träumen erschienen und plötzlich von einem Nashorn verschluckt worden ist.’

 

 


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