&Die eine schreibt so, die andere so, die eine liest das so vor, die andere so, das ist eben so. In der Liebe ist das auch so. Beim Essen auch. Beim Sterben auch.
Ginka Steinwachs las Texte, Biografisches, ‘ich muß aufschreiben, was GEORGE an der GEORGE VON FONTAINEBLEU widerfahren ist, ehe Botho Strauß dahinterkommt’, wählte für ‘eine frau in bewegung, die frau von stand’ (MEDUSA VERLAG) Szenenfähiges aus, entwarf fremdartige Räume, ließ Figuren in theatralischem Ton sprechen, verlieh Textstücken Kapitelüberschriften, Nummern, ließ andererseits Rot auf Weiß drucken, als sei mittels Blut notiert. Die Inhalte der Szenen sind rasch erzählt, in ihnen geht es um Frauen-, Künstler-und politische Probleme, Liebessehnsucht, Angst vor dem Tod - nichts Unbekanntes, der Reiz liegt in der scheinbar verspielten, sorgsam gefügten Sprache, ‘NOCH IST DIE SCHÖNE GOLDENE ZEIT, / NOCH SIND DIE TAGE DER ROSEN’, ‘wie zart, wie zerbrechlich du dreinschaust und wie nah du BRÄUTLICHE dich zu unserer lieben frau von der mutter erde herabneigst’, ‘IM
BACHGERIESEL SITZT EIN WIESEL AUF EINEM KIESEL’.
‘HERZ ACH HERZ, WAS WILLST DU KLAGEN; WENN SELBST DIE DORNE ROSEN TRAGEN’. ‘die zeit spielt theater’. Ginka Steinwachs fragte trotzdem: ‘wo wird eine frau entsprechend ihrer begabung gefördert?’ Gertrude Stein zieht sich eine ‘Herren’hose an, ‘proletenmiezchen’ spotten: ‘der feminine blaustrumpf liest sozialreformende UTOPISTEN’, ‘aristokratenkatzen’ nennen sie ‘schamlose vielschreiberin’, ‘balzac’ versucht ihr zu helfen, wegen sehnsucht: ‘gleich wird sie mir in den starken armen liegen’; Musset, Chopin... sind Liebhaber, sie hat auch Liebhaberinnen; sie sei ‘ZIEHMUTTER DER’ 48-’REVOLUTION’, ‘NOCH SCHLÄGT DAS JUNGE FRÄULEIN GESCHICHTE UM DEN FREIER DER PARISER COMMUNE DEN GROßEN BOGEN’.
Ginka Steinwachs läßt ‘george’ sagen: ‘mich persönlich besetzen erinnerungen, die bis zu den pharaonen zurückweisen’, sie fühlt sich ‘GINKA STEINWACHS, ah pardon, GERTRUDE STEIN, ah pardon GEORGE SAND’ mit ihr eins. Im Kapitel ‘SAUNA DER KROKODILREVUE’ wird George Sand mittels einer ‘Transuse’ zitiert, sie scheint eine andere Sprache gesprochen zu haben als Ginka Steinwachs, es wirkt traurig, wenn sie über Sperlinge grübelt, ‘...WARUM WANDERN SIE IN DER KALTEN JAHRESZEIT NICHT NACH SÜDEN AUS WIE DIE ZUGVÖGEL?’
Die gekünstelt wirkende Sprache ließ zwischen Faszination und Langeweile, die ich bemerkte, weil ich plötzlich mit den Gedanken abseits gewesen war, zurückblättern mußte, schwanken. Ginka Steinwachs ließ George Sand gegen Musset sagen, ‘KUNST KOMMT EBEN NICHT VON KÖNNEN; SONDERN VON MÜSSEN’, der Text, den sie schuf, ist so, daß neben dem Gefühl von Textbastelei, Gefühl wird, daß er so geschrieben werden mußte.
Die Zeit machte aus einer FRAU IN BEWEGUNG DIE FRAU VON STAND, Statue, wie sie Bildhauer, Maler, Autoren schaffen, die Lebendiges, Lebendiggewesenes bewahren wollen. ‘HIN IST DIE SCHÖNE GOLDENE ZEIT,/ HIN SIND DIE TAGE DER ROSEN’.
Es gibt auch Theaterstücke, die ich genervt und höflich ansah, aber ich konnte sie nicht vergessen, weil etwas Fremdes drin war, das Neugier macht, bleiben läßt. Ich bin neugierig drauf, wieder zu sehen, zu hören, wie Ginka Steinwachs Texte vorträgt, ‘Gewohnt ist da nichts.’
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