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Agent Leila


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Verschiebung des Augwinkels
Die Schatten finden kein Haus

Wir schöpften Trinkwasser aus dem Fluss, ich sammelte, Beeren, Pilze, Blätter. Wir brauchten Zucker, Mehl. Wir hatten kein Gewehr. Wir brauchten Geld, um in der Wildnis überleben zu können. Ich erinnerte mich, dass eine Lektorin gesagt hatte, ich solle, "bis sich die Kultursituation wieder bessert", unter Pseudonym Trivialliteratur schreiben. Ich hatte gesagt, dass ich das nicht könne, sie hatte gesagt, ich solle erwachsen werden, ich hatte geschluchzt und gesagt: "Ich will nicht erwachsen werden." Ich wollte in der Wildnis hausen können und begann an nachfolgendem Text zu arbeiten, um Geld verdienen zu können. Als ich die Lektorin traf und sagte, dass ich bereit geworden bin, Trivialliteratur zu schreiben, sagte sie: "Zu spät. Wir haben inzwischen die Amerikaner" und kicherte bei dem Gedanken, dass ich in einem Basteiverlag enden könnte. Ich gab mir Mühe, in einen Basteiverlag kommen zu können, um frei leben zu können. Der Text blieb ein Fragment, ich wurde in Hartz4Verhältnisse, die dem Offenen Strafvollzug ähneln, gezwungen...

Leila sah die Spiegelungen abgestorbener, rindenloser Bäume an. Das Leben in der Spiegelwelt konnte eine Windböe zerstören. "Es fängt, sobald das Wasser sich geglättet hat, neu an."

"Ich will nicht mehr töten", sagte sie leise zu ihrem Spiegelbild, sie hauchte das Bild, das sie "Du" nannte an, es wurde vernebelt, unscharf. Sie wusste, dass jeder ihrer Schritte Lebewesen zerstörte. "Es ist kein Trost, dass ich die Leichen nicht sehen kann."
Sie hatte als Kind zwischen Mücken gelebt. Sie hatte ein Kitzeln auf der Haut gespürt, sich den Stachel einer Biene ins Fleisch geschlagen. Sie hatte sich verbrüht, als sie eine Tasse mit heißem Kaffee gehalten und als sie einen Einstich in ihr Leben spürte, hektisch zugeschlagen hatte. Sie lernte hinzusehen, bevor sie zuschlug.

Leila hatte Spinnen angeekelt angesehen, "Spinnen fangen Mücken", sie ließ sie Netze weben. Wenn Gäste kamen, wischte sie die Spinnweben weg. Als sie ein Netz übersehen hatte, ein Mitschüler hinsah, behauptete sie, dass Spinnennetze schön sind, "Es fehlt hier nur die Sonne und Tropfen von Tau."

Leila liebte das Halbdunkel von Kerzen, weil Mückenflügel an ihrem Feuer verbrannt, weil Mücken in ihrem Wachs ertrunken waren. Sie fühlte Mitleid mit den Faltern, die in die Flammen taumelten, "Ich kann es nicht ändern", dachte sie traurig. Sie sah im Wasser und Wachs Mückenleichen - einen schwarzen Punkt mit langen Beinen, Rüsseln. Sie zeichnete während dem Unterricht Karikaturen, Mücken redeten mit Hilfe von Sprechblasen wie Lehrer und Schüler. Sie sah Jahre später in einer Zeitung Mückenfiguren in Karikaturen, die ihren ähnelten. Sie wollte dem fremden Mann, der im Zug neben ihr saß, die Zeitung abkaufen, er schenkte sie ihr. Sie legte sie sorgfältig zusammen und zeigte sie ihrem Vorgesetzten. Ich lehnte mich zurück und sah sie zuerst spöttisch, dann besorgt an, "Du weißt, dass wir uns Schwächen nicht leisten können."
"Das sind meine Figuren."
"Du hast als Kind so gezeichnet."
"Woher weißt du das?"
"Du weißt, das ich viel über dich wissen muss, um dich nicht zu überfordern, niemanden zu gefährden."
"Ich bitte um Entschuldigung", ihr Ton war sarkastisch.
"Wenn du Karikaturist geworden wärst und deinen Lebensunterhalt mit Witzen verdienen könntest, würdest du nicht für uns arbeiten", ich sah K aufmerksam an.
"Wenn ich Geld verdienen würde, könnte ich Euch Geld spenden."
"Wirst du einen Prozess gegen ihn führen?"
"Nein."
"Es ist schön, dass jemand dieselbe Idee hatte wie du oder deine Idee gut fand."
"Ja."
"Willst du wissen, wer die Zeichnungen, die deinen ähneln, gemacht hat?"
"Nein", Leila fühlte sich lächerlich gemacht, "Ich wollte nur wissen, ob dir meine Art zu zeichnen gefallen hätte." "Ich mag Karikaturen nicht, ich mag Menschen", sagte ich, "Ich habe Fotos gesehen, auf denen ein Grinsen schien, was ein Lächeln gewesen war."

Leila hatte sich selbst geschlagen, wenn sie nach Mücken geschlagen hatte. Sie lernte, sie in der Luft zu erschlagen. Einige waren feucht, andere knackten, sie waren schwarz oder Schwarz mit Rot.
Sie riss Insekten keine Beine und Flügel aus, um zu beobachten, wie sie verkrüppelt zu überleben versuchen. Sie sah, wie sie im Rauch der Mückenspirale taumelten, zu Boden fielen, die Beine in die Luft streckten, zuckten.

Leila hatte ihre Schlafkammer mit Insektenspray eingenebelt und war mit dem Gefühl, sterben zu müssen, aufgewacht. Brechreiz, Atemnot. Sie hatte die Fenster aufgerissen. Die Mücken waren im Morgengrauen durchs offene Fenster gedrungen. Sie strich sich Mückenschutzmittel dünn auf die Haut. Es ist Gift, es dringt durch die Haut."
Leila lernte, dass sie andere berühren, schlagen durfte, wenn sie sagen konnte: "Dort saß eine Mücke."
Sie hatte Mückenstiche aufgekratzt, weil sie juckten. Sie hatte die Grinder abgekratzt, weil sie, wenn sie mit Fingernägeln über ihre Haut strich, Widerstand gespürt hatte. Ihre Liebe zu glatten Oberflächen hatte ein feines Narbengeflecht auf ihrer Haut hinterlassen. "Kriegsnarben", sagte sie.
"Wunden können Infektionsherde sein." Leila kratzte, sah auf das Blut, das am Bein hinunterlief, Socken durchtränkte, sie bestrafte sich mit Kuchenentzug, ihre Mutter fragte, ob sie krank geworden ist. Leila grübelte, ob Mücken Krankheiten übertragen können.

K litt an Borreliose, sie hielt es geheim. Sie wollte nicht als störanfällig gelten. Eine Ärztin kooperierte mit ihr. K gab ihr als Gegenleistung das Gefühl an etwas Geheimnisvollem teilzuhaben. Sie versprach ihr, im Rentenalter abenteuerliche Geschichten zu erzählen.

K hatte nur einen Menschen ohne Auftrag getötet. Er war arbeitslos geworden. Er hatte gedroht, die Stadt zu vergiften, in der er sich gedemütigt fühlte, ohne einen anderen Zufluchtsort zu haben, weil er arbeitslos geworden war. K wusste, dass es möglich war, Zyankali im Kochtopf herzustellen. Sie hatte gegrübelt, ob sie die Polizei anrufen sollte. Falls sie die Polizei angerufen hätte, wäre er in die Psychiatrie gesperrt worden. Sie hätten ihn mit Beruhigungsmitteln entlassen, die den Körper aufschwemmen, unförmig machen. Er hätte die Medikamente abgesetzt und noch mehr Hass gefühlt. Sie glaubte, keine Wahl zu haben. Als sie ihm zugehört hatte, hatte er behauptet, dass sie eine Masochistin ist, weil sie ihm zugehört hatte, und angeboten, sie zu fesseln. Sie ging kein Risiko ein, sie informierte mich nicht. Er trug eine schwarze Maske, als sein Hals in eine Lassoschlinge geriet, er nach Luft schnappte, stürzte. Er fiel weich. K band die Leiche so ans Gitter des Eisenbettes, als habe er sich selbst stranguliert. Sie trug Handschuhe, sah zu ihm hin und schluckte Beruhigungsmittel, um nicht zu kotzen. "Ich hätte ihm lieber einen Job besorgt", "Es gibt keinen Job für ihn." Sie hatten zusammen im Sandkasten gespielt. Es waren tausende Arbeiter entlassen worden.

K trank in dieser Nacht eine Flasche Whisky. Er erinnerte sie an Cowboyfilme. In ihnen gab es Gute und Böse, die Guten siegten. Sie ließ sich besoffen werden, weil sie erlebt hatte, dass eine Notsituation sie schlagartig nüchtern machen konnte. "Als sei ein Schalter umgelegt worden", dachte sie. Es gab keine Notsituation, sie musste den Kopf übers Klo halten, kotzen.

Wenn sie sich betrank, wurde sie schweigsam. Sie hatte einen Mann an einem Tresen erlebt, dessen Kopf an ihre Schulter gesunken war und der ihr zugeflüstert hatte, dass der Isralische Geheimdienst die Abteilung des ostdeutschen Geheimdienstes übernommen hätte, die für Selbstmordanschläge a la Barschel zuständig war. Er sei nur eine Randfigur. Leila hatte gegrübelt, ob es eine Botschaft an sie war und was sie bedeuten könnte. Er schien nur geschwätzig.

Leila hatte Jahre zuvor an einem Kneipentisch geklagt, dass sie sich jahrelang ausgebildet hatte, aber dass eine Bürokratie im Land herrsche, "ohne einen Papierwisch darf ich nicht einmal ein Beamter werden."
"Was kannst du?" hatte ich gefragt.
"Alles", hatte Leila gesagt, sich zurückgelehnt und zum Fenster geblickt.
"Siehst du den Baum, die Mauer vor dem Fenster. Laufe drüber, steige in das geschlossene Fenster ein und komme aus der Tür unten wieder raus."
"Jetzt?"
"Ja."
Leila hatte tief durchgeatmet. Sie litt an Höhenangst, seitdem sie als Kind von der Tischkante gefallen war. Sie tat so, als ketsche sie Kaugummi, damit das Blut in den Magen rutscht und sich der Kopf beruhigt. Sie sagte sich, dass sie ein Kind retten muss. Sie strauchelte auf der Mauer, stürzte nicht. Sie zog Handcreme aus der Jackentasche, schmierte sie dick auf die Glasscheibe, umwickelte die Faust mit dem ärmel, schlug zu, lauschte. Sie stieg ein und legte einen Stein auf den Fußboden, als sei ein Stein von draußen geworfen worden. Sie hörte Stimmen, Licht ging im Korridor an, sie kroch unter ein Sofa. Zwei Stunden später schlich sie aus der Wohnung. Die Haustür war von innen verschlossen, sie kroch durch ein Kellerfenster nach draußen. Die Kneipe war bereits geschlossen, als sie am Nachmittag hinging, um ihre Zeche zu bezahlen, war sie bezahlt. Sie erhielt einen Zettel mit meiner Telefonnummer.

Als sie in mein Büro trat, war sie noch Jungfrau. Ich fragte, sie sagte, sie könne sich für keinen Mann entscheiden. Ich zog sie an mich, schob mich zwischen ihre Beine. Ich wollte in sie dringen, damit das Problem für sie gelöst war. Sie war zu eng. Sie kuschelte sich plötzlich in meinen Arm und sagte: "Ich möchte mich in dir verkriechen."
"Du willst Verantwortung für dich los sein." Sie schwieg. Ich gab ihr ein Glas Whisky. Sie schenkte nach. Sie sagte, sie wisse nicht, wer sie sei. Sie habe kein eigenes Ich. Sie habe ihr Leben lang auf andere reagiert, "Ich wollte geliebt sein. Von allen geliebt sein."
"Willst du es?"
"Ich habe kein Ich."
Ich wusste nicht, ob sie die Wahrheit sagte, sie suchte einen Job.

Sie hatte in der Kneipe gearbeitet, den Lohn einem Pferdebesitzer gegeben. Die Zähne der Pferde waren gelb. Der Hintern tat Leila nach jedem Ausritt weh. Sie rutschte vom Pferd, als es vor einem Auto scheute.
Sie hatte sich von einem Mechaniker küssen lassen, damit er sie unterrichtete. Sie hatte sich von seinem Freund wegziehen lassen, um auf den Feldern seines Großvaters Mähdrescher und auf den Feldwegen Motorrad und Lastkraftwagen fahren zu können. Sie hatte den Anhänger beim Rückwärtsfahren in den Graben gesetzt. "Hau ab!" sagte der Junge. Aber sie blieb, bis die Räder unterfüttert, der Graben abgeschrägt war.

K war Mitglied des Roten Kreuzes geworden. Sie lernte Verbände anzulegen, Granaten zu werfen, mit Gewehren zu schießen. Sie lief ausdauernd. Sie scheute sich, über Gräben zu springen, sie glitt in die Tiefe, stieg auf. Sie war im Sportunterricht vor der Latte des Hochsprunggerüstes stehen geblieben, weil ihr Gehirn nicht akzeptieren konnte, dass sie über eine Latte springen sollte, unter der sie hindurchkriechen konnte.

Sie hatte vor dem Spiegel gelernt, unschuldig oder verliebt zu blicken. Sie borgte sich von einem Mitschüler Tontechnik und hörte ihre Stimme an, wenn sie sich Ausgedachtes erzählen ließ. "Was tust du?" fragte der Vater.
"Du bist schon zurück?"
"Ist das Essen fertig?"
"Ja."
Sie zog den Pullover aus, legte ihn auf die Tontechnik, deckte den Tisch, tafelte auf.

Wenn Jungen Leila angefasst, festgehalten hatten, war sie in den Totstellreflex gegangen. Der Griff lockerte sich, sie konnte sich ruckartig losreißen. Sie lernte fallen, ziehen, werfen. Sie übte Luft anzuhalten. Wenn ein Junge sie im Schwimmbad unter Wasser gedrückt hatte, sie sich nicht mehr bewegte, zog er sie hoch. Sie trainierte nicht, durstig zu sein, Hunger zu haben. "Das lernt man von allein." Sie baute eine Apparatur, ließ Urin verdampfen, fing ihn auf; die Flüssigkeit schmeckte dumpf. Sie buk aus Mehl, Wasser, Backpulver und Salz Brot. Ihre Mutter freute sich.

K wusste, dass Menschen, die nicht intelligent wirkten, ein gutes Gedächtnis haben können, ein feister Mann hatte sich an einem Kneipentisch zu ihr gewandt, "Ich bin ganz sicher, Sie schon einmal gesehen zu haben."
"Das ist nicht möglich. Ich bin seit einer Stunde und das erste Mal in der Stadt."
"Ich sah sie - in Paris, ... auf dem Montmartre. Im Mai", er zögerte, "Aber sagen Sie das nicht meiner Frau!" Er stieß der Frau, die neben ihm saß in die Rippen und kicherte.
K war zusammengezuckt.
Sie arbeitete am liebsten im fremdsprachigen Ausland. Sie konnte in problematischen Situationen, ohne Verdacht zu nähren, nach Worten suchen und in der Zeit nachdenken, wie sie reagieren sollte.

K wusste, dass sie um andere überzeugen zu können, lernen musste, zu glauben, dass sie die Person war, die sie vorgab zu sein. Ein Journalist durfte jeden ansprechen, er konnte ängste auslösen. Sie entschied sich, Künstlerin zu sein, wenn jemand sie ertappte, dass sie eine Geschichte von sich erzählte, die sie zuvor anders erzählt hatte, lächelte sie und sagte: "Ich übte für eine Rolle." "Für was?"
"Einen Film."
"Einen Film?"
"Ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte, mitzuspielen."
"Sie spielten fast überzeugend."
"Sie meinen, ich habe eine Chance -" K lächelte, als sei sie glückselig. K hatte gehört, es sei der Traum eines jeden Mädchens Schauspielerin zu werden. Niemand bezweifelte, dass sie die Wahrheit sagte.
"Haben Sie eine Schauspielschule besucht?"
"Nein."
"Warum nicht?"
"Ich hasse Prüfungen", Leila lächelte, der Mann gegenüber lächelte verständnisvoll zurück.

Leila ging mit ihm über den Rummel, er blieb an einer der Schießbuden stehen, fingerte nach Kleingeld, warf es über den Tisch, griff nach einem Gewehr. Der Schießbudenbesitzer nahm es ihm aus der Hand, wechselte das Magazin, reichte es ihm. Er zielte mehrmals. Leila sagte: "Die Gewehre sind gewöhnlich verzogen. Du musst mit dem ersten Schuss testen, wohin du zielen musst." Er sah sie von der Seite grübelnd an, zielte, schoss. "Ich habe getroffen", sagte er und reichte ihr eine Papierblume. "Sie brauchen kein Wasser", sagte Leila, "Ich mag Männer, die mich beschützen könnten."

Ich richtete ihr eine Webseite ein, auf die sie verweisen konnte.
Leila sagte, sie wäre Architekt geworden, wenn sie ausreichend Geld gehabt hätte, Häuser nach ihren Fantasien zu bauen, danach zu verkaufen, um neue bauen zu können. Sie mochte wechselnde Räume. Ich hatte ihr gesagt, dass sie in jeden Raum treten können wird, falls sie für mich arbeiten wird. Sie glaubte mir nicht, aber der Gedanke verführte sie.

Leila setzte sich in der Kneipe zu einem älteren Ehepaar. Sie hatte einen Tee bestellt. Er wurde mit Zucker und Zitrone gereicht. "Ist etwas nicht in Ordnung?" fragte der Kellner. "Nichts", sagte sie. Der Duft von Zitrone erinnerte sie an Mücken, "Die Kerzen rochen so."
Das ältere Ehepaar trank Schnaps. "Sie sind eine Künstlerin", sagte die Frau.
"Warum?"
"Sie haben zwei Federn auf dem Mantel. Wie ein Engel. Wie heißen Sie?"
"Leila."
"Das ist eine Möwe. Van Goghs Sonnenblumen sind Augen. Ich habe es genau gesehen", sagte der Mann.
"Ich auch", sagte die Frau, sie winkte nach dem Kellner und bestellte den nächsten Schnaps. Leila dachte, dass es einfach ist, eine Künstlerin zu sein, zwei Federn reichten, aus der Norm zu fallen. Sie achtete darauf, ob Anzeichen sind, dass die Realität um sie eine Fiktion ist. Sie war auf einen Turm gestiegen, sie hatte nach unten gesehen, sich fest geklammert. Häuser und Auto flogen auf sie zu. "Ich habe nie LSD genommen." Leila sah in einen Abgrund und dachte, dass Menschen Berge nicht runterfahren würden, wenn sie sie zuvor nicht hochgefahren wären. Sie legte bei Talfahrten den niedrigsten Gang ein, musste die Bremsen während der Abfahrt loslassen, um zu verhindern, dass sie zu glühen beginnen, die Oberfläche schmilzt, Bremsbacken das Auto nicht mehr halten können. Ihr Adrenalinspiegel stieg, sie bekam einen Tunnelblick.

Sie bewunderte Autos, sie waren schnell, wenn sie aufs Gaspedal trat.
"Du hast Angst?" fragte ich. "Nein", sagte K und kletterte auf die Brüstung eines Turms, schwankte und sprang zurück. Ich berührte kurz ihre Hand, um einen anderen Reiz zu setzen. "Man muss die Fantasien beherrschen", sagte ich, "die uns fallen sehen und keine Chance wissen." Leila hatte als Kind einen abgestürzten Menschen gesehen. Er lag auf dem Asphalt. Er trug schwarze Hosen und ein gelbes Hemd, so dass die Leiche im Blut wie eine zerrissene deutsche Fahne aussah.

K trainierte jeden Morgen Fingermuskeln, sie musste den Abzug einer Waffe rasch durchdrücken können. Leila hob den Kopf vom Buch und dachte, dass ein nackter Agent auf den Leser erotisch wirken könnte. Sie stand auf, schob die Schublade auf, nahm eine Haarbürste in die Hand und strippte mit dem Blick in den Spiegel, ohne das Pistolenähnliche von dem Opfer, das vor ihr schien, abzulenken. Als sie vom Spiegel wegschwenkte, zeigte der Griff der Haarbürste auf ein Foto. Es zeigte ihre Eltern. K senkte ihn zu Boden und zog sich an.

Wenn ihre Mutter sie gestreichelt hatte, war es, als streichele die Mutter ein Ding, die Finger der Mutter blieben an Pickeln hängen, "Man drückt freiwillig nur die Pickel von denen aus, die man liebt." Leila ertrug den stechenden Schmerz.

Leilas Vater hatte die Zärtlichkeiten ihrer Mutter abgewiesen.
Die Mutter war zum Nachbarn gegangen, wenn dessen Frau in den Bus gestiegen war, um ihre Mutter im Altersheim zu besuchen. Eines Tages kam sie zu früh zurück, weil ihre Mutter auf die Intensivstation gebracht worden war. Leilas Mutter hatte das Kleid, unter dem sie keinen Schlüpfer trug, nicht ausgezogen, er die Hose nur aufgeknöpft. Sie sagte der Nachbarin, die in der Tür stand und sie fragend ansah, dass sie Zwirn brauche, wegen Zwirn geklingelt habe, er sagte, dass er auf dem Klo gewesen sei, als es geklingelt habe. Er habe gedacht, dass es der Postmann sei. Leilas Mutter betrat die Nachbarwohnung nie wieder, sie ließ den Nachbarn nicht in ihre Wohnung, sie wollte eine anständige Frau sein. Leila schämte sich für ihre Mutter, weil Unehrlichkeit in der Beziehung zu ihrem Vater schien.
Leila wollte sich nicht verändern, wenn Menschen um sie waren, "Man reagiert und hat kein Ich."
"Beziehungen sind eine Art Reichtum, mit denen du in Notstandsgebieten überleben kannst. Es ist ein Problem des Bildungssystems, dass die Kinder nicht lernen, ihre Schwächen zu akzeptieren und mit ihnen umzugehen", sagte ich.

Leila hatte geübt, blind zu sein. Sie hatte, sobald sie stolperte, die Augen aufgerissen. Sie hatte sie zugeklebt. Als sie gestolpert, gestürzt war, hatte sie die Verbände abgerissen. Sie hatte vor nichts Angst haben wollen, "Um nicht erpressbar zu sein. Es reicht nicht, keine Angst vor dem Tod zu haben, wenn man Angst vor dem Verkrüppeltwerden hat."

K hatte geträumt, dass sie auf der Flucht war, ihr Vater schlug die Tür vor ihr zu. Es war nur ein Traum, aber es war geschehen. Leila hatte als Kind zu einem fremden Mann, der sie angelächelt und ihr ein Bonbon gegeben hatte, "Papa" gesagt. Ihr Vater hatte sich umgedreht, ihr ins Gesicht geschlagen. Er schlug ihrer Mutter ins Gesicht. "Das ist nicht mein Papa", sagte Leila, "Wir müssen das Schloss in der Wohnung wechseln." Leilas Mutter hatte Leila eine Ohrfeige gegeben. Leila war unsicher geworden, ob sie Eltern hatte.
Sie fragte: "Bist du mein Vater?" Der Mann sah sie an, als grübele er, ob sie schwachsinnig geworden ist, schwieg. Er legte den Zeigefinger beim Brotschmieren auf die Oberseite der Messerschneide. Sie schliff sie an. Er schnitt sich, Leila nahm ein Zellstofftaschentuch, legte einen Notverband an, ersetzte ihn durch ein Pflaster.
"Was sollte das?" fragte der Mann.
"Ich wollte mir einen Dolch schleifen. Ich habe Angst vor Hunden."
Leila wusch das Blut der Frau, die sie Mama nennen sollte, aus einer Damenbinde, die im Mülleimer lag. Der Arzt sagte, dass der Mann und die Frau mit einem Erbmaterialtest einverstanden sein müssen. Er fragte: "Wo hast du das Blut her?"
Sie sagte: "Sie leben beide." Sie wechselte den Arzt.
K hasste Brillen, die sie kurzsichtig machten, sobald sie sie abgesetzt hatte. Sie beschlugen, wenn sie aus kalten in warme Räume getreten war. Sie ließ die Augen operieren, ich bezahlte das, nach einigen Monaten war der Effekt vorbei. Sie griff erneut zur Brille, ließ die Augen erneut operieren, ängstlich, der Arzt könnte abrutschen.

K starrte mit zusammengekniffenen Augen auf den Bildschirm des Satellitentelefons: ′Vater ist tot.′
"Was heißt das?" Leilas Mutter bestätigte die Nachricht. K drückte das Telefon aus. Er war nicht an Herzinfarkt gestorben. Er war erschossen worden. K war es, als höre sie Schüsse, "Man denkt an Silvesterknaller."
Er war mit einer Schallschutzpistole erschossen worden.
K war es, als sehe sie etwas durch die Luft auf sie zu fliegen, es drang ins Herz. Sie lebt seitdem mit einer Kugel im Fleisch. Die Kugel rollt durch ihren Körper. Sie ist glatt, sie eckt nicht an.

K zögerte, die Nachricht anzunehmen, die ihr an der Hotelrezeption überreicht wurde - Ein Kommissar bestellte sie aufs Revier.

K wies an einem abgewetzten Schalter die Vorladung vor. Sie wurde zu einem Raum begleitet. Stühle und Tische hatten abgewetzte Oberflächen. Der Komissar nahm seine Brille ab, um sie anzusehen, er fragte: "Beileid. Wo waren sie gestern Abend?"
"Im Hotel "Astoria.""
"Hotel?"
"Ich wohne dort."
"Ihre Wohnadresse ist -."
"Die Hauptwohnung ist bei meinen Eltern. Sie haben mein Zimmer gesehen?"
"Es wirkte unbenutzt."
"Es lag Staub. Die Zimmer im Hotel werden täglich sauber gemacht."
"Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt gesehen?"
"An seinem Geburtstag. Ich brachte ihm eine Flasche Whisky."
"Das war -"
"Vor sechs Wochen."
"Waren Sie gestern den ganzen Abend im Hotel?"
"Ja."
"Zeugen?"
"Ich wartete auf einen Anruf."
"Name!?"
"Das geht Sie nichts an."
"Ihr Vater wurde ermordet."
"Ich wollte nicht, dass er tot ist."
"Er vererbt Ihnen alles."
"Er vererbt nichts."
Der Kommissar griff in eine Schublade, zog sie auf, holte eine Stahlkassette heraus, öffnete sie.
"Was ist das?" fragte K.
""Schmuck."
"Von wem?"
"Ihre Mutter vermutet, dass es der Schmuck seiner Mutter war."
"Seine Mutterwar arm."
"Sie wollen das Erbe ausschlagen?"
K sagte: "Nein."
"Sie hatten also ein Motiv."
"Ich wußte nichts von dem Schmuck."
"Sie haben einen Schlüssel zur Wohnung. Wir haben Ihr Hotelzimmer durchsucht und eine Waffe gefunden."
"Hatten Sie eine Erlaubnis?"
"Wir haben ihre Konten überprüft. Sie sind verschuldet."
K lachte erleichtert auf, "Sie lügen."
""Vorsicht!" Der Komissar klingelte. Ein Mann trat ein, "Führen Sie sie ab. Untersuchungshaft." K lachte schrill auf. "Verdunkelungsgefahr." Er sagte zu K: "Sie sollten keinen Widerstand gegen die Staatsgewalt leisten." Leila sah zum Tisch, der zwischen ihr und dem Beamten stand, sie sah zum Fenster, zögerte und folgte dem Beamten.

Leila sah die Gitterstäbe im Fenster und spielte mit ihrem Kamm, sie klappte Stoff über die Zinken und pustete hinein. Es klang nicht nach Musik. Unter einer Plasteschicht lagen harte Stahlborsten, im Kammrücken war eine Säge. Es war eine Entspannungswoge über sie geglitten, als sie die Hand auf den Kamm gelegt und mit bettelnder Stimme gesagt hatte, "Darf ich wenigstens den Kamm behalten?" Die Beamtin hatte genickt.

Leila lebte zwischen engstehenden Mauern. Sie klopfte an die Wand, um ihr Herz nicht schlagen zu hören. Als sie sich das erste Mal hingelegt hatte, aufgewacht war, hatte sie sechsundzwanzig Stunden geschlafen. Befehle zu essen hatte sie befolgt.

Leila war zwei Tage im Knast. Sie bewegte sich von Wand zu Wand, streckte die Arme zur Decke, zum Boden. Sie legte sich hin, lauschte und dachte, dass das eine eigenartige Musik ist, in der es schepperte, Türen schlugen, Schritte lauter, leiser wurden, Schreie gellten.

Leilas Tür wurde geöffnet, sie sollte duschen. Sie war wegen der Langenweile so müde geworden, dass es dauerte, bis sie sich erhoben hatte. Die Beamtin wollte die Tür bereits schließen. "Bitte nein", sagte Leila.

K duschte, eine Frau putzte und sah zu ihr hin.
"Bist du lesbisch?"
"Nein. Du?"
"Nein." Die Frau verließ den Raum. Leila genoß das Wasser auf ihrer Haut.
Es war warm, "wie im Mutterbauch." Leila lehnte sich an die kalte Wand und sagte: "Mama."

K stürmte in mein Zimmer, "Was war das?"
Ich lehnte mich zurück, lächelte: "Herzlich Willkommen!"
"Was war das?"
"Du warst im Knast."
"Warum?"
"Mir wurde gesagt: Mord, Verdunkelungsgefahr."
"Was war das für ein Schmuck? Wieso war mein Konto leer?"
"Der Schmuck gehörte deiner Großmutter."
"Woher weißt du das?"
"Weil dein Vater in einem Laden gefragt hatte, wieviel Wert er haben könnte."
"Woher weißt du das?"
"Ich muß informiert sein, um dich und andere beschützen zu können."
"Wo war der Schmuck, als der Tote gefunden wurde?"
"Vermutlich in einem Safe."
"Wir haben keinen Safe."
"Oder in einem Wohnzimmerschrank."
"Ich kenne unsere Wohnung."
"Die Wohnung deiner Eltern. Wieso verhörst du mich? Ich habe dich rausgeholt."
"Wie?"
"Du hattest im Hotelzimmer auf meinen Anruf gewartet."
"Das hast du ihnen gesagt?"
"Ja. Und dass du meine Geliebte bist. Wir hatten ein Telefonat vereinbart. Ich konnte dich aber nicht anrufen, weil meine Frau beständig im Zimmer war. Sie behauptete, auf einen Anruf ihrer Schwester zu warten. Ich ging in den Park zur Telefonzelle, sie begleitete mich."
"Deine Frau spielt das mit?"
"Sie wurde nicht gefragt."
"Wieso sollte der Anruf eines Geliebten für mich so wichtig gewesen sein, dass ich meinen Vater nicht hätte umbringen können, um den Schmuck meiner Großmutter zu erben, zu verkaufen, Schulden zu bezahlen, reich zu sein?"
"Du hast noch nicht geliebt."
Leila saß verwirrt. "Das ist Unsinn", sagte sie.
Ich fühlte eine Spur Mitleid, "Ich sagte ihnen, dass du einen Leberfleck auf dem Hintern hast. Haben sie versucht, dir auf den Hintern zu sehen?"
"Woher weißt du, dass ich einen Leberfleck auf dem Hintern habe?"
"Der Mann hätte mir sonst nicht geglaubt. Dein Konto war in Ordnung. Der Kommissar blöffte, als er dir erzählte, dass es leer ist. Er konnte über den Kontostand nichts wissen. Er ist Alkoholiker, er hatte Probleme im Dienst, er hätte sich über ein rasches Ermittlungsergebnis gefreut."
"Die Waffe?"
"Blöff. Deswegen war es für mich leicht, dich rauszuholen. Deine Mutter hatte ihm erzählt, dass du als Kind mit Luftdruckpistolen geschossen hast. Er hatte eine Luftdruckpistole in deinem Zimmer gesehen. ′Die Bösen sind brutal und die Guten auch. Man muß auf der Seite der Guten sein.′"
"Ich überlege, ob ich den Job wechseln sollte."
"Wir haben dich rausgeholt." Ich zögerte. "Du kannst Annoncen schreiben, auf Annoncen antworten. Wenn du ein Jobangebot erhältst, das dich zufriedenstellen könnte, können wir darüber reden."
"Was soll ich in den Lebenslauf schreiben?"
"Dass du in ungekündigter Stellung als Rechtsanwaltsgehilfin arbeitest", meine Finger zeigten auf die Wände mit Aktendeckeln, "Das ist die Wahrheit, nicht wahr?"
Leila sah mich an, als habe sie keine Chance.

K sah in ihren Hotelzimmern Filme an. Wenn sie Roboter sah, die menschliche Gefühle zeigten, grübelte sie, ob sie ein Mensch war, der roboterähnlich geworden war. Leila sah die Fliege auf ihrem Arm, deren Flügel im Licht schimmerten. Das Tier setzte seine Lippen an ihre Haut, fuhr eine Nadel aus, stach, Blut floss. "Blutsauger", sie schlug zu. Sie sah Blutschmierer auf dem Arm, sie hatte den Schmerz des Einstiches gespürt. ′Er könnte programmiert sein.′
Leila hatte Filme gesehen, die Dokumentarfilme schienen. Jede Nachricht kann Ausgedachtes sein kann, auch wenn Fotos und Filmmaterial sie zu belegen scheinen.

Ich hatte ein Buch gelesen, das mit Dokumenten glaubhaft bezeugte, das die Nationalsozialisten den Reichstag angezündet hatten, ein anderes erklärte mit Hilfe von Dokumenten nachvollziehbar, das es ein einzelner Kommunist getan hatte. Die Türme des Welthandelszentrums waren in New York zusammengefallen, das Videomaterial und Interviews bezeugten eine kontrollierte Sprengung; aber der Präsident handelte so, als habe es einen Terrorakt von Muslimen gegeben.

Leila wühlte in Papieren. Sie fand ihre Geburtsurkunde mit den Namen ihres Vaters und den Mädchennamen ihrer Mutter. Sie fand eine Heiratsurkunde, ihr Vater hatte ihre Mutter geheiratet, als sie zwei Jahre alt war. Leila fuhr zu ihrer Großmutter und sah sich Fotos an. Die Fotos ihrer Mutter ähnelten denen, die sie von sich gesehen hatte. Die alten Fotos waren vergilbt. Die Mädchen trugen andere Kleider, Leilas Mutter trug Zöpfe, sie nicht.

Leilas Brüste waren groß und schwer geworden wie die ihrer Mutter. Büstenhalter schienen ihren Brustkorb zu umklammern. Wenn sie rannte, wippten Fettgehänge, es tat weh. Sie ließ sie verkleinern. Der Arzt betastete, streichelte ihre Brüste, sah sie verständnislos an. Ich hätte ihr keine Erlaubnis gegeben. Sie hatte die Operation vornehmen lassen, als sie den Job begonnen hatte, und ich Eigenwilligkeiten als Lehrzeit akzeptieren mußte.
"Männer mögen Brüste", sagte ich ärgerlich.
"Wenn ich eine enge Bluse trage, keinen Büstenhalter tragen muß, kann ich die erotisieren, die auf Brüste reagieren, wenn ich weite Hemden trage, andere. In meinem Job ist Flexibilität notwendig."
"Ich hoffe, du wirst nicht beständig Ausreden ausdenken", ich spielte mit dem Stift, als sei er ein Wurfpfeil.
"Ich hoffe, ich werde immer nachvollziehbare Gründe für das, was ich getan habe, haben", sagte sie und nahm mir den Stift aus der Hand.

Leila holte den Schmuck vom Polizeirevier. Sie ließ ihn durch die Hände gleiten. Die Mutter ihres Vaters hatte keinen Schmuck getragen. Leila schüttete ihn auf den Küchentisch ihrer Mutter, "Hast du von ihm gewußt?"
"Nein", sagte die Frau und sah zum Fenster.
"Dir gehört ein Anteil."
"Er hätte ihn mir zu Lebzeiten schenken können. Er hat es nicht getan." Die Mutter schob ihr Ketten und Ringe zu, "Vielleicht kannst du etwas damit - anfangen. Wenn ich jung wäre, würde ich anders leben."
"Wie?"
Die Frau schwieg.
"Du kriegst den Schmuck, sobald du ihn willst", sagte Leila und wickelte ihn ein, "Warum hat die Polizei mich in Untersuchungshaft gesteckt und dich nicht?"
"Ich hatte ihn geliebt."
"Du könntest ihn aus Liebe erschossen oder erschießen lassen haben. Hatte er Affairen?"
"Erinnerst du dich an die Szene", fragte die Mutter. "Ein Entenpaar war aufgeflogen. Dein Vater hatte gesagt: "Ich möchte eine abschießen. Wir brauchen einen Braten." Du hattest gesagt: "Dann töte auch die andere, damit sie nicht traurig ist." Ich will tot sein."
Leila streichelte die Luft, die ihre Mutter umgab.

Leila wickelte den Schmuck in eine Jacke, legte sie in eine Plastetüte. Sie griff nach der ledernen Handtasche, die groß genug war, Akten zu transportieren und füllte sie mit Zeitungen. Sie fuhr zur Schwester ihrer Großmutter, sie wurde auf dem Weg nicht ausgeraubt. Die alte Frau saß im Rollstuhl. "Ich bin Leila. Die Enkelin deiner Schwester."
"Ich habe keine Schwester", sagte die weißhaarige Frau.
"Sie starb und hinterließ mir den Schmuck ihrer Mutter. Kennst du ihn?" Leila faltete die Jacke auf, die Augen der alten Frau weiteten sich vor Entsetzen. "Was ist los?" fragte Leila, schlug Stoff über den Schmuck und streichelte die Hand der alten Frau.
"Das ist Sünde", sagte die alte Frau.
"Was?" Leila legte die Hände auf ihre Schultern, "Gott ist bei uns", sagte sie.
"Du darfst das nicht behalten", flüsterte die fremd wirkende Frau, "es ist verflucht." Leila sah, dass die Frau keinen Schmuck trug, "Jeder Schmuck oder nur dieser?"
"Konzentrationslager." Leila wurde es schwarz vor Augen.
War der Schmuck von Ermordeten?

Sie war noch ein Kindergartenkind gewesen, als sie im Breitwandkino Menschen gesehen hatte, die in eine Kirche getrieben wurden. Die, die rauswollten, wurden erschossen, die Kirche angezündet. "Sie hatten keine Chance." Leila war an ihrem Geburtstag in eine Eisdiele gegangen. Sie liebte den Platz am Fenster. Eine Zeiteinhat war, wieviel Straßenbahnen vorbeigefahren waren; sie stellte ihre Arme nicht für Zeitanzeigen ungern zu Verfügung. Ein Mann ließ Bücher liegen. Leila rief ihm nach, er reagierte nicht, sie lief ihm hinterher, er rannte. Er stieg in einen Bus, die Tür schloss, der Bus fuhr ab. Leila kehrte um, stocherte im Eis, leckte am benetzten Löffel, um den Geschmack kalter Erdbeeren lange genießen zu können, sie schlug die Bücher auf, blätterte in ihnen und sah auf Gesichter hinter Stacheldraht. Sie sah auf schwarz-weiße Bilder mit Bergen von Leichen. Sie aß das Eis hastig, es stach im Kopf über der Nasenwurzel, sie ließ die Bücher liegen, sie lag nachts schlaflos. Sie beschloss im Morgengrauen, abhauen zu lernen, ′falls ich in ein Lager muss′, der Vorsatz beruhigte das Kind, es schlief ein.

Leila schrieb an Gedenkstätten ehemaliger Konzentrationslager und fragte, ob ihre Großmutter dort gearbeitet haben könnte. Sie sollte nachweisen, dass sie ein Auskunftsrecht hat. Plötzlich war eine Schamwoge durch Leila gerollt, weil sie ihre Großmutter verdächtigte, Menschen, die wie Viehzeug zwischen Stacheldraht gesperrt worden waren, ausgeraubt zu haben. Ihre Großmutter hatte ihr verbieten wollen, Mücken zu erschlagen, "Sie sind Lebewesen wie wir." Sie dachte, dass ihre Großmutter den Schmuck für Flüchtlinge aufbewahren sollte. Sie dachte, dass sie nach den Besitzern suchen könnte, aber dann dachte sie, dass die Besitzer reich gewesen sein müssen und dass sie das Geld für die ausgeben sollte, die in Notsituationen sind. Sie sah aufmerksam um sich, für wen sie das Geld geben könnte, sie entdeckte das Elend von Künstlern, die berühmt und hungrig leben müssen, und hörte von Frauen, die verstümmelt wurden, damit sie keine Sexlust haben können.

Ein Mann führte K in Läden, sie sollte sich auf seine Kosten einkleiden. Er kaufte ihr ein so teures Nachthemd, dass er es in einen Tresor glaubte legen zu müssen, in der Hoffnung, er könnte sie verführen, sich vor ihm auszuziehen, um es anziehen zu können. Er fragte sie, ob sie Schauspielerin werden wolle, er bot an, ihr ein Filmstudio einzurichten. K lehnte ab. Es reizte ihn, dass sie sich für ihn und seine Arbeit zu interessieren schien, aber keine Anzeichen zeigte, seine Geliebte zu werden. Als er in ihr Hotelzimmer drang, forderte sie ihn auf, das Zimmer zu verlassen und klingelte nach dem Personal. Er setzte sich am Morgen an einen anderen Tisch. K setzte sich zu ihm, "Habe ich so grimmig geblickt?" fragte sie, "Ich habe heute schlecht geschlafen." Sie streute ihm Salz auf sein Ei.

Ich wusste, dass ich ihr nur den Auftrag geben müsste, mit ihm ins Bett zu gehen. Sie würde Ekel verlieren. Ich spiele nicht, ich erledige einen Job. Ich schickte ihm Frauen, die ihn trösten könnten. Er schloss die Augen, dachte an Leila, es stimmte ihn aggressiv. Ich musste den Frauen Gefahrenzulage zahlen. Diese Stimmung hielt ihn zerstreut. Er zeigte K Häuser, Autos, Zeichnungen von Flugzeugen. K sah sie an und kommentierte sie wie Kunstwerke. Er fuhr mit ihr zu Flughäfen.

K hatte den Auftrag, die Zeichnungen von Modellen aufzuspüren, die nicht gebaut worden waren. Sie hatte gezögert:
"Wirtschaftsspionage?"
"Wir brauchen Geld."
"Mir gefällt das nicht."
"Mir auch nicht. Wir brauchen Geld."
Leilas Skrupel verschwanden, als sie merkte, dass er keine Skrupel hatte, zu versuchen, ihren Körper mit Geschenken zu kaufen.

Er war in die Universität gegangen und hatte die klügsten Technikstudenten angeworben. Sie durften keine Flugzeuge für ihn entwickeln, sie mussten ihm Tee servieren, den Telefonhörer reichen, Gästen die Tür öffnen. K entschied sich für den, der am meisten zu leiden schien. Sie wich ihm aus, weil sie Angst haben musste, dass er wegen der Eifersucht seines Chefs entlassen wird. Sie sah ihm im Vorbeigehen in die Augen und sagte rasch: "Es ist heiß. Ich bin heute um drei in der Eisdiele."

Er kam nicht hin. Eine Frau setzte sich zu ihr und erzählte von Kanarienvögeln. Als K die Eisdiele verließ, folgte sie ihr, zupfte an ihrem Ärmel und sagte, dass sie sie nach Hause fahren könnte. "Ich bin nicht lesbisch."
"Ich auch nicht", sagte die Frau und kicherte, "Kommen Sie."
K stieg ein. Die Frau fuhr sie durch immer enger werdende Straßen.
"Kann ich Ihnen vertrauen?" fragte K.
"Ja."
Das Auto stoppte. Leila folgte der Frau in ein Haus, eine Wohnung, ein Zimmer. Die Frau ließ sie mit dem Mann, mit dem sie sich verabredet hatte, allein. K durchspülte ein heißes Gefühl.
"Was wollen Sie von ihm?" fragte der Mann.
"Ich interessiere mich für Flugzeuge."
"Was wollen Sie von mir?"
"Ich dachte, Sie interessieren sich auch für Flugzeuge. Ich hatte einen Traum: Ich sah ein Flugzeug, dass ich noch nie gesehen hatte, aber als ich mich hineinsetzen wollte, war es nur Papier. Wollen Sie das Flugzeug entwickeln? Ist es entwickelt?"
"Was wollen Sie von mir?"
"Ich sollte jetzt gehen."
"Nein", sagte er, trat zwischen sie und die Tür, "So gehen Sie nicht mit mir um!"
"Er geht mit Ihnen so um." Die Atmosphäre war schwül. "War das Ihre Freundin?"
"Meine Schwester."
"Was wollen Sie von mir?"
Er sah K an wie ein Mann, der eine Frau will, sie sah ihn an, wie eine Frau, die erregt ist, ohne es zu wollen. "Trinken wir einen Tee?" Er reagierte nicht, als sie die Tür öffnete, in die Küche schlüpfte, sie nahm einen Wasserkessel, füllte ihn mit Wasser, stellte ihn auf den Herd, "Wo ist Tee?" Er sagte: "Ich werde Ihnen helfen." K lächelte über die Mehrdeutigkeit. Ihr Körper wollte Sex, ihr Kopf Zeichnungen. Er reichte ihr Tee.
"Wer ist der Geldgeber?"
"Ich bin nicht arm", sagte sie.
"Sie wollen Konstruktionszeichnungen, ich brauche Geld."
"Er sagte, dass er sie fair bezahlt."
"Ich will soviel Geld, dass ich sein Haus verlasssen, eine eigene Firma eröffnen kann."
"Haben Sie eine Geschäftsidee?"
"Ja."
"Sie könnten einen Bankkredit aufnehmen."
"Ich mache keine Schulden."
"Wirtschaftsspionage ist gefährlich. Sie kann Gerichtsprozesse auslösen."
"Sie gingen das Risiko ein."
"Sie irren - ich spioniere nicht. Ich leiste mir nur den Luxus Neugier. Ich hatte einen merkwürdigen Traum."
Die körperliche Gier in ihm endete schlagartig, "Sie belügen mich. Was wollen Sie für die Papiere zahlen?"
K war nicht bereit, ihm ein Argument zu liefern, sie wegen Bestechungsversuchen denunzieren zu können, "Ich würde Ihr Partner. Sie haben eine Geschäftsidee, ich gebe Ihnen Geld. Falls Sie mir helfen, meinen Traum zu verstehen."

Ein Polizeikommissar forderte alle Insassen des Hauses ins Empfangszimmer und sagte: "Der Mann hat sich ertränkt." Er habe Flugzeugbauer werden wollen, als Buttler arbeiten müssen. Er habe die Demütigung nicht verkraftet.
"Er hat sich nicht ertränkt", sagte K.
Der Kommissar sah zu ihr hin.
"Ich fragte ihn vor ein paar Tagen, warum er traurig sei, er sagte, er habe eine Geschäftsidee, aber kein Geld. Ich sagte, dass er sie ausarbeiten und mir vorlegen soll, es könnte sein, dass ich Partner für ihn finde."
"Hast du Geld?" fragte der Flugzeugbauer.
"Ich hatte dein Angebot, mir ein Filmstudio zu schenken, nicht annehmen müssen."
"An der Leiche sind keine Anzeichen von fremder Gewalt", sagte der Polizist.
"Kann ich den Obduktionsbericht lesen?" fragte K.
"Das ist nicht üblich."
"Kann ich ihn sehen?"
"Nein."
"Darf seine Schwester den Bericht lesen?"
"Woher weißt du, dass er eine Schwester hat?" fragte der Flugzeugbauer. "Er hat keine Schwester", sagte der Polizist.
"Dann muss ich es geträumt haben", sagte K und trat zum Fenster.
Sie hörte Türen schlagen. Stille.
"Du hattest ein Verhältnis mit ihm", sagte der Industrielle.
"Er hatte mich an einen Schulfreund erinnert. Ich hätte ihm gern geholfen."
"Ich glaube, er war seelisch sehr krank."
"Ja", sagte K, ging zum Parkplatz, setzte sich in ihr Auto und fuhr in den Wald. Sie sah die Bäume irritiert an: "Vielleicht lässt er mich morgen erhängen." Sie grübelte, welchen Grund er sich ausdenken könnte. Sie grübelte, welchen Grund sie sich ausdenken würde. Ihr fiel keiner ein. Sie hatte sich entschieden, Entscheidungen über Selbstmordmöglichkeiten drei Tage aufzuschieben. Innerhalb von drei Tagen geschah etwas, was ihre Neugier weckte. "Am Ende bin ich unendlich lange tot. Wenn ich keine Angst vor dem Tod habe, kann ich leben."

Als sie ins Haus zurückgekommen war, packte sie ihre Taschen und sagte, dass Selbstmorde deprimierend sind. Sie griff zum Telefon und buchte einen Flug nach Haiti, "Ich muss mich ablenken - können."
Als sie am Flughafen angekommen war, war der Flug storniert. ′Er hat ihn stornieren lassen.′ "Ich will ein Ticket."
"Ich sagte, die Tickets sind ausverkauft."
"Falls das Flugzeug ausverkauft ist, aber nicht alle Plätze belegt sind, bitte ich Sie, mich mitfliegen zu lassen. Welche Fluglinie hat freie Plätze?"
"Keine", sagte eine Stimme hinter ihr, "Ich will nicht, dass du wegfliegst. Ich habe einen Menschen gedemütigt, er hat sich getötet, das ist kein angenehmes Gefühl. Ich will, dass du bei mir bleibst."
"Dann lasse mich fahren!"
Er sah sie an, grübelte, nickte, trat zum Schalter. K erhielt einen Flugschein.
"Rufst du mich an?" fragte er.
"Ich glaube, ich habe nichts bei dir vergessen."
Sie gab ihm zum Abschied einen flüchtigen Kuss.
Sie erreichte Haiti.

K hatte den Sessel so gestellt, dass sie das Meer sehen konnte. Musik drang zu ihr. Das Telefon klingelte, ein Anruf wurde durchgestellt, "Du hattest deinen Diamantring vergessen", sagte seine Stimme. "Du weißt, ich trage keinen Schmuck. Ich will keinen Neid", sie zögerte, sagte: "Ich komme in acht Tagen bei dir vorbei." Sie legte auf und den Hörer daneben.
Als sie in sein Haus trat, waren Rosenköpfe vor die Tür gestreut. "Tut sie ins Wasser", sagte K. Niemand antwortete. Sie schien mit ihm allein. Ein Tisch stand gedeckt. "Wer wird mit uns essen?" fragte sie.
"Ich habe drei Gedecke auftun lassen, um des Toten zu gedenken. Ich habe die anderen Techniker entlassen. Ich will niemanden mehr demütigen."
K dachte, dass sie die Demütigung beendet hätten, gegangen wären, wenn sie sein Geld nicht gebraucht hätten. "Hast du Ihnen eine Entschädigung gezahlt?"
"Ich werde es tun." Sein Fuß berührte ihr Bein.
"Wieviel hast du seiner Schwester gezahlt?"
"Er hat keine Schwester."
"Ich hatte ihn mit einer Frau gesehen."
"Wo?"
"Unterwegs."
"Er war ein Mann. Er hatte vermutlich eine Geliebte."
Er schob Leila einen Diamantring zu, sie schob ihn zurück.
"Warum bist du zurückgekommen?" fragte er.
"Ich weiß es nicht", sagte sie.
K schlief allein.

Leila ertrug ihn nicht. Sie ertrug den Duft nicht, der ihm umgab. Eine Mischung zwischen Schweiß und Parfüm. Er schlief in ihrer abgezogenen Bettwäsche. Einzelne Hautschuppen legten sich auf seine Haut. Auch ein einzelnes Haar.

Sie ging am Morgen zur Eisdiele und streunte durch die Stadt, in der Hoffnung, sich an den Weg erinnern zu können. Sie war trainiert, sich in jedem Straßenzug etwas Auffälliges zu merken, es in eine Geschichte einzubinden, "die man sich merken kann." ′Das Mädchen verließ die Eisdiele, sah einen Mann auf zwei Händen laufen′, an der zweiten Kreuzung blieb K stehen, "das Mädchen hatte Schmerzen im Bereich der Zahnbrücke, die Zahnbrücke ist rechts im Mund", K bog rechts ab, "das Mädchen sah einen dreibeinigen Hund mitleidig an", K lief drei Kreuzungen weiter... Sie fand das Haus, die Wohnung. Sie klingelte, es öffnete ein fremder Mann.
"Wohnen Sie hier?"
"Wer sonst?"
"Ich suche eine Frau."
"Ich wohne hier."
"Sie war hier."
"Sie hat die Wohnung verlassen."
K sagte, dass sie der Frau Geld schulde und sie finden muss. Der Mann führte sie zu einem Kleiderladen.

Als K den Laden betrat, verschwand eine Verkäuferin in einer Umkleidekabine.
"Wann kann ich Sie sprechen?" fragte K durch den Vorhang. Sie erhielt keine Antwort. "Ich glaube nicht, dass es Selbstmord war. Warum hat er gesagt, dass Sie seine Schwester sind?"
"Er hatte mich gefragt, ob er diese Affäre mit Ihnen haben darf. Wir wollten heiraten. Er wollte ein eigenes Geschäft. Er liebte Sie nicht."
"Er ist tot."
"Ja."
"Kann ich Ihnen helfen?"
"Nein."
"Können Sie mir helfen, seinen Tod aufzuklären?"
"Er hat sich ertränkt."
"Glauben Sie das?" Stille. "Sie werden mich finden, falls Sie mir etwas erzählen wollen." Leila nahm irgendein Kleid, bezahlte es und verließ den Laden.

Als K ins Haus des Industriellen zurückkam, lagen Scherben auf dem Fußboden, "Glaubst du, dass ich ein Mörder bin? Wieso isst du dann mit mir an einem Tisch?"
"Was ist los?" fragte K.
"Meinst du, ich habe genug Geld, um dir ein Filmstudio anbieten zu können Geld, und genug Geld, mir eine Auskunft zu kaufen. Du verbreitest Gerüchte, ich sei sein Mörder. Er sagte, er sollte mich in deinem Auftrag bestehlen. Er wollt mich nicht bestehlen. Ich bezahlte ihn für diese Auskunft nicht. Er fühlte sich unfähig und brachte sich um. Geht das in deinen Kopf? Warum willst du mich bestehlen, wenn du alles, was ich besitze, haben kannst?"
"Gib mir die Flugzeugunterlagen für die Modelle, die in Entwicklung sind."
"Wozu?"
"Ich hatte einen Traum."
"Was willst du mit Flugzeugmodellen?"
"Ich hatte einen Traum."
"Erfüllst du mir meinen Traum?"
"Ja."
"Das Leben ist kurz."
"Ja."
Er griff nach K, riß sie an sich und vergewaltigte sie auf dem Boden. K wehrte ihn ab, sie kämpfte so, dass Spuren an ihm und ihr sichtbar wurden. Als er erschöpft lag, drohte sie mit einer Anzeige. Der Industrielle sagte, dass ihr niemand glauben wird, dass er sie für den Sex nicht ausreichend bezahlt habe.
K sagte: "Das Filmmaterial wird es bezeugen."
"Es gibt kein Filmmaterial."
"Ich werde es vorlegen."
"Es wird das Haus nicht verlassen."
"Es hat das Haus bereits verlassen."
Er ohrfeigte sie. K sagte kühl: "Auch das. Soll das Filmmaterial einen Mord bezeugen?"

Als K mir die Papiere übergab, sagte sie: "Ich habe sie teuer bezahlt. Falls ich mich irgendwann von euch betrogen fühlen sollte, -" sie verließ den Raum. "Nimm es als Abenteuer", sagte ich. Manche Hausfrau verschlingt Groschenhefte, um sich Sexfantasien dieser Art hinzugeben. Sie sind teurer geworden.

Leila war fürsorglich und tolerant zu Männern, auf die ihr Körper reagierte, auch wenn sie dem Verlangen nicht nachgab.

Ich erhielt die Nachricht, er habe auf Leila reagiert. Es überraschte mich, ich hatte K nicht auf ihn angesetzt. Leila trug weite Röcke und Blusen, sie bevorzugte fließende Stoffe, sie bewegten sich, wenn sie sich bewegte. Vielleicht hatte ihn das Tier in ihr gereizt. Er war Jäger. Er würde K erschießen, falls sie Fehler machen würde. Er schien es zu genießen, dass er Leilas Körper zum Stöhnen, Qietzschen bringen konnte; ich hörte es an Ks Stimme, sah es an ihrem Blick, dass er ihren Körper zu beherrschen drohte. Das endete, als er ihr Fotos gezeigt hatte, in denen er tote Tiere im Arm hielt und in die Kamera lächelte.
"Hast du Angst vor mir?"
"Ja", sagte K, "Aber ich werde mich wehren."

Sie ließ sich launisch werden, es reizte ihn. Als er sie schlug, riss sie das Bein hoch, trat ihm ins Gesicht, er stürzte und musste mit einer Kopfverletzung ins Krankenhaus. Als sie ihn besuchte, sagte er, dass er sie heiraten will. K lachte. Aber sie hatte noch keine Informationen. Ich reagierte nervös, sie behauptete, dass er in keine Waffengeschäfte verwickelt sei.
"Hast du dich in ihn verliebt?"
"Ich war seit Wochen beständig bei ihm. Ich ziehe mich aus dem Fall zurück. Ich hinterlasse dir aber die Nachricht, dass vermutlich jemand in seinem Umfeld die Waffengeschäfte erledigt, er nicht."
"Er kriegt das Geld."
"Er wird sich vielleicht einmischen, wenn er es nicht mehr kriegt. Ihr könntet einen Hacker ansetzen, überweisungen abfangen. Ich will dann nicht in seiner Nähe sein."
"Es ist dein Job."
"Ich glaube, er liebt mich nicht mehr."
"Du lügst."
"Soll ich ihm Szenen machen? Die einzige Chance für euch ist, über mich an Informationen zu kommen, ist, dass ich abhaue, dass er mich vermisst und zurückholt."

K verließ ihn, um drei Tage später sein Auto zu rammen, "Entschuldigung", sagte sie, als sie ausgestiegen war. "Ich wollte dir noch einmal in die Augen gesehen haben." Sie beugte sich zu ihm, sah ihn an, stieg in ihr Auto und fuhr davon. Er trat aufs Gaspedal, fuhr hinterher. Ks Auto schleuderte. Als ihr Wagen zum Stehen kam, schlug sie mit der Nase aufs Lenkrad. Blut floss. Er zog die Pistole, um dem verletzten Tier den Gnadenschuss zu geben, "Arschloch!" sagte K, schlug ihm die Pistole aus der Hand. Er griff nach ihrem Handgelenk, riss sie in seine Arme und küsste sie. Sein Gesicht wurde blutverschmiert.

Ich seufzte erleichtert auf, als hätte ich in eine Filmszene gesehen. Ich engagierte einen Hacker. Überweisungen auf sein Konto wurden umgeleitet. Er reagierte tagelang nicht. Als er den Kontostand wahrnahm, unterstellte er keinem Komplizen, ihn betrogen zu haben, sondern erstattete bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt. Wir kamen nicht weiter.

K behauptete, das alle Räume seiner Villa videoüberwacht sind. Sie habe die Anlage gesehen, zornig reagiert, weil er Bettszenen mitgeschnitten habe. Es sei zum Handgemenge gekommen, sie habe am Boden gelegen, er habe sie ausgelacht. Sie habe die Villa verlassen, sie glaube aber, dass wir mit empfindsamen Sensoren die Daten seiner Aufnahmen abfangen könnten, falls er Besuch, der uns interessieren könnte, empfangen wird. Ich fühlte mich von ihr veralbert, "Forderst du eine Gehaltserhöhung?"
"Erinnerst du dich an die Schachspiele? Ich hatte dir gesagt, wenn mein Spiel verloren war, du hast mir nicht glauben wollen. Wir drehten das Brett um, ich hatte Recht. Er geht zur Jagd, er hat Jagdwaffen in Schränken mit Panzerglas. Mehr weiß ich nicht. Mehr weiß ich seit Wochen nicht über Waffengeschäfte. Ich kann ein paar Tage eine Beziehung managen, aber ich habe auch das Recht auf ein Privatleben."
"Du könntest ein paar Tage Urlaub nehmen, bis du ihn zufällig wieder triffst."
"Er würde annehmen, dass ich akzeptiere, beim Duschen und Scheißen gefilmt worden zu sein. Jemand, der öfters wegläuft und wiederkommt, könnte weggelaufen sein, wenn er ermordet wurde. Er hätte ein Alibi."
"Wir würden das Filmmaterial beschlagnahmen."
"Ich wäre tot."
"Du bist eine fähige Agentin."
"Wir waren in einer Bar. Er wollte gehen, ich nicht. Ich ging aufs Klo, als ich zurückkam, das Glas austrank, wurde mir kotzübel, ich musste mich von ihm nach Hause fahren lassen."
"Und?"
"Nichts und. Er hatte mir K.o.-Tropfen ins Getränk getan. Warum holt ihr euch nicht eine Durchsuchungserlaubnis -."
"Ich arbeite nicht für den Staatsanwalt."
"Wir können den Staatsanwalt für uns arbeiten lassen. Ich werde Anzeige erstatten."
"Weil er dich und sich filmte? Damit kommst du nicht durch."
"Waffengeschäfte."
"Ich habe nichts als die Anweisung, rauszukriegen, ob er ein Hintermann für Waffengeschäfte ist. Die Staatsanwaltschaft würde nur einen Panzerglasschrank mit Jagdwaffen finden. Das weißt du und das weiß ich."
"Die Staatsanwaltschaft könnte die ′kleinen Fische′ verhaften. Vielleicht macht es ihn nervös."
"Wir haben nichts gegen Waffengeschäfte; ′Man muss sich verteidigen können.′ Wir wollen nur mitreden - können."
"Ihr wollt ihn erpressen - können." K sah mich verächtlich an und verließ den Raum.

Ich hatte ein Verhältnis mit Leilas Mutter. Sie brauchte Hilfe. Meine Eltern hatten sich auf einem Schützenfest kennengelernt, festgestellt, dass ihre Wohnungen in angrenzenden Häusern nebeneinander lagen, die Großeltern waren gegen die Beziehung, weil die einen gegen Juden und die anderen gegen Christen waren, meine Eltern beschlossen einen Durchbruch. Sie heirateten, als meine Mutter schwanger geworden war, der Wanddurchbruch blieb. Wir lebten in einer Wohnung mit zwei Ausgängen. Als mein Vater gestorben war, mietete ich eine der Wohnungen an. Meine Gäste treten ins Nachbarhaus, verlassen es, als wären wir uns nie begegnet. Leilas Mutter besuchte für andere wahrnehmbar ihre ältere Freundin, d.h. meine Mutter, wenn sie zu mir kam.
Ich war für einige Stunden in der Woche Psychiater. Ich zog einen weißen Kittel an und saß hinter einem Schreibtisch. Leilas Mutter lag vor ihm auf einem schwarzen Lederbett. Sie fühlte sich behütet, entspannte sich. Sie war durch einen Autounfall in einem Alter Waise geworden, in dem sie noch Kind war, aber bereits Frau sein konnte. Sie verliebte sich in Leilas Vater, ließ sich von ihm schwängern, in der Hoffnung, in einer Familie zu sein. Sie hatte Selbständigkeit nicht gelernt. Wir hatten von ihr nichts zu befürchten.

Ich hatte ihr geraten, mir ihre Probleme anzuvertrauen, niemand anderem. "Die anderen benutzen Informationen, um mittels Klatsch Informationen zu erhalten." Ich war laut Zimmerausrüstung ein Arzt, der Schweigepflicht hatte. Ich galt als Privatarzt und brauchte keine Werbung, kein Schild an der Tür. Ich hatte ihr gesagt, dass ich ausreichend Patienten habe und keine neuen will. Sie bezahlte mich. Ich tauschte die Scheine, nahm einen weg und gab das restliche Geld ihrem Mann mit der Bemerkung, es sei für seine Frau. Es war seine Frau, die unbezahlt, die ungestörte Arbeit ihres Mannes ermöglichte. Wenn sie ihn bekochte, seine Wäsche wusch, half sie uns.

Sie informierte uns über Ks Vater. Ich konnte erfahren, wann er das Büro verlassen hatte, wann er nach Hause kam, sobald ich es wissen wollte. Er ging nicht zu Männern. Er ging ab und zu zu Frauen, er nahm sie von hinten. Es verhindere Schwangerschaften. Ks Mutter hatte ihn, während er den Samen aus sich stieß, ansehen wollen. Ich glaube, er hatte Angst vor Frauen. Er fürchtete, sie könnten ihn einsaugen und zum Embryo machen, das nicht weiß, was aus ihm wird. Seine Mutter war dominant gewesen.
"Ja", sagte sie und ging.

Ich sagte K, dass sie mit ihrem Vater reden dürfe. Sie sah mich entgeistert an. Ich fuhr mit ihr zu einem Hypnotiseur. Er fragte sie nach ihrem Vater. Sie erzählte nach kurzem Zögern bereitwillig, dass sie ihn gehasst habe.
"Das heißt: Sie haben sich nach seiner Liebe gesehnt?"
"Ja."
Der Mann nahm ihr die Zigarette aus der Hand, die sie sich mit der Bemerkung "Ich darf?" aus seiner Schachtel genommen hatte, er sah sie an, "Sehen Sie mich an!", er drückte mit seinem Blick ihren Blick zurück und ließ sie wegdämmern. Er ließ sie in Fantasien durch die Wohnung und das Arbeitszimmer ihres Vaters schweben. Die Räume waren menschenleer. Er ließ sie einen Schatten ohne Körper sehen. Der Schatten sprach mit hohl wirkender Stimme. Er sagte, dass er nicht ermordet wurde, sich nicht selbst töten wollte, er sagte, dass sein Tod ein Unfall war. Er habe sich zum Scherz die Pistole in den Mund gehalten, um sich mit dem Gedanken, dass er sich jederzeit töten könnte, zu ermutigen, eigenwillig zu leben. Er habe an sie gedacht und beschlossen, mit ihr zu reden. Er habe sie geliebt, die Träume hätten es ihm gesagt, aber er habe Angst vor Gefühlen gehabt, die verletzbar machen. Er habe auch ihre Mutter geliebt. Er sei eine Art Wolke geworden, die um K schweben werde, falls die Angst in ihr anwachse. Er sei ihr Vater. Sie könne jederzeit in die Luft zu ihm reden.

Ich machte eine Handbewegung, der Psychiater brach die Sitzung ab, holte K aus dem Traumstatus. Er hatte K ein Gerüst für Fantasien gegeben. Ich wich einem Hundehaufen aus und verknackste mir den Fuß. Ich humpelte in einen Laden, der ein Sofa zwischen Schallplatten zeigte. Ein Mann erzählte mir, dass er der legitime Nachfolger des Königs von Spanien sei. Er habe seine Mutter gefragt, "Ist mein Vater der König von Spanien?" Sie habe verschreckt reagiert. Plötzlich habe alles in seinem Leben einen Sinn gezeigt. Geheimdienste schikanierten ihn. Er habe als junger Mann eine junge Frau besucht, sie habe ihn weggeschickt, als ihr Psychiater zu Besuch gekommen sei. Zwei Stunden später habe er sie auf dem Fußboden, kriechend, getroffen. Sie habe gesagt, dass der Psychiater ihre Medikamente gegeben habe, ihr Zustand werde sich bessern. Sie habe ihm fünfzehn Tabletten gegeben und gesagt, dass er sie testen soll. Er habe zuerst vier, dann noch einmal vier genommen und sei auf zum Klo gekrochen. Er sei zusammengebrochen, seine Eltern hätten ihn gefunden, er sei im Krankenhaus aufgewacht. Er habe gesagt, dass es kein Selbstmordversuch, sondern ein Experiement gewesen sei, man habe ihm empfohlen, für ein paar Wochen zur Kontrolle in eine Klinik zu gehen, er habe neugierig zugestimmt und sei in einem Alptraum gefangen gewesen. Die Menschen um ihn wären mit starren Blicken und schlurfendem Schritt zwischen verschlossenen Türen auf und ab gegangen. Er habe Tabletten schlucken sollen und sich im Spiegel mit hängendem Unterkiefer und stierem Blick gesehen. Niemand habe mit ihm geredet. Er habe die Tabletten abgesetzt und sich besser gefühlt. Nach einem dreiviertel Jahr sei er entlassen worden. Der Arzt sagte: "Die Tabletten haben gewirkt." Als er die Klinik verließ, habe er den Mann im weißen Kittel gesehen, der seine Freundin besucht hatte. Kurz später habe er ein Fotos des Mannes in der Zeitung gesehen, er wurde angeklagt, Patientinnen sexuell missbraucht zu haben.
Ich fragte: "Warum erzählen Sie mir das?"
"Wenn ich getötet oder in den Selbstmord getrieben werde, ist meine Geschichte bekannt. Ein Polizist sagte, er habe versucht, zu recherchieren, wer ich bin, ihm sei gesagt worden, dass er das lassen soll. Meine Geschichte sei geheim."
"Warum engagieren Sie keinen Journalisten?"
"Sie haben mich zum psychisch labilen Menschen erklären lassen, ein Journalist darf über psychisch labile Menschen nicht schreiben. Aber ich wäre nicht psychisch labil, wenn ich in Ruhe leben könnte. Vielleicht bin ich schizophren, weil ich glaube, der Erstgeborene des spanischen Königs zu sein. Er war in London, als meine Mutter in London war. Ich sehe einem seiner Vorfahren ähnlich. Meine Mutter hat die Verantwortung, sie müsste mir nur sagen, wer mein Vater ist."
"Vielleicht weiß sie es nicht."
"Ihre Mutter war unehelich schwanger geworden, sie entband das Kind heimlich im Nachbarort. Es wuchs in einem Kloster auf. Das Mädchen hat das Kloster nach dreizehn Jahren das erste Mal verlassen. Als man ihr den Kopf schor, waren Narben zu sehen, als sei sie auf den Kopf geschlagen worden."

Ich beschloss, eine Blutprobe zu nehmen. "Wissen ist Macht." Ich bat einen Schläger, ihn zu provozieren. Er wohnte im Hinterzimmer. Er hatte Angst, um die Scheibe seiner Ladentür, weil er die Versicherungsprämie nicht hatte bezahlen können, er kam raus und griff an. Der Schläger richtete sich auf und schlug zu, Blut quoll aus der Nase, ich ging vorbei und reichte ihm Zellstoff, ein zweites Tuch. Ich brauchte keine Angst vor der Polizei haben. Sie war laut Leilas Erzählungen im Streik.
Das Jochbein sei gebrochen. Ich fragte, ob er krankenversichert ist. Er sei zu müde, sich operieren zu lassen. Er aß Gummibärchen und Joghurt, weil ein Kunde gesagt habe, dass es das Knochenwachstum unterstütze. Seine Augenhöhle wirkte verkleinert. Er versprach mir, zum Arzt zu gehen. Er sagte, er liege nachts wach. Ich hörte, er verschlief Arzttermine.

Er sagte, ihn habe das Leben, in ein Milieu gezwungen, das er nicht ertragen wolle. In ihm würden Frauen von Missbrauch in Kinderheimen erzählen, die kurz später verbrennen. Die eine habe ihre Tür angeblich nicht mehr aufbrechen können, obwohl sie allein zwei Männer zusammengeschlagen habe. Eine andere Frau habe im Krankenhaus noch einmal zu brennen begonnen und beteuert, dass sie sich nicht selbst angezündet habe, bevor sie an den Verletzungen starb. "Eine Freundlin ist auch aus einem Haus ausgezogen. Es ist Kinderprositutution drin und alle haben Angst. Man sieht das ein Polizist Kunde ist und zieht weg." Eine Frau habe behauptet, dass ihr Kind seine Tochter ist; er sei zu ihr gezogen. Sie habe das Kind demonstrativ vor ihm ausgezogen. Als er protestiert habe, habe sie behauptet, dass es nicht sein Kind sei. Er habe sie noch zweimal besucht. Es seien ältere Männer da gewesen, das Kleidung des Kindes sei verrutscht gewesen. Er habe Anzeige erstattet, die Polizei habe das nicht interessiert. Er hasse die Polizei, die die Verbrechen an Kindern decke. Er habe einen Richter "Arschloch" genannt, er sollte Weihnachten in den Knast, weil er die Ordnungsstrafe nicht hätte zahlen können. Er habe vergebens auf den Strafbefehl gewartet, "Das ist Strafe genug, zu warten, dass man in den Knast muß." Kurz später sei seine Freundin unter den Druck einen Drogendealers gekommen. Sie habe ihm in zwischen die Beine geschlagen, er habe ihr aus Reflex eine Ohrfeige gegeben, sie habe die Polizei gerufen, er sei verurteilt wurden. Er könne die Strafe nicht zahlen. Er sagte, dass er überlege, nach Afrika zu gehen und aus Solidarität mit den Menschen zu verhungern. Ich sagte, dass er auf mein Land gehen könne, niemand werde ihn dort vertreiben und drückte ihm eine Landkarte in die Hand, die einen Zipfel von Mexiko zeigte, "Aber deine Geschichte wird dich überall hin verfolgen."
"Ich brauche die Musik", sagte er und sah auf die tausenden Schallplatten, die ihn umgaben, "Ich wurde bei der Gema denunziert. "

Ich hatte Leila nicht glauben wollen, als sie behauptet hatte, die Polizei sei in einer Art Streik. Aber er hatte Anzeige gegen den Schläger erstattet. Die Polizei hatte ihm ein Schreiben zugeschickt, dass er schriftlich oder mündlich eine Aussage machen könne. Er habe angerufen, nach einem Temin gefragt, die Polizeiangestellte habe gesagt, dass sie keine Zeit für ihn habe. "Im Schreiben steht, dass ich eine Aussage machen kann. Wozu haben Sie mir das Schreiben zugeschickt?"
"Weil ich es Ihnen zuschicken muß." Die fremde Frau habe den Hörer aufgelegt.

Ich kaufte eins der Bilder, die an der Wand seines Ladens hingen. Falls ich erfahren würde, dass er der Erstgeborene des spanischen Königs ist, Geld mit der Informationen verdienen könnte, würde ich ihm eine Rente zahlen, die ihm ermöglicht, zu bestimmen, ob er in dem Milieu leben will, "Aber das Milieu bleibt da. Ob er drin ist oder nicht." Ich fühlte Mitleid mit den Frauen von denen er erzählt hatte. Er hatte gesagt, dass man ihnen innerhalb des Justizsystems nicht helfen kann.

K sah Koordinaten auf dem Display ihres Telefons, schaltete den Computer ein, gab die Daten ein, sie zeigten in die Wüste Lybiens. "Was soll ich im Sand?" dachte Leila. K fragte: "Wie kann ich dorthin kommen?" Sie schickte ihren Pass zu einer Agentur und erhielt ihn ohne Visastempel zurück, sie dürfe als Frau nicht allein in Lybien einreisen, "Ich habe nicht die Absicht, Männer zu verführen." K beschloss, als Mann zu reisen. Sie ließ sich die Haare kurz scheren. Sie ließ sich eine schwere Glasbrille fertigen. Sie fotografierte sich in einer Fotobox, schickte die Fotos ein, hinterlegte in einem Briefkasten Geld und erhielt einen Pass, Name: Peter Krieg.

Ihre Hände waren zart, sie wühlte im Sand, Kies, sie ging ins Fitnessstudio, "Ich habe nicht viel Zeit." Sie zog einen Keflarschlauch mit Titanfolie über den Oberkörper, strich die Brüste platt. Sie tranierte ihre Stimme, sie klang schwul.

K hätte in Lybien einen geländetauglichen Jeap nur mit enem Fahrer mieten können, sie fuhr mit eigenem Auto. Sie übernachtete in Genua auf einem Berg, sah über Hügel auf die See.

Der Hafen war überfüllt. Einige Autos schienen unter dem Gewicht von Teppichen und Kühlschränken zusammenzubrechen. Die Passagiere mußten stundenlang anstehen, auf einen italienischen Paßstempel warten. Als der Beamte kam, stempelte er, ohne einen Blick in die Ausweise zu werfen. Das Schiff fuhr verspätet ab, setzte zurück. Ein Auto mit Polizeieskorde hatte einen schwarzgekleideten Mann mit Aktentasche in den Hafen gebracht. K grübelte kurz, ob er ein Gegenspieler sein könnte. Sie wollte in keine Männerkabine, sie schlief auf Deck.

Der Zoll ließ sie das Auto öffnen. Er winkte sie weiter. K atmete auf und kam in die nächste Kontrollle. Noch eine Kontrolle. Noch eine. Ende.Sie wolle keine Kinder, aber sie könne keinen Mann in sich dringen lassen, wenn die Vorstellung ekelerregend sei, Kinder mit ihm zu haben. Es war nicht möglich vorauszusagen, zu wem sie sich hingezogen fühlen würde.Sie deponierte ihren persönlichen Paß in einem Loch eines alten Olivenbaumes, tippte die Koordinaten in das Satellitenortungssystem ein, die bis zu zweihundert Meter Fehlanzeige liefern konnten, markierte den Platz. An der Grenze zu Lybien erneut Mehrfachkontrollen. Einer der Kontrolleure fragte nach Scholokade. K entschuldigte ihn, "Vielleicht hat er Kinder." Sie erreichte den Lybischen Posten, als es bereits dunkel war. Sie erhielt Zettel, sie waren arabisch beschriftet. Sie wußte, dass ein Tourist nicht weiß, was auf den Papieren steht und bat um Hilfe. Der Grenzbeamte fragte: "One?"Sie wolle keine Kinder, aber sie könne keinen Mann in sich dringen lassen, wenn die Vorstellung ekelerregend sei, Kinder mit ihm zu haben. Es war nicht möglich vorauszusagen, zu wem sie sich hingezogen fühlen würde. "Yes."
Er sah K fragend an. Sie sah aus wie ein Mann, aber sie war allein, "Das scheint nicht üblich." "Motorbikes", sagte sie, machte ein Brummgeräusch und Handbewegungen wie ein Motorradfahrer, der Gas gibt. Motorradfahrer waren vor ihr zur Grenze gefahren, sie erklärte sich zum Nachzügler einer Gruppe, besorgt, sie könnten gegenüber den Beamten unflätig geworden sein. Der Grenzbeamte nickte und übersetzte das Formular Wort für Wort ins Englische, sie schrieb einen Männernamen, ihr Geburtsdatum. Beruf - sie zögerte - Künstler.

Sie mußte Versicherungen bezahlen, lybische Nummernschilder, die für Ausländer rot gedruckt waren, mieten. Ein Beamter wies sie zu einer Baracke, in der die Daten ihres Autos handschriftlich in ein großes Buch eingetragen wurden. Der Beamte freute sich, dass sie einen "Folks"wagen fuhr. K tauschte Geld in einer Baracke, die zwei Tische hatte, eine war in der Nähe der Tür, der andere an der Rückwand. Der Kurs war nicht schlechter als der Schwarzmarktkurs in Tunesien; Straßenhändler hatten mit Stapeln Scheinen gewunken. Sie erhielt keine Quittung. ′Vielleicht war es ein Schwarzmarktkurs.′

Straßenkontrolle. "To where?"
"Sahara." K fingerte nach der Karte und zeigte auf einen Ort. Der Beamte lächelte, sie hatte den lybischen statt tunesischen Sender im Radio eingestellt, ohne darauf geachtet zu haben. Ihr arabischer Wortschatz war begrenzt. Er grüßte mit Handschlag und winkte sie durch.

K hielt sich von allem fern, das eine Fabrik oder ein Militärcamp sein könnte. Sie war ärgerlich über sich, dass sie nicht irgendeinen Mann mitgenommen hatte, und als Frau gereist war. "Was hätte ich ihm sagen sollen? Ich weiß nicht, was geschehen wird. Hätte ich ihn als Zeugen töten können? Ich hatte keine Wahl."
Sie hatte Urlaub genommen, mich über ihre Reisepläne nicht informiert. Sie folgte einer Spur in die Kieswüste, bis die Sonne versunken war. Sie bremste trotz Mondlicht. Angst vor Schlaglöchern. Nachts war es kalt. Das Kondenswasser an den Scheiben fror. Sie hätte ein Bier oder einen Whisky getrunken, sie hatte keinen Alkohol im Gepäck. Ihr Herz klopfte. Sie schluckte eine Schlaftablette. Als sie am Morgen erwachte, verstand sie, dass die Erde eine Scheibe war, sie sah rundum bis zum Horizont Ebene, an dem Wasser zu wabern schien.
Sie hätte die Stille genießen können, sie war nervös.
Die Sonne stieg. Das Korsett nervte, sie öffnete den Verschluss;.

Sie sah nach dreihundertachtzig Kilometern einen Brunnen. Sie griff nach einem Seil, ließ einen Pullover nach unten, Wasser aufzusaugen, er blieb trocken. Nach vierhundert Kilometern sah sie in der Ferne den ersten Menschen, er trieb Kamele, sie rastete zwanzig Kilometer weiter in einem Palmenhain. Sie hörte ein Auto, ärgerte sich, eine Oase aufgesucht zu haben. Sie zog den Reißverschluß zu. Ein Mann stieg aus, sagte Englisch, dass sie keine Angst zu haben brauche, er sei Polizist. Er habe elf Kinder, er kochte für sich, K und zwei Kameltreiber Reis mit versehntem Hammelfleisch. Sie aßen aus einem Topf. K hatte sich nicht gegen Gelbsucht impfen lassen, sie hätte lieber eine Büchse Truthahnfleisch mit Brot gegessen.

Die Männer banden den Kamelen ein Bein hoch, damit sie nicht weglaufen konnten, die Tiere schrien. Der Polizist stellte K Fragen im Ton einer Privatperson. Er bot Zigaretten an, K nahm sie an, erleichtert, dass sie nicht husten mußte; die Kameltreiber mischten schwarze Krümel in den Tabak, den sie in Pfeifen stopften. K zeigte dem Polizisten eine Sammlung von Landschaftsfotos, sagte, dass sie Fotos von Sanddünen machen wolle. Der Polizist sah ihr Auto kopfschüttelnd an.

Sie fuhr am Morgen weiter und gelangte in einen Kessel. Sie jagte das Auto die Sanddüne, die den Weg versperrte, nach oben und bremste scharf ab, sie sah senkrecht in eine Tiefe, ließ sich zurückrollen. Sie suchte nach einem Seitenaufstieg. Seitwärts war Fels. Sie gab Gas, fuhr steil auf, mußte an einem Felsvorsprung abbremsen, zurücksetzen, der Blick in den Rückspiegel ließ sie schaudern, sie lenkte seitwärts, drückte das Gaspedal durch und schaffte es aufs Plateau. Es war heiß. Sie legte den Sicherheitsgurt ab. Sie fuhr über Kies, in zwei Bodenwellen schaukelte sich das Auto auf, ihr Kopf stieß an die Decke, die Thermoskanne flog auf ihren Fuß, Kopf und Nacken schmerzten, die Zehe schwoll.

K war erleichtert, als sie eine Straße erreichte. Sie hatte aus den Reservekanistern nachgetankt, die Tankstelle am Straßenrand war ohne Diesel, Autos standen in einer Schlange. K wollte die nächste Tankstelle benutzen. Links und rechts der Straße lagen nichts als Kamelkadaver, zerfetzte Autoreifen, Autoruinen. K sah auf der Fahrbahn Autos ohne Blinklichter, mit wackelnden Reifen.
Es herrschte Ramadan, sie hielt Abstand, die Menschen hatten nichts gegessen, getrunken. Kein Haus, keine Tankstelle. K dachte, dass sie einen Lastwagen anhalten müsste, nach Treibstoff fragen. Sie war erleichtert, als sie eine Kontrollstation erreichte. Die Soldaten züchteten neben der Wachhütte Pflanzen. Die Männer schienen unbewaffnet. Sie fragte nach Wasser und Diesel, sie zeigten auf einen Wasserhahn, füllten Diesel in ihren Tank. Sie wollten kein Geld.

K sah auf die Karte und bog rechts ab. Die Karte zeigte eine Piste, das Spurenbündel vor ihr aber zerfaserte, endete. K aktivierte die Daten im GPS-Gerät und fuhr querfeldein über eine Kiesebene. Sie begegnete einem Auto, auf dessen Ladefläche Kamele saßen, als Tourist hätte sie das fotografiert.
Sie fuhr auf einem Hochplateau, erreichte eine Abbruchkante, folgte Spuren ins Tal. Sie endeten in einer Wendeschleife, "Als hätten sie Tiere aus dem Tal geholt." Sie fuhr entlang der Kante nach Osten, mußte Buchten umfahren, nach hundertzwanzig Kilometern resignierte sie, setzte zurück und fand nach hundertfünzig Kilometern einen Abstieg, der durchs Tal zu führen schien. Autospuren endeten an Treibsanddünen. Sie stieg aus und sah Sand am Boden kriechen. Sie überstieg die Düne und sah Autospuren weiterziehn; sie endeten an einer Düne. K ließ Luft aus den Rädern, fuhr am Dünenrand in Richtung einer Straße.

Treibsandpassagen. K saß angespannt, das Gaspedal durchgedrückt. Angst einzusinken, sich wegen einem Sandloch zu überschlagen. Sie erreichte die Straße, bog ein, der Weg wurde Wellblech. Hunderte Kilometer Wellblechpiste. Sie versuchte parallel zu fahren, die Dellen waren im Gelände seltener, aber tiefer, es lag Geröll. Nach cirka eintausendneunhundertachtzig Kilometern sah K Touristen; Männer hatten ihre Frauen zu Hause gelassen. K fragte, ob sie andere Menschen gesehen hätten. Ein Auto sei an ihnen vorbei Richtung Nordosten gefahren.

K litt an Bauchmuskelkater; sie hatte beim Überfahren der Weichsandfeler verkrampft gesessen. Sie stand auf schwarzem Sand, sie hatte einen Krater erreicht. In der Tiefe standen vereinzelt Palmen, K stieg ab. Das Wasser der Seen war grüngelb, ein Wasserloch schimmerte rot. K badete nicht. Fünf Tropfen Wasser fielen vom Himmel, "Oder Insektenpisse." K stieg zum inneren Vulkankegel auf. Auf dem Gipfel stürmte der Wind so böig, dass er sie wegzureißen drohte. K kauerte sich hin und wartete. Niemand kam. Sie setzte sich, legte sich, rollte sich ein.
"Ich hörte, Sie haben Interesse an Ihrem Vater."
"Er ist tot."
"Er hatte nachgerechnet. Die Türme in New York stürzten am elften neunten Zweitausendundeins ein. Die Summe der Ziffern ist Dreiundzwanzig. Die Quersumme von Dreiundzwanzig ist Fünf. Die Bomben in Horoshima fielen am sechsten und neunten Achten, Summe Dreiundzwanzig, Quersumme Fünf." Sie schreckte auf. Es war niemand zu sehen. Sie hörte nichts. "Ist da wer?" Nur Wind. "Are there somebody? Poschalsta atwetajete!" Wind. Sie war durchkühlt. Die Sonne sank. Sie fühlte plötzlich Angst in sich aufsteigen, jemand könnte ihr Auto gestohlen haben.

Der Abstieg gegenüber dem Auto war steil. Angst, abzurutschen, sich zu überschlagen. Sie stieg in einem Bachbett ab. Es lag rückwärts. Es dämmerte, Mücken stachen. K bückte sich und schleppte einen der Vulkansteine mit, die an Kanonenkugeln erinnern, "Für das Gärtchen der Mutter." Sie grinste oder lächelte. Sie hatte die Lampe im Auto angeschaltet gelassen. Es leuchtete Gelb im Schwarz.

K taten die Füße weh, sie sank müde in den Autosessel. Sie schloss die Augen, atmete mehrmals tief durch, erhob sich, klappte die Seitentür des Busses auf und begann zu kochen. Sie sah zwei Mäuse einander verjagen. "Ihr seid doch nur zwei, warum vertragt ihr euch nicht?" fragte sie leise, "Ich habe genug Müll für euch."

Sie blieb den nächsten Tag am Auto. Niemand kam. Sie fuhr im Morgengrauen des übernächsten Tages, der Sand war am Morgen feucht, fest. Als sie gegen Mittag rastete, raste ein Jeap auf sie zu. Auf seiner Ladefläche Soldaten, Maschinenpistolen. K sagte, dass sie ihren Müll mitnehmen wird. Der Offizier fragte nach Bira. Sie verstand ihn nicht. Er wurde ärgerlich. K fragte, ob er Alkohol meine. "Yes." Sie wußte nicht, ob er welchen geschenkt bekommen oder beschlagnahmen wollte. Sie hatte keinen. Der Soldat sagte: "Whisky", kreiste die Hand vor dem Kopf, als mache Alkohol schwachsinnig, stieg ins Auto, die Soldaten folgten, das Auto wendete, raste davon. K hatte keinen Betrunkenen gesehen, aber in einer Hütte hunderte leere Bierbüchsen, "Vermutlich von Deutschen."

K sah keine Frauen. Männer lungerten um Verkaufstände. Sie kaufte Tomaten und Brot. Das Brot war so billig, dass sie für den kleinsten Geldschein fünf erhielt. Sie konnte nicht fünf Brote essen. Sie wollte keine altbackenen essen, wenn sie frische essen konnte, kein Brot wegwerfen. Sie zerriß es in Stücke, bevor es aushärtete, "Für Suppen." K hörte einen leisen, kurzen Klingelton, bremste am Wegrand und sah entsetzt im Display des Satellitentelefons GPS-Daten. Sie legte die Karten aus, die Daten verwiesen auf ein Gebiet im Tschad.

K hätte sich innerhalb der ersten sieben Tage einen Stempel auf einer der Immigrationsbehörde holen müssen. Sie war am ersten Abend an einem Ort vorbeigefahren, hatte danach keinen berührt, der über eine Beamtenstube verfügte. Sie fuhr Umwege, um sich einen Stempel zu holen. Die Amtsstube war am Nachmittag zu.
Gegen zehn Uhr morgens war noch kein Beamter da. Der Beamte kam gegen zwölf. Er zählte K mit den Fingern mehrmals vor, dass sie neun Tage unterwegs gewesen war. Er wollte ihr keinen Stempel geben. K sagte, dass der Grenzbeamte nichts von einem Stempel gesagt habe, Reisende hätten es ihr gesagt, der Grenzbeamte hätte nur gesagt: "Welcome in Lybien." Der Beamte lächelte, verkaufte ihr eine Marke, klebte sie in ihren Pass, stempelte sie ab. K dankte.

K durfte mit dem Visa nur einmal nach Lybien ein- und ausreisen. Sie verspürte keine Lust, in den Tschad zu fahren, sich seitwärts bis zur Küste durchschlagen zu müssen, um über Marokko Spanien erreichen zu können. Sie war bereit, an der Grenze zum Tschad umzukehren, wenn man ihr kein Einlegeblatt aushändigen würde.
Sie lauschte dem fremdartigen Gesang, der in Nähe von Ortschaften aus ihrem Radio drang. Außerhalb von Ortschaften sagte es keinen Ton. K hatte sich Ortsnamen eingeprägt, in dem sie das Geschriebene, sich als Bilderschrift übersetzte. Die Ortsnamen erzählten von Hunden, Kamälen, Badewannen. Sie fuhr in die Gegend, in der sich Lastwagen versammelten, um im Konvoi nach Süden zu fahren. Im Vorort von Sabha stauten sich Flüchtlinge aus dem Süden Afrikas. Den Flüchtlingen fehle es an Brot. K bewegte sich scheinbar selbstsicher. Sie hatte nicht ausreichend Dollars bei sich, sie bot den Konvoiführern einen Goldring. Er wurde geprüft, verächtlich angesehn, akzeptiert.

K fuhr eingekeilt zwischen schweren Transportern in der Spur. Das Autor vor ihr scherte aus, der Fahrer war möglicherweise eingeschlafen. Das Auto explodierte nicht, aber ein Fahrmanöver könnte es auf eine Mine setzen. K entschied, weiterzufahren. Die Autos hinter ihr taten das auch. Als sie pinkeln mußte, pinkelte sie in Büchsen. Sie wollte nicht aus der Spur. Der Ausreisestempel wurde auf ein Einlegeblatt gedrückt, sie bezahlte es. Das Blatt ermöglichte die Rückreise über Lybien, aber das Visa für Lybien galt nur vier Wochen.

An der Grenze bot sich ein Mann als Führer an. K war die Vorstellung, mit ihm zu reisen, unangenehm. Er könnte andere Einheimische fernhalten. Er wollte Dollars, sie bot eine goldene Kette, er akzeptierte. Sie deutete an, dass sie die Kette zerreißen müßte, sagte, dass er die Kette erhalten würde, sobald er sie zur Grenze zurück gebracht hat, er nickte.

K blieb nervös, sie hatte ihm eine Stelle auf der Landkarte gezeigt, sie wußte nicht, welche Wege hinführen. Die Wege wurden eng, Dornen ließen den Autolack kreischen. Der Mann hielt an einem Ort aus Palmhütten, winkte K zum Essen, er schlief in einer der Hütten, sie im Auto.

Am Morgen zeigte er auf einen Mann und erklärte in Zeichensprache, dass ein Fremde sie weiter begleiten wird. Er zeigte auf der Karte auf den Ort, zum dem sie wollte, führte den Finger zurück und sagte damit, dass er hier auf sie warten wolle. Wenn sie ihn richtig verstand, lag abwärts ein anderes Stammesgebiet.

Sie erreichte den Zielpunkt zwei Tage vor dem angegebenen Termin. Der Fremde wurde nervös, als sie auf die Sonne zeigte, Schlafen andeutete, sagte, dass sie zwei Tage warten müsse, bis die Sonne dreimal untergegangen sei. Er zeigte auf ihre Armbanduhr und sich. K schüttelte den Kopf. Er zog sich ins Gebüsch zurück, verschwand.

K wendete das Auto, sie hatte den Weg, den sie gefahren waren, im GPS-System notiert. Sie hoffte, dass die amerikanische Armee keine Kriege führt, Daten nicht verstellt. Sie schreckte nachts auf, glaubte ein Rascheln von Füßen gehört zu haben. Die Reifen waren gekammert. Die Scheiben waren aus Sicherheitsglas, es würde reißen, nicht splittern. Sie kletterte nach vorn, setzte sich auf den Fahrersitz und schlief erneut ein. Affen liefen im Morgengrauen vorrüber. Sie hörte einen Löwen brüllen, pinkelte nahe an der Autotür mit einer Hand am Lenkrad, um sich ins Auto reißen zu können, sobald ein Tier springen würde. Nach der dritten Nacht war nichts geschehen. Kein Signal. Keine Nachricht. K fühlte sich veralbert und fuhr zurück.

Sie bremste ab: der Stock neben ihr war eine Schlange, sie glitt unters Auto, K beugte sich zum Fenster der Gegenseite, sah nichts, "Sie könnte ins Autogestänge gekrochen sein." K hatte kein Gegengift im Gepäck und traute sich nicht aus dem Auto. Am Wegrand tauchte ein Mann auf. K gab Gas, aber er war der Mann, der sie begleitet hatte, sie setzte das Auto zurück. Er reichte ihr ein Bündel Datteln, drehte sich um und ging. Sie war unsicher, ob sie vergiftet sind, "Aber wozu?" Sie aß, ihr wurde übel, "Vermutlich wegen der Hitze."

K musste die Klimaanlage abstellen, heizen, um die Motortemperatur aus dem roten Bereich holen zu können, das Kühlsystem reichte nicht aus. "Das ist Wahnsinn", murmelte sie, ihr Herz drückte, sie tat Aspirin ins Wasser, um das Blut dünnflüssiger zu machen. Sie legte sich hin und wartete auf den Abend. Der Abend blieb heiß. Sie schluckte eine Schlaftablette, obwohl sie wehrlos machte. Sie hatte nur noch Angst vor einem Herzversagen.

Im Morgengrauen wurde es kühler. Sie erreichte den Ort, an dem der Führer hatte warten wollen. Sie war unsicher, ob sie ihn brauchte. Er könnte sich betrogen fühlen, ′Er könnte Nachrichten mit Buschtrommeln verbreiten.′ Sie bremste ab, Männer umringten sie, sie sollte warten. Sie wollte nicht warten. Als sie losfuhr, kam er aus einer der Hütten.

K hielt beide Hände am Lenkrad. Er griff nach ihrem Fotoapparat, öffnete ihn und zog den Film raus. K verstand nicht, was das bedeutete. Sie bremste, bedeutete ihm, dass er fahren solle. Er zögerte, tauschte mit ihr den Platz. K fingerte im Waschzeug nach Tablettenkapseln, sie schloss die Fenster. Sie war bereit, eine Kapsel zu zerbrechen, Atemgift, dass sich in wenigen Sekunden neutralisieren würde, auszustoßen. Sie würde die Luft anhalten müssen. Aber es geschah nichts, was sie aggressiv stimmen musste.

K hatte wenig getrunken, sie hatte Sorge, neben dem fremden Mann pinkeln zu müssen. Angst, dass ein Unfall oder Schlagloch einen Blasenriss verursachen könnte. Sie hockte sich hinter einen vertrockneten Busch, der Mann kam näher. K unterbrach, stand auf. Der Fremde bückte sich, schlug seinen Kittel nach oben. K bückte sich und zog aus dem Stiefelschaft eine spitze Kunststoffnadel und ließ sie in den Ärmel gleiten. Er ging nur pinkeln. Er schien zu glauben, dass sich der weiße Mann wegen seinem kleinen Schwanz genieren musste und zeigte ungeniert seinen, der lang und dick war. K erschrak, dass es sie berührte. Sie hielt ihm, als sie während der Fahrt einnickte, im Traum den Hintern hin, sie war erleichtert, dass sie, als sie aufschreckte, angekleidet saß.

Sie fand es absurd, dass sie sich in der Hoffnung auf Informationen über den Tod ihres Vaters in Lebensgefahr begeben hatte. Die Kackhaufen zeigten Blut. Oberflächlich. ′Ich muss mehr trinken′, sagte sie. Kein Durstgefühl. Sie zwang sich, jede Stunde eine Tasse Wasser zu trinken. Vulkanschlacke lag bis zum Horizont schwarz im gelben Sand.

Da und dort lagen leere Gefäße. ′Wo Esswaren sind, sind Mäuse, Schlangen.′ Sie sah überall Spuren von Schlangen. Sie sah sich um, griff nach einem Ziegenhorn, nahm es mit.

Als sie am Morgen aufwachte, lag die Wüste im Nebel. "Wegen dem Ziegenhorn", sagte sie leise. Sie brachte es nicht zur Opferstätte zurück. Sie fuhr nach Kompass. Die Bewölkung hing wie eine Nacht über dem Tag. Sie dachte, dass mehr Menschen in der Wüste ertrunken als verdurstet waren. Die Ebene schien weit und ungefährlich.

Berge spiegelten sich am Horizont in Wasserflächen, die es nicht gab. Sie sah Strommasten einer Stadt am Horizont. Achtzehn Kilometer entfernt. Sie dachte, dass der Weg im Sand einem Weg von vierzig Kilometern auf festem Boden entsprechen würde. K hatte an der Spur im Sand gesehen, dass sie auf kleinem Fuß lebte. Der Sand war am Morgen eiskalt, gegen Mittag heiß. K schippte, setzte Sandbleche unter, schob das Auto eine Länge voran. Sie zwang sich, geduldig zu sein. Sie wickete sich aus einem langen Seidenschal einen Turban, arbeitete wie eine Maschine. Sie erschrak, als sie, nachdem sie das Auto versetzt hatte, zwei Tropfen im Sand sah. Sie kroch unters Auto, es schien trocken.

Als sie am Abend in der Tür saß, sah sie eine Maus an der Mülltüte, ′Sie reist mit und hat gepinkelt.′ K entdeckte, dass die "Spuren von Schlangen", Spuren von Mäuseschwänzen gewesen waren.

Sie wechselte am Morgen den Luftfilter. Als sie losfuhr, nicht wegsank, trat sie aufs Gaspedal, um auf festen Grund kommen zu können. Sie musste die Sandbleche einholen, durch die Gluthitze schleifen. Die Kanten der Löcher, in die sie griff, schnitten ins Fleisch. Sie legte aus Seilen Schlingen, legte sie über die Schultern und zog. Die Seile drückten ins Fleisch. Sie hatte für zwei Kilometer achtundzwanzig Stunden gebraucht.
Sie sah Schilf, einen See, badete, das Wasser war salzig, es trieb ihre Beine nach oben. Eine Salzschicht blieb auf der Haut, saugte Wasser an. Neben dem Weg standen schlanke Tierchen auf ihren Hinterbeinen, die Vorderpfoten lagen auf ihrem Bauch. Ihre Augen waren groß und dunkel. Sie sahen zu K hin und wisperten einander in die Ohren. K lauschte, sie war unsicher, ob das Außerirdische sind, ′falls es Außerirdische gibt.′ Sie stieg aus, kauerte sich hin, hielt ihre Hände geöffnet. Die Tierchen stoben davon. Sie wartete vor dem Loch, in dem sie verschwunden waren, lauschte den Stimmen, die verstummten, sobald sie sich ins Gespräch einmischte. ′Ich kriege einen Sonnenstich,′ dachte K, zog sich ins Auto zurück, notierte die GPS-Daten, fuhr los.

K sah Tiere, es waren braune Mülltüten im Wind. Sie reagierte erleichtert, wenn sie Müll sah. Er zeigte, dass sie sich zivilisierten Gegenden näherte. "Müll als Stadttore." Sie fotografierte es nicht. Sie fotografierte Sonnenuntergänge und Sand. K sagte zu einem Mann, der ihr Tomaten verkaufte, dass das Land schön sei; er sah sie skeptisch an. Sie fragte nichts. Die verputzten Häuser waren Moscheen. Um Villenhäuser standen hohe Mauern. Da und dort hingen Plakate des Staatsführers, er trug eine Brille mit blauen Gläsern, "Sie färbt gelben Sand grün." In die Sandwüste waren Löcher geschoben, in ihnen hatten sich flachwachsende Pflanzen angesiedelt. Ku fuhr durch einen Grün- und Müllgürtel zur Küste. Sie hatte geglaubt, dass der rumliegende Müll von den Sonnenstrahlen ausgetrocknet, desinfiziert ist. Er stank. ′Wenn ich reich werde, schenke ich dem Land Müllverbrennungsanlagen.′

Sie durchstreifte eine Ruinenstadt. Sie sollte aufgebaut werden, sie hätte sie so gelassen. Die Räume von herrschaftlichen Häusern waren eine Parklandschaft geworden. Sie musste Parkgebühren zahlen, sie erhielt keine Quittung. Hinter dem Müll lag das Meer. Es verband Erdteile. Der Strand war weiß von aufgeriebenem Muschelkalk. Sie sagte sich, dass das unwahrscheinlich ist, dass jemand, der nachts an einem menschenleeren Strand spazieren geht, zum Räuber wird, ohne zu wissen, dass sich der Raub lohnen könnte.
Ein Auto blieb stecken. Sie wollte helfen, aber als sie unter das Auto sah, hatte sie Angst an ihm zu ziehen. Es könnte zerreißen. Sie griff zur Schippe, legte Sandbleche unter. Der Junge half, die Mädchen kicherten. Sie bot ihnen Kekse an. Es war Ramadan, die Mädchen durften essen. Sie hätte sich gefreut, wenn sie zum Dank zum Essen eingeladen worden wäre. Sie verließ das Land, ohne in einen Haushalt gesehen zu haben. Nachts hatten Glühbirnen gezeigt, dass die Räume der Wohnhäuser weitgehend leer waren.

Grenze. Sie tankte. Ein Mann fragte nach einem Kugelschreiber, öffnete die Autotür und suchte in ihrem Handschuhfach. K war überzeugt, dass er kein Lybier war. Passkontrolle. Sie fuhr zum Zoll, parkte in einer Halle, sah, dass Bündel an Schuhen, Tomaten beschlagnahmt wurden. Die Tomaten wanderten in einen Topf, der über einem offenen Feuer hing. Es dauerte eine Stunde, bis ein Mann am Schalter erschien, das Nummernschild entgegennahm. Er wollte zwei, sie hatte nur eins erhalten. Sie fragte nach dem Pfandgeld, der Beamte schien sie nicht zu verstehen.

Als sie die Grenzlinie überquert hatte, erneut Mehrfachkontrollen, " Schutz gegen Korruption." Sie musste einen Plastesack öffnen, in ihm lagen hart gewordene Brotkrumen. K wurde nach Schokolade gefragt.
Als sie die Grenzorte durchfuhr, stellten sich Männer auf die Straße, um sie auszubremsen. K sah zu dem Mann, der in der Tür seines Restaurants stand, niemanden bedrängte, zu ihm wäre sie gegangen, falls sie Zeit gehabt hätte, essen zu gehen. Sie fuhr durch Olivenhaine, fand den Baum, verwandelte sich im Wageninnern, Dunkel der Nacht zur Frau, sie tauschte die Pässe aus. Bereute es. Jungen warfen ihr Kusshände zu und boten an, sie zu heiraten. ′Es nervt.′
K parkte in der Nähe eines Marktes ein, ein Mann lotste sie gegen ihren Willen, streckte die Hand und wollte Geld. K war unsicher, ob das Auto Schaden nehmen würde, falls sie sich weigert, nicht zahlt. Ein Mann sagte, er wolle sie durch die Altstadt führen. Sie wollte nicht geführt werden. Er sagte, dass er "deutsch" lernen will. Sie hatte Mitleid. Sie sagte, dass er sie nach deutschen Worten fragen könne. Er fragte nichts. Er zog und schob sie, sie landete in einem Teppichladen. Vielleicht hätte sie die Teppiche angesehen, aber ein Mann perlte Knotenzahlen und Preise in einer Rede, ihre Augen weiteten sich entsetzt, sie floh. Vor der Tür stand der Fremde und wollte Geld. Sie hatte Angst um das Auto, gab Hartgeld, es schien ihm nicht genug. "Es wäre in Deutschland eine faire Bezahlung." Sie sagte, dass sie ihm den Rest am Auto geben wird. Als sie über den Markt ging, um Brot zu suchen, streckten sich Arme wie Krakenarme aus allen Richtungen, von überallher drangen Männerstimmen: "Madam, Madam!" Sie hatte die Vokabel "Hau ab" gelernt, sie sprach sie nicht aus, sie floh zum Auto, fuhr aus der Stadt, aß Zwieback.

Sie stellte sich ans Meer, wo nirgends ein Haus zu sehen war. Als ein Mann auf einem Esel auf sie zu ritt, zog sie sich ins Auto zurück. Er klopfte, fragte nach Wasser. Sie dachte, dass sie Durstigen zu trinken geben muss, er trank mehr als nötig. Er zeigte auf ein Glas mit löslichem Kaffee, es war fast leer, K gab es ihm. Er wollte es bezahlen. K wollte kein Geld, er versuchte, ihr Münzen in die Brusttasche zu stecken. Sie wurde zornig. Er wich zurück, wies auf seinen Esel und machte Fotografiergesten. Sie dachte, dass sie ihm etwas geschenkt hatte und dass er ein Gegengeschenk in Form eines Fotomotivs machen will. Sie fotografierte ihn mit dem Esel. Er wollte, dass sie sich auf den Esel setzt. Sie schüttelte den Kopf, er griff nach ihrem, Arm, sie riss ihn zurück. Er griff nach ihrer Kamera und wollte sie öffnen. Er schien ihr das Bild entnehmen zu wollen. K wollte einen K.o.-Schlag setzen, er sah ihren Blick, setzte sich auf seinen Esel, zeigte auf einen Plastebeutel zu seinen Füßen. Er machte K zu seinem Diener, sie reichte ihm sein Gepäck.

"Es ist ihr Land." Sie hatte sich gefreut, als kleine Kinder vor Freude in die Luft gesprungen waren, als ihr Auto an ihnen vorbei gerollt war, Menschen hatten gewunken, gegrüßt, "Als sei ich die Englische Königin." Aber sie verstand die Kinder, die ihr die Faust gezeigt hatten. Die Frauen trugen schwere Gefäße mit Brunnenwasser, das herb schmeckte, auf den Köpfen, in den Hotels der Touristen plätscherte Wasser in Swimmingpools.
Als sie gegen Morgen am Strand aufwachte, schreckte sie hoch, ein Junge und ein alter Mann standen neben der Autotür, sie reichten ihr einen Zettel, der Alte zeigte auf seinen Magen, möglicherweise war der Zettel ein Rezept. K stand ratlos, schüttelte den Kopf. Sie dachte an Placeboeffekte, wühlte in ihrem Waschbeutel, gab Johanneskraut. Die Tabletten waren groß. Er sollte eine vor dem Einschlafen nehmen.

K sah aufs Meer, badete, schwamm mit geöffneten Augen. Ein Tintenfisch sah sie an, als sie sich näherte, spritzte er Tinte. Sie hätte gern mit ihm gespielt. Als sie das Wasser verließ, saßen Jungen vor ihrem Auto. K zog Sachen über die nassen Unterkleider und fuhr los. Sie suchte nach einem Schlafplatz, "Vielleicht hätte ich sie benutzen sollen." Sex war, sich wehrlos machen. Sie hatte kein Vertrauen.

K sprach mir im Morgengrauen auf den Anrufbeantworter. Sie sagte, dass sie bedauere, mich nicht erreichen zu können, sie melde eine Urlaubsverlängerung an. Ich klingelte sie mehrmals an, sie ließ das Satellitentelefon ausgeschaltet.

Ich ließ die Zimmertür im Hotel öffnen, trat ein und schrak zurück. Ich hörte das Geräusch eines schlagendes Herzens, ich merkte, das mir das Geräusch die Hand aufs eigene Herz zog. Ich zog mich auf den Gang zurück, spürte ein Stechen in der Herzgegend und verließ das Haus. Ich schickte einen Mitarbeiter hin, er erzählte, Wasser sei aus dem Duschhahn auf eine Plastefolie getropft. "Hast du es ausgedreht?"
"Nein."
"Danke."
"Ein Zimmer, in dem ein Herzschlag scheint, wirkt bewohnt", "Kein Herz klopft so laut." Sie hatte die Zimmerreinigung abgemeldet. Ich musste auf sie warten.

Sie fuhr querfeldein an exerzierenden Soldaten vorüber, der Weg endete in einem Bachbett. Es war ausgetrocknet. Das Auto kletterte nach oben, überstieg einen Gipfel, rollte ab. Sie sah linkerhand eine Oase, bog ein. Eine Frau lief auf sie zu, bat sie, ihr zu folgen. K zögerte, stieg aus. Sie wurde zwischen Palmen gebracht, erhielt Tee. Sie verstand nicht, warum die Menschen trotz Hitze gesüßten Pfefferminztee aus kleinen Becherchen tranken. Sie kicherten, zeigten auf einen Felsen, griffen nach Handtüchern, sie sollte ihnen folgen.

Der Pfad führte in einen Felsen, in seinem Innern war schwefeliges Wasser. K entschied sich, zu vertrauen, legte Kleider, Papiere, Fotoapperat und Telefon ab. Die Weiber hockten im Wasser und sangen. Es klang wie Indianergeheul. Sie schrubbten einander mit Sandsteinen, griffen nach ihr, schrubbten sie. "Mama", sagte K.Die Frauen kicherten und nickten. Als K das Wasser verließ, wurde sie abgetrocknet und mit Zimt eingerieben. Niemand verstand, was sie sagte, die Frauen kicherten. K kicherte und war für Momente glückselig. "Das ist Urlaub", sagte sie.

Gegen Abend begannen die Frauen die Handtücher im Bach auszuwaschen, sie packten Töpfe und Löffel in Körbe, stiegen entlang dem Bach ab und winkten K zum Abschied zu. K stand einige Minuten, als sei sie eingenickt, in einem Traum gewesen. Sie strich mit den Fingerspitzen über ihre Haut, sie war weich. "Ich bin eine Frau", sagte sie. Sie stieg auf. Das Auto stand unversehrt.

Als sie in Lybien eine Frau gesehen hatte, die kein Kopftuch trug, in einem Auto saß, neben ihr ein Kind, hatten sie einander heftig zugewunken. Leila hate überlegt, ob sie ihr nachfahren sollte. "Vermutlich war sie eine Botschaftsangehörige, Ausländerin."
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olizeikontrolle. Ein Polizist fragte nach anderen Autos. K verstand nicht. Er behauptete, dass ihr Auto klein sei. K reagierte empört, "Das Auto ist nicht klein!" Sie musste warten, bis der Polizist begriffen hatte, dass es Menschen gibt, die in unwegsamem Gebiet allein unterwegs sind.

Die Landkarten dienten für Groborientierungen, sie waren ungenau gezeichnet. Als sie sich am Rande einer Salzpfanne im Auto schlafen legen wollte, juckte ihre Haut, sie dachte an chemische Kampfstoffe, doch als sie die Taschenlampe angezündet hatte, waren es Mücken. K fühlte Leila in sich und dachte an ihre Kindheit zwischen Gras, Büschen, Seen.

Sie fuhr durch Bergland, sah in Schluchten. In den Landschaften lagen verfallene Bergstädte. An der Straßenseite lauerten Führer, K umfuhr die Hügel, stieg von hinten auf. Sie stieg in unterirdische Städte, sehnte sich nach einem Mann und Wasser. Hunde streunten.

Die Wüstengegend war zum militärischen Sperrgebiet erklärt worden. In seiner Hitze lag ein Gefängnis. Sie durfte das Sperrgebiet nur mit Erlaubnis und Führer betreten. Hotelgäste würden Erlaubnisscheine erhalten. Sie müsste neben dem Hotel einen Führer bezahlen, der Mann an der Rezeption sagte, sie dürfte ihn wegschicken. Sie dachte, dass sie nichts dagegen tun könnte, falls er sich nicht wegschicken ließ. Sie lehnte ab.

Sie fuhr Richtung Hafen. Die Wege waren löchrig. Im Auto Geräusche. Sie suchte eine Werkstatt auf. Zwei Federn waren gebrochen. Die Federspitzen wirkten wie Sollbruchstellen. K war verärgert über den Hersteller, sie beschloss, sich in Deutschland gehärtete Federn zu besorgen.
Ersatzfedern müssten bestellt werden. Die Stadt wirkte öde, K wollte nicht bleiben. Der Chef der Werkstatt schickte einen Mitarbeiter los, er sollte auf Schrottplätzen nach Federn suchen. Er fand Federn, sie waren zu klein, der Chef legte Scheiben unter, K sah sich das misstrauisch an. Sie musste die Rechnung bezahlen, sie erhielt keine Quittung.

K fuhr eine Passstraße, zwei Kinder bremsten sie aus, hielten ihr drei Blümchen hin und wollten Geld. K gab ihnen Bonbons. Sie fuhr weiter und wurde erneut ausgebremst, ein Mädchen spielte auf einem löchrigen Metallrohr Flöte und zeigte ins Auto. Sie wollte Schuhe, Sonnenbrille, Creme. K brauchte ihre Schuhe, die Sonnenbrille, sie gab ihr die Cremedose und reagierte zornig, als das Mädchen die Tür nicht losließ. Sie mied Touristenattraktionen. Sie war bereit, an Grenzen eine Gebühr für Entwicklungshilfe zu bezahlen, aber sie wollte nicht angebettelt werden, "Die, die unverschämt sind, kriegen Geld, die anderen nicht." Als sie in einer Bank einen Geldschein wechselte, hatte sie gesehen, dass Jugendliche dicke Bündel von Geldscheinen auf Sparbücher einzahlten, "Sie sind reicher als ich."

Sie erreichte den Hafen. Es war kühler geworden. Sie buchte eine Einzelkabine. Buchungsfehler - Eine Frau klopfte an, wies ein Ticket vor. Die Fremde war weiß gekleidet, auch die Wimpern und die Lippen waren weiß gefärbt. K reagierte neugierig und ließ sie ein. Die Fremde sagte, sie käme von Asien, dort hätten Männer und Frauen nebeneinander auf Stegen des Fährschiffs geschlafen. Sie fühle sich nicht wohl, wo nur Frauen sind. K spürte, dass die Frau ein Mann war. K tastete nach dem Dolch in ihren Schuhen. Sie fragte, von was der Fremde seine Reisen bezahle. "Invalidenrente." Er leide an einer Elektrosmogallergie, auch im Leitungswasser sei Elektrizität. Er schaltete im Duschraum die Lampe an, duschte. Der Fremde sagte, er hasse Kinder, er hasse diese braunhäutige Brut, die sich wie Ratten vermehrten. Eine Frau habe ihn um Geld angebettelt, er habe die Folgen ihrer Hurerei finanzieren sollen. Die Männer wären zu dieser Frau gegangen, nicht zu ihm. Er habe das ertragen müssen. Die Ausländer würden auf Kosten der Deutschen leben.

K ging zur Rezeption, legte ihre Buchung vor und bestand auf einer Einzelkabine. Es war keine mehr frei, sie erhielt Geld zurück. Sie überlegte, ob sie sich der Frau entledigen sollte, in dem sie sie als Mann enttarnte. Es siegte Mitleid. Sie sah sich an, wie der Mann im Bett lag, in den Spiegel sah und sich den Ponny kämmte.

Im italienischen Hafen Kontrollen. Sie schienen nach geschmuggelten Menschen zu suchen. K saß geschminkt und wurde durchgewunken, "Ich hätte ein ausgestopftes Krokodil unter dem Autodach transportieren können." Als sie in der Schweiz einen Schlafplatz suchte, hatte sie keinen Winterdiesel im Tank, sie wäre gern in die Berge aufgestiegen, sie blieb im Tal.

K hatte sich ohne Auftrag, ohne Rücksprache mit mir, Pässe ausstellen lassen. Sie war ein Sicherheitsrisiko geworden. Als sie mein Büro betrat, klopfte sie nicht an. Sie ging schnurstracks auf meinen Schreibtisch zu, stützte sich ab, und zischte mir ins Gesicht: "Du kleine miese Ratte." Sie behauptete, sie habe nur testen wollen, wie weit ich bereit bin, ihr Leben zu riskieren. Ich wusste nicht, ob die Behauptung, ich hätte sie nach Afrika gelotst, ein Blöff war, um mich über ihre Eigenmächtigkeiten zu beruhigen. Sie konnte nicht wissen, dass ich den Auftrag erhalten hatte, Grenzsituationen in Lybien zu testen. Die Auftraggeber beschäftigten mehrere Agenten. Ich kaufte von dem Honorar ein Stück Land. Und registrierte nebenher, dass Leila bis in den Tschad gereist war, in der Hoffnung, etwas über ihren Vater zu erfahren.
Ich grübelte, wie ich reagieren sollte.

Leila war auf dem Klo, als zwei Frauen sich zu streiten begannen, prügelten. Sie trat zum Waschbecken, sah in den Spiegel, unsicher, ob der Kampf eine Show oder ernst war, als ein Stockelschuh ihr Bein, und als sie hinsah, ihr Auge traf. Die Frau, die den Schuh trug, hatte eine Haftpflichtversicherung. Ich riet K, das ausgelaufene Auge durch eine kleine Kamera ersetzen zu lassen, die Bilder ans Gehirn liefern könnte. K behauptete, die Wunde zuerst ausheilen lassen zu müssen.
"Wie lange willst du warten?"
"Mindestens ein Jahr."
"Bis dahin ist der Sehnerv verkümmert."
"Er könnte aktiviert werden."
"Die Haftpflichtversicherung wird in einem Jahr nicht mehr zahlen." K schwieg.
Sie wählte ein Glasauge, dass ihr aus dem Gesicht fallen konnte, sobald sie sich heftig bewegte. Ich sah sie auf den Knien nach dem Auge suchen. Ich vermutete, sie recherchierte nach einem Augenarzt. Ich sah die Kopie ihrer Telekomabrechnung durch, ließ die Nummern anwählen. Es wies nichts daraufhin. Ich begann, sie um Dinge zu bitten, die nicht im Gesichtsfeld eines Auges liegen konnten. Es dauerte ein dreiviertel Jahr, bis sie zielgerichtet nach einem Stift griff, den sie nicht hätte sehen können, falls ihr Auge noch ein Glasauge war. Ich zuckte zusammen.

K wurde drei Wochen später auf einer Treppe zum Fluss angestochen und sank zusammen. Ein Passant alarmierte die Polizei und einen Rettungswagen. Ihr Kreislauf wurde stabilisiert. Das Auge war durch den Sturz aus der Verankerung gefallen und musste repariert werden. Als sie erwachte, konnte ich sehen, was K sah, wenn sie das Mobiltelefon angeschaltet hatte. Sie machte es selten an. Ich zeigte mir Bilder von Scheißhaufen im Klo.

Sie sagte, sie habe sich ein neues Mobiltelefon gekauft und gab mir die Nummer. Ich musste ihr unterstellen, dass sie glaubte, dass ich begonnen hatte, sie zum Roboter zu machen.
"Misstraust du mir?" fragte ich.
"Habe ich Grund dazu?"
"Nein."
"Misstraust du mir?" fragte sie.
"Nein. Wir tun nur unseren Job."
"Ich will nicht noch meine Hand verlieren. Ich will keine künstliche Hand, die mich erwürgen würde, sobald ich dir ein Sicherheitsrisiko scheine."
"Du hast zuviel Fantasie", sagte ich, "An Lügendedektoren ist das gut. Aber du solltest wissen, was wahr ist oder nicht." "Ja", sagte sie und ging.

Ich kaufte eine Pistole, hielt sie testend in der Hand, als sie neben ihrem Ohr losging, das Trommelfell riss. Ich zahlte Schmerzensgeld, besorgte ihr fähige Ärzte, sie sollten das Trommelfell ersetzen. K erschien nicht zum Termin. Sie behauptete, das Trommelfell sei von einem anderen Arzt, in einer anderen Klinik ersetzt worden. Sie erschien dort nicht zum Kontrolltermin. Ich fragte mich, ob sie unter Verfolgungswahn litt, und glaubte, dass ich ihr das Trommelfell absichtlich zerstört hatte, um ihr eine Art Wanze einzubauen.
Was ihr fehlt, ist das bedingungslose Vertrauen. Überwachungstechnik könnte sie beschützen.

"Er wird dir sogar Uhren, in denen ich Sprengstoff installieren lassen könnte, Parfümspray, in dem ich Betäubungsgift abfüllen lassen könnte, seidene Unterwäsche, mit denen du strangulieren könntest, abnehmen lassen. Er würde Geiseln, falls du sie nehmen könntest, opfern."
"Ich will ein Mikrofon in den Zähnen", sagte sie spöttisch.
"Ich würde vor Schmatz- und Knirschgeräuschen nichts verstehen."
"Wir könnten Klopfzeichen vereinbaren."
Ich schwieg.
"Ich könnte einen Sender verschlucken."
"Du wirst auch beim Ausscheißen nicht allein sein."
"Ich werde gar nicht ins Fort reinkommen."
"Du wirst."
"Es wird dauern, bis ich ihr Vertrauen habe, operieren kann. Er hat ehemalige Polizisten, Soldaten, Geheimdienstleute angeworben."
"Die Gerüchte sind so unglaublich, dass sie niemand ohne Beweismaterial glauben wird. Wir brauchen Filmmaterial. Wenn alles zwischen dir und mir abgeklärt ist, ist der Kontakt zwischen uns abgebrochen, bis du endgültig aus dem Fort raus oder ermordet bist. Ich will am Ende der Operation Filmmaterial. Ich werde dir eine Spritze geben lassen."
K sah mich irritiert an. "Du wirst keine Antibabypille schmuggeln können, er will Kinder. Die Spritze setzt ein Hormondepot. Wir haben keine Wahl."

K trieb sich, Kekse knabbernd, in der Nähe von Kirchen rum. Sie schlenderte an einem der Straßenprediger vorüber, "Du bist schön. Warum tust du das?" Er bückte sich, griff nach einem scharfkantigen Kieselstein, schlug ihn sich ins Gesicht, zog ihn nach unten: "Schönheit ist vergänglich. Wir haben die Wahl: Hölle oder Himmel", er sah K verächtlich an, "bis es zu spät ist." "Zu spät?"
K sah zur Uhr am Kirchturm und grinste.
"Die Uhren der Kirchenhäuser gehen falsch, weil Gottes Atem nicht in ihnen ist. Es ist kurz vor zwölf. Der Messias ist gekommen. Die Apokalypse hat begonnen." Er machte mit der Hand eine heftige Bewegung, die K zurückschrecken ließ und lächelte. K lächelte zurück und fragte: "Könntest du mich beschützen?" Sein Begleiter sah K aufmerksam an und nickte.

Wir trafen uns im Behindertenklo eines Einkaufzentrums. Ich verschloss die Tür nicht, sie legte sich auf den Fußboden, ich hatte eine Hand an ihrem Puls, kühlte mit der anderen ihre Stirn. Jemand der käme, würde es als Notsituation verstehen. Sie flüsterte: "Ich soll Antworten erhalten, ohne dass ich Fragen stellen darf."
"Könnten sie fliehen?"
"Ja."
"Mich interessiert nicht, ob er Sex mit Mädchen hat, es gibt frühreife Mädchen, mich interessiert, ob es gegen ihren Willen geschieht."
"Sie glauben, dass sie für Gehorsam belohnt werden."
"Das heißt, sie sind glücklich."
"Sie tun alles, damit er glücklich ist. Er sagt, sie könnten sonst in der Hölle enden."
"Angst."
"Ja."
"Waffen?"
"Ja."
"Viele?"
"Ja."
"Wo?"
"Unter dem Küchenboden."
"Woher weißt du das?"
"Ich sagte: ′Ich suchte >Brot<.′ Es ist nicht erlaubt, außerhalb der Essenzeiten zu essen. Ich sagte: ′Ich wusste es nicht′ und musste mich anschreien lassen."
"Hat er dich geschlagen?"
"Ich mußte soviel Brot essen, dass ich krank lag und glaubte, sterben zu müssen. Er gab mir drei Tage lang nichts zu trinken."
"Half dir niemand?"
"Nein."
"Dann sollen sie verrecken!" Ich sagte es heftig; es zeigte ihr, dass sie mir nicht gleichgültig war.
"Ich helfe auch niemandem. Es würde meinen Auftrag gefährden. Die meisten seiner Gefolgsleute wurden in der Kindheit missbraucht und geprügelt. Er macht ihr Leiden zum Bestandteil einer apokalyptischen Situation, die zu einem Himmelreich auf Erden führen kann. Ich will auch, dass es einen Sinn gehabt hat, dass ich unbewaffnet zwischen Stacheldraht, Männern mit Gewehren und Messern leben muss, die mir auf seinen Befehl hin, Glied um Glied vom Körper schneiden würden. Sie sind aus Furcht vor der Hölle Kampfmaschinen, sie könnten die Furcht verlieren, wenn er tot ist. Sie würden von den Behörden in Umerziehungslager gesteckt."
"Ja."
"Das Fort ist für den Steuerzahler eine preiswerte psychiatrische Anstalt, die die aufnimmt, einsperrt, die der Gesellschaft gefährlich werden könnten. Er tyrannisiert seine Gefolgsleute, nicht uns. Aber er muss ihren Glauben füttern. Es könnte einen Tag geben, wo er den Krieg ausweiten wird. Er war nichts als ein krankhafter Masurbist, der unter dem Zwang, seinen Penis beständig massieren zu müssen, litt, bis er das Leiden als Gottes Gabe verstehen und seinen Samen in alle Frauenleiber spritzen wollte. Er macht Mädchen zu seinen Frauen, weil er Angst vor Geschlechtskrankheiten hat. Wenn er keine Angst haben müsste, als Kinderschänder ins Gefängnis zu müssen, hätte er nicht militärisch aufgerüstet, um sich gegen eine Verhaftung wehren zu können. Wenn ich behauptet hätte, geschlechtskrank zu sein, hätte er mich aus dem Fort gejagt."
"Du hast -"
"Ich behauptete, nach Gottes Willen zu leben, wenn ich ihm auswich, weil er verheiratet ist, Kinder hat, er behauptet aber, dass er in Gottes Auftrag handelt. Er zitiert Bibelsprüche. Die Bibelsätze rechtfertigen Polygamie, Kindsmissbrauch, Schläge, Kriege. Er hat etwas Bezauberndes an sich."
Ich stand gegen meinen Willen halb auf, beugte mich vor: "Bist du gefährdet?"
"Wenn ich dauerhaft Unterwürfigkeit spielen muss, könnte ich unterwürfig werden."
"Du willst aus dem Auftrag raus:"
"Er wurde in der Kindheit missbraucht und geschlagen. Ich habe eine Frau, die gesagt hatte, dass sie Gottes Tochter und der wahre Messias ist, von ihm zerschunden gesehen. Ich spürte kein Mitleid. Sind wir auch eine Sekte?" fragte K unvermittelt, "Das ist keine Frage", sagte sie rasch und grinste, als habe sie einen Scherz gemacht.
"Geht es dir besser?" fragte ich. Sie erhob sich, ich stützte sie noch einige Meter, als wir das Klo verließen.
Sie ging ins Lager zurück.

Ihr Beschützer hatte sie fallen gelassen, sobald der Mann, der sich sein Herr nannte, sie für sich gefordert hatte. Sie hatte keinen Schutz. Außer sich selbst.
K litt unter der Arroganz der Frauen; sie sagten, dass sie arrogant sei, weil sie sich seinem Werben verweigerte. Gespräche verstummten in ihrer Gegenwart. Eine Mädchen sagte im Vorbeigehen: "Du bist nicht auserwählt."
"Was willst du hier, wenn du mich nicht willst?" fragte er.

Als er in sie gedrungen war, war K eine von seinen Frauen geworden. Die Frauen kämmten ihr das Haar und rieben ihren Körper mit Öl ein, es roch nach Blumen.
"Glaubst du, dass ihr in den Himmel kommt?".
"Ja", sagte eine der Frauen. "Ich hoffe es", sagte eine andere.
"Habt ihr Zweifel", fragte K. Niemand antwortete.

"Hast du kein Mitleid mit den Kindern?" fragte sie mich.
"Es gibt Kulturen, in denen den Mädchen die Klitoris und die Schamlippen abgeschnitten werden. Es gibt immer Menschen, die sehnsüchtig leben, eine Ausstiegsmöglichkeit aus der Gemeinschaft, in der sie verankert sind, zu finden. Wer?" Der Ausstieg, den ich der Person, die uns warnen würde, falls es zu einem Militärschlag kommen soll, anbieten konnte, hieß soziale Sicherheit. Ich garantierte ihr ein monatliches Einkommen, einen neuen Pass, eine Gesichtsoperation.

Es gab keinen Alkohol, der entspannt stimmen konnte. K fragte nach Kindheitserlebnissen. In der Geschichte, die sie von sich erzählte, hatte sie einen reichen, aber jähzornigen Vater, sie hätte die Wahl gehabt, einen riesigen Besitz zu erben, in der Familie behütet zu leben und seine heimliche Geliebte zu sein. Sie sei davon gelaufen. Sie habe in jedem Mann, in jeder Frau, eine Familie gesucht, in der sie "ich selbst" bleiben darf.
"Kannst du das hier?" fragte eine der Frauen.
"Was?"
"Ich sein."
"Glaubst du, dass du das hier kannst?" fragte K.
"Ich weiß nicht", sagte die Frau. K entschied, den Kontakt zu ihr zu suchen.

K begann zu behaupten, der selbsternannte Messias plane einen kollektiven Selbstmord, um eine biblische Geschichtsfigur werden zu können, "Er sagte: Hitler war genial."
"Du solltest kein Mitleid mit seinen Gefolgsleuten haben, sie hätten es nicht mit dir."
K nickte, sie legte sich neben mich ins Gras und sah zum Himmel. Sie schlief vor Erschöpfung ein, sie schrie, wachte auf und behauptete, gekreuzigte Kinder gesehen zu haben. Ich zog sie von dem Auftrag ab. Unsicher, ob sie geschauspielt hatte, um von diesem Auftrag abgezogen zu werden. Sie war durch das Tor nach draußen gegangen, "Er wird mich nicht töten. Er hat Angst vor dem Gefängnis", flüsterte sie. "Die anderen Insassen könnten das Lager auch verlassen", sagte ich.

K nahm Urlaub - ich war gewarnt. Sie spürte den Vater eines der Mädchen auf, die mit ihrer Mutter im Lager lebten, sie konfrontierte ihn mit der Behauptung, dass seine zwölfjährige Tochter zur Geliebten eines Mannes, der in seinem Alter war, gemacht worden war. Sie konnte auf seine Eifersucht rechnen. Die Mutter gab ihm das Kind für ein Wochenende, es wirkte verängstigt. "Es denkt ich bin der Teufel. Ich bin dein Vater", sagte er. Er hatte ein weitläufiges Haus mit Terrassen und Bädern, im Lager standen Baracken, es gab kein Bad, er hatte ein großes Auto, das Kind durfte essen, was und wann es wollte. Er brachte das Mädchen vor einer Kamera zum Reden. K übergab mir das Material. Ich gab es weiter.

Schüsse, Brandstiftung. Insassen starben an Rauchvergiftungen. K glaubte, dass das Militär über Nervengase verfügte, die Menschen sofort kampfunfähig hätte machen können. Sie fühlte sich am Tod der Frauen, Kinder, einiger der Männer, die sie als Opfer sehen wollte, schuldig. Sie sagte das erste Mal, dass sie in Entscheidungszentralen sitzen will. "Ich mache, was ihr wollt. Ich weiß nicht, was ihr wollt."
"Du weißt es."
"Haben wir jetzt mehr Land?"
Entscheidungszentralen sind keine Orte, die sie betreten könnte. Ich sah sie in ein Labyrinth treten, in dem sie sich verlaufen, krepieren würde. Als sie, nach dem sie ein Glas Wasser in meinem Büro getrunken hatte, kotzen musste, ohne aufhören zu können, rief ich einen Arzt, er diagnostizierte eine Blinddarmentzündung. Sie erhielt Beruhigungsspritzen, wurde in einem Operationssaal geschafft. Als sie in einem Bett einer Privatklinik aufwachte, sah sie in der Bauchhaut eine kleine Narbe. Ich bezahlte die Rechnung. Ich wollte sie schützen.
Die Aktion brachte kein Geld, aber Kontakte. Ich lieferte einem Journalisten Informationen, er schrieb eine anrührende Geschichte und erhielt den Pulitzerpreis. Er war bereit, eine anrührende Geschichte anderer Art nachzuschieben.

Leila verstand nicht, dass Menschen aus Angst vor einer Hölle, bereit gewesen waren, eine Hölle zu ertragen. Sie erinnerte sich, dass ein Mann ihr ein Filmstudio angeboten hatte. Aber das Gefühl ihren Körper ihm hingeben zu müssen, um ein Filmstudio zur Inszenierung von Gegenwelten haben zu können, ließ ihren Körper so versteifen, "dass er zerbrechen würde, falls ich mich bewege."
Das Flugzeug landete in Anchorage, K ging zum Taxistand und ließ sich vom Flughafen in die Stadt fahren, sie ließ das Auto an einer Touristeninformation stoppen, sammelte Informationsmaterial in eine Plastetüte und schleppte es in ein karg eingerichtetes Hotelzimmer. Sie aß und fiel ins Bett. Sie kaufte sich am Morgen gefütterte Gummistiefel und Lebensmittel. Sie suchte nach einer Whiskyflasche mit alten Rezeptdaten, sie wählte zwei Flaschen und fragte, welcher rauher ist, die Verkäuferin zeigte auf eine Flasche und schob ihr die andere zu. K wollte den rauhen.

Sie hätte nach Dead Horse fliegen können, sie wollte festen Boden unter den Füßen. Es war verboten, den Highway nach Norden mit einem Mietwagen zu befahren, er war stellenweise geschottert. Sie sagte, dass sie bereit ist, das Risiko einzugehen, Schäden am Auto bezahlen zu müssen, der Verleiher drohte mit Prozessen. K fand das albern. Aber sie hatte von Gerichtsprozessen gehört, in denen Unschuldige zu Tode verurteilt worden waren. Sie wollte vor kein Gericht, weil sie Eigentumsrechte missachtet hatte.

Sie fuhr mit einem fast leeren Bus nach Fair Banks. Sie ging auf Parkplätze und las an Trucks Aufkleber mit Informationen, dass die Fahrer ihr Auto kontrollieren sollen, bevor sie Richtung Norden fahren, sie bräuchten Ersatzräder, warme Kleidung, gutes Schuhwek, Lebensmittel, falls Notfälle sind. K fragte einen Fahrer, ob er nach Norden fährt. Er dürfe niemanden mitnehmen. K tat, als kenne sie die Antwort nicht, und fragte andere. Am nächsten Tag sagte einer, dass er sie mitnehmen würde, er wollte Geld oder Sex. K zählte ihm Dollars in die Hand, holte ihre Reisetasche, stieg ein.

Wenn ihnen Lastwagen begegneten, bat der Truckfahrer, dass sie sich abduckt. In der Tiefe neben dem Highway lag ein Auto auf dem Dach, K fragte, ob er abbremsen könnte. In ihrer Fantasie hing ein Verwundeter im Gurt, "Er könnte bereits verwest sein." Der Fahrer sagte, dass die Räder mit orangener Farbe besprüht sind, - "Der Unfall ist abgeschlossen." Der Truck kletterte in ein schneebedecktes Gebirge, rollte ab. K hielt die Hand aus dem Fenster, holte sich weiße Flocken auf die Haut. Sie tauten. Schnee lag bis ins Tal. Sie fröstelte, lenkte den Strom der Heizung auf ihre Hände. Es war Hochsommer.

Der Truck überholte Radfahrer, "Die sind verrückt", dachte K und sagte sich, dass andere sie für verrückt halten könnten, weil sie einen Auftrag angenommen hatte, den sie nicht verstand. Der Truck überfuhr eine langgezogene Brücke. K behauptete, pinkeln zu müssen, der Truck bremste, K sprang ab, lief zum Flußufer, sah Wasser und Boote sehnsüchtig an. Sie sah an der Brücke schwenkbare Kameras. Sie kauerte sich hin, pinkelte nicht. Sie hatte ein Klohäuschen gesehen. Falls sie sich nicht auf die Klobrille setzen würde, würde sie den Rand bepinkeln. Sie wollte sich nicht auf fremde Klobrillen setzen, sie zog sich ins Gebüsch zurück, pinkelte in die Tatzenspur eines Bären.

K ging zum Truck zurück, die Tür lag hoch, sie konnte nicht einsteigen, ohne sich mit Schlamm zu beschmieren. "Es gibt hier Bären", sagte sie. "Ich war im Busch und hatte die Türen aufgelassen. Plötzlich hupte es. Ich rannte zurück, sah einen Bären aussteigen. Er hatte das Lenkrad zerbissen." K schauderte. Die Straße wurde nach und nach trockener. Staubwolken lagen in der Luft. Der Fahrer bremste ab, lenkte auf einen Seitenweg, bremste, blieb stehen. Zwischenstation Coldfoot.

K hatte Einlegesohlen in die Gummistiefel gelegt. An der Tankstelle stand ein Mann mit nackten Armen, Beinen. K fror. Das Abendessen in der Baracke mit Plastestühlen war so teuer wie zu Hause in einem exklusiven Restaurant. Der Truckfahrer schlief im Auto, sie im Hotel. Es war eine Baracke.

Der Fahrer beugte sich am Morgen seitwärts, öffnete ihre Tür, sie stieg ein. Er sagte, dass er nach Wiseman abbiegen werde, die Straße sei nordwärts weggebrochen, für drei Tage gesperrt. K sagte, dass sie sich eine Telefonkarte kaufen müsse; die Nachricht wurde im Kiosk bestätigt. Die Straße war weggebrochen. K fragte, warum sie die Trails entlang der Pipeline nicht freigaben. Keine Antwort.

Wiseman bestand aus halb zerfallenen Häuser. Der Trucker brachte sie zu einer alten, zierlichen Frau, sie kochte Kaffee, zog sich zurück. Als sie aus der Schlafkammer trat, war sie geschminkt und roch nach Parfüm, es war Sonntag, die Frau ging zur Kirche, der Trucker erhob sich und folgte ihr. K legte den Kopf auf die Arme. Als sie wieder kamen, schob ihr der Trucker das Geld zu, das sie ihm gegeben hatte, und sagte, dass ein anderer Mann Richtung Norden fahren und sie mitnehmen wird, "Für mich ist das verboten, dich mitzunehmen. Ich habe genug Geld."

K diskutierte nicht. Sie hatte Hunger, holte aus ihrer Reisetasche eine Fisch- und eine Muschelfleischbüchse, ging zum Schrank, deckte den Tisch für drei Personen. Als sie aufsah, stand ein älterer Mann in der Tür und sagte: "Es gefällt mir, wie du das tust. Ich mag das nicht, wenn man die Gäste bedienen muss." Eine Frau trat mit einem Kind auf dem Arm in den Küchenraum, zwei Kinder tollten um ihre Beine. K streichelte ihnen über den Kopf. Die Frau sagte, dass sie im Ort noch zwei Kinder brauchen, um eine Schule gründen zu dürfen; K spürte ein Ziehen im Bauch. Nach dem Essen räumte sie den Tisch leer, kochte Wasser, wusch das Geschirr ab. Der Fahrer sagte, dass sie dem älteren Mann folgen soll. Die alte Frau stellte sich auf die Zehenspitzen, um K zu umarmen. "Sie hat gemerkt, dass sie mich an meine Großmutter erinnert", K umarmte die alte Frau.

Sie trug ihre Tasche zum Auto des fremden Mannes, warf sie auf die Ladefläche, er wendete auf dem Flugplatz, K sah Flugzeugteile, "Was ist das?"
"Es hatte Fische im Bauch." K schauderte. Der Mann fuhr auf den Steinen des Flussbetts in ein abseits liegendes Tal. In ihm zwei Hütten. Der Mann zeigte auf eine und ging in die andere. "Du kannst bei mir kochen", sagte er, "Kannst du zum Frühstück Fladen backen?"

"Ja", sagte K und trat in eine Hütte, in der die Dachverkleidung in Fetzen hing. "Ich wasche hier Gold", sagte der Mann und trat hinter sie. "Gold interessiert mich nicht", sagte K.
"In meiner Hütte ist der Dieselofen an."
K wischte den Tisch ab, der voll von Kaffeeflecken und Tabakkrümeln war, setzte sich in die Nähe des Ofens.
"Gold interessiert dich nicht?" fragte der alte Mann, dessen Hosen unter dem Bauch hingen, die Arschritze war sichtbar.
"Nein."
Er nahm eine Blechpfanne warf aus einem Röhrchen Dreck, ließ Wasser in die Schüssel laufen und kreisen. Das Gold löste sich von der schwarzen Erde, konzentrierte sich in einem Fleck. K spürte, wie der Glanz des Goldes ihre Augen glänzen ließ. Sie grinste.

K wusste, dass sie am Ungeschütztesten gegen Mücken war, während sie sich auf die Durchführung eines Auftrages konzentrierte. Leila erinnerte sich, dass die Mücken nach Regen besonders aggressiv waren, als hätten sie eine letzte Chance erhalten. Im Zimmer waren keine Mücken, im Zimmer waren Fliegen. Sie summten, setzten sich auf die Haut, fuhren durch einen Rüssel eine Nadel zur Haut, stachen zu, leckten das Blut auf. K schlug zu. "Eine von vielen." Ein Insekt, das wie eine Hornnisse aussah, fing eine der Stechfliege im Flug, biß ihr in den Hals, rupfte ihr die Flügel aus. K wollte sie nicht als Partner.

Leila ging entlang eines zerfallenen Schienenstrangs, links und rechts Gräben, der Weg endete an einem Damm aus Ästen, vor ihr begann eine Wasserstraße. Ein Biber hatte Bäume gefällt, das Wasser angestaut. Leila zerstörte den Damm nicht, um das Wasser abfließen zu lassen, weiter gehen zu können, sie kehrte um.
Die Hütte hatte ein Wasserklo. Wasser tropfte von der Decke. Das Wasser im Bach war kalt. Tabletten gegen Arthritis standen im Fenster. Der Mann sagte, er habe in der Stadt eine Wohnung, Appartementhaus, Hochhaus, Blick über die Stadt. K zeigte auf ein Foto im Fenster. "Ist das deine Tochter?"
"Meine Freundin." Das Foto zeigte ein Mädchen. "Sie ist glücklich, wenn sie mit meinem Oldtimer Caprio durch die Stadt fahren und ihren Freundinnen zuwinken kann. Sie hat kein Interesse am Gold." Er zögerte, "Du weißt, dass ich Deutscher bin?"
"Du hattest mich deutsch angesprochen."
Der alte Mann setzte sich, zündete eine Zigarette an, sagte, dass sein Vater im Krieg gefallen sei, und dass er als Junge seinen Onkel in Kanada besucht habe. "Er hatte einen Gemüseladen, er war Kommunist, aber einer, der den Teller an die Wand warf, das Gewehr lud, wenn jemand eine andere Meinung hatte. Irgendwann hat er das Haus über uns angezündet."

Er erzählte, dass er eine Arbeitserlaubnis brauchte. Er erzählte, dass er als Holzfahrer arbeitete, dass er eines Tages heimlich die Grenze überquerte, südwärts trampte, er erzählte, dass er erzählte, dass er als Austauschstudent unterwegs ist. Als er mittellos geworden war, habe ihn ein amerikanisches Millionärsehepaar adoptieren wollen. Er hatte geglaubt, behaupten zu müssen, dass er seinen Pass verloren hat... er musste sagen, dass er kein Austauschstudent, sondern ein illegaler Einwanderer ist. Er sollte das Land verlassen. Der Beamte ließ ihm die Wahl, nach Kanada zurückzukehren oder sich in einer Fabrik den Rückflug nach Deutschland zu verdienen. Er fuhr mit einem Bus nach Kanada zurück. Er hatte keinen Ausreisestempel und behauptete, für einen Amerikaner ein Auto über die Grenze gefahren zu haben, der zu einer Beerdigung in Kanada gewesen sei, Alkohol getrunken habe; die Grenzer hätten den Autobesitzer, aber nicht ihn als Fahrer kontrolliert. Der Grenzer habe die Geschichte zögernd akzeptiert. Er habe den amerikanischen Beamten angerufen, gesagt, dass er in Kanada ist; der Beamte habe die Telefonnummer überprüft, zurückgerufen, und ihn von der Liste der illegal Eingewanderten der USA gestrichen.

Er sei zum Arbeitsamt gegangen und habe nach einem Job gefragt, in dessen Nähe keine Straßen zum Abhauen und keine Mädchen sind. Er sei in eine Mine geschickt worden. Man habe ihn zum Vorarbeiter gemacht, "Dann nennen sie dich SS und erzählen Greuelgeschichten." Er war überzeugt, dass die Juden Deutschland in den Krieg getrieben hätten, um es nach einer Niederlage für sich arbeiten zu lassen. "Das hat mir ein Jude erzählt, der beim Versailler Vertragsabschluss anwesend war und später im weißen Haus als Berater arbeitete, bis er dachte, dass er seine Söhne aus diesen Geschichten, in denen sie als Soldaten Krieg führen müssen, raushalten will und in die Öffentlichkeit ging. Prinzessin Diana haben sie auch getötet, weil sie einen Araber als Geliebten hatte..." Der alte Mann rauchte eine selbstgedrehte Zigarette nach der anderen und griff plötzlich nach Schlaftabletten.

K ging in ihre Hütte, das Bettzeug roch muffig, sie öffnete die Whiskyflasche, sie dachte, dass der alte Mann in einem Glaubenssystem lebte wie Zeugen Jehovas. Er hatte traurig und in einem beschwörenden Ton gesprochen, als er behauptete, dass das Jüdische Volk von Menschen, die die Weltherrschaft erobern wollen, missbraucht werde.

Auf der Bank lag ein Jagdgewehr mit Zielfernrohr. Es war ein verregneter Morgen. K hatte Mehl, Wasser, Salz, Backpulver zu einem Teig verrührt, Fladen gebacken. Sie aß sie mit Zwiebelscheiben, der alte Mann mit Sirup. "Hörst du!?" Der Mann griff nach dem Gewehr, "Das sind Stachelschweine."
"Nicht schießen", sagte K.
Er stampfte nach draußen. Er kam zurück und zeigte ihr Stacheln im Schuh, "Sie knabbern das Haus an." Er sagte: "Komm! Jetzt sitzt es auf dem Baum und traut sich nicht runter." K folgte ihm, sah an einem Baumstamm entlang zum Himmel. Ein Stachelschwein klammerte sich an einen Ast und sah zu ihr hin. Der alte Mann sagte, er habe den Sockel des Hauses mit Tabascosauße eingestrichen, es habe die Stachelschweine nicht vertrieben, sondern angelockt, "Ihr Fleisch schmeckt übrigens gut."

Er stand in der Tür, wendete sich nach draußen und hielt den Gewehrlauf auf ein Erdhörnchen, das auf seinen Hinterpfoten saß, zur Tür sah, er schoss nicht, "Ich bin Kleinwildjäger. Für anderes ist keine Zeit. Es hat sich fett gefressen. Ich lasse sie nicht ins Haus." Er nahm einen Fladen vom Tisch, hing ihn an eine Wäscheleine, das Hörnchen kletterte an der Hauswand nach oben, balancierte auf dem Strick, rutschte ab, fing sich, hangelte, bis es den Fladen erreicht hatte, "Ich mache Zirkus für dich", sagte er, "Aber du wirst weggehen."
"Du wirst mich fahren."
"In drei Tagen."
"Morgen."
Er sah sie unsicher an.
"Aber fleißig ist das Viehzeug", er zeigte in Richtung des Erdhörnchens, "Ein Dachboden war vollgestopft mit vertrockneten Brotstücken. Sie hatten die Reste der Bergarbeiter aufgesammelt. Ich muss jetzt arbeiten."
"Musst du arbeiten?"
"Man hat immer einen Grund zu arbeiten, wenn man arbeiten will."
Er stampfte zu einem Bagger, schob Erde zusammen, stieg aus, fasste sie mit der Baggerschaufel und warf sie auf eine Sluicebox. K lauschte dem Lärm des aufschlagenden, rutschenden Drecks. Der Mann beachtete K nicht mehr, er wusch Gold. Er winkte sie nur einmal heran, um sich sein Feuerzeug holen, Feuer geben zu lassen.

K kochte Kartoffelbrei mit Speckbohnen. Der Mann sagte: "Es ist einfach, aber es schmeckt", er süßte den Kaffee. "Ich esse sonst Waffeln", sagte er, "Nichts als Waffeln. Vanille und Schokoladewaffeln." Er zog zwei Goldstücke aus der Hosentasche. Sie waren so lang wie ein Fingerglied, in eins war ein Kristallstück eingebettet. Das Gold war nicht poliert. K sagte: "Ich habe draußen gepinkelt. Die Erde schimmerte silbern und golden, es war nur Glimmer." "Ja. Glimmer ist eckig", sagte er, "Gold ist weich und abgerundet." Es war eine Spur Zärtlichkeit in seiner Stimme. "Das Gold liegt im Dreck. Du brauchst Maschinen. Während Versteigerungen sind sie nicht teuer. Aber du hast keine Garantie, ob sie keinen Schaden haben, du kannst nur den Motor testen, bevor du sie kaufst", sagte er, "Wenn du willst, stecke dir einen Claim ab, gehe ins Tal und melde ihn an. Du wärst von mir unabhängig."
"Keine Maschinen."
"Du könntest sie von einem Nachbarn übernehmen. Er war seit zwei Jahren nicht hier."
"Ich muss nach Dead Horse", sagte K.
"Ich weiß", sagte er, "Du musst dort nicht bleiben."
"Die Aufenthaltserlaubnis wird enden."
"Ich könnte dich heiraten. Ich werde dich nicht anfassen."
"Du willst, dass ich für dich koche." Er grinste. K sah auf den alt gewordenen Mann, der süchtig nach Süßigkeiten geworden war, "Du fährst morgen?" Der alte Mann stopfte Tabak in Papierrollen, zündete eine an, hustete. "Jemand wird dort Gold kaufen. Wenn ich Gold verkaufe, muss ich es versteuern. Ich muss nichts verkaufen. Aber ich fahre dich hin."

K erhob sich.
"Wo willst du hin?" fragte er.
"Beeren sammeln. Ich koche dir Marmelade. Wie viel Zucker ist da?"
"Draußen sind Bären."
"Hier sind so viele Beeren, dass keine Bären hier zu sein scheinen."
"Komm!" sagte er. Sie folgte ihm nach draußen, er zeigte neben ihren Fuß. Sie sah einen Fußabdruck mit fünf
stopfnadelgroßen Spitzen."
"Hast du ihn erschossen?" fragte K.
"Ich schieße über den Kopf. Wenn sie sich nicht trollen, - ich habe ihn erschossen und verscharrt. Vielleicht war er von den Warnschüssen taub geworden und hat die Warnschüsse nicht mehr gehört."
"Verscharrt?"
"Das Fleisch hat Trichinen."
"Das Fell?" K hatte in einem Museum zärtlich über ein totes Fell gestreichelt. "Sie schießen mit Betäubungsmitteln und fliegen die Bären in die Wildnis . Die Bären haben gelernt, dass dort, wo Menschen sind, Essen ist. Sie sind cracy geworden."
K sah auf das Gewehr, "Eine Pistole wären leichter handhabbar."
"Du müsstest den Bär an dich rankommen lassen."
"Wenn er nicht rankommst, würde ich nicht schießen."
"Du bräuchtest eine große."
"44-iger Magnum."
"Ja", sagte er und sah sie an.
"Ich habe Agentenromane gelesen", sagte Leila, grinste und legte eine Patrone auf den Tisch. "Sie lag im Bachbett. Wo ist die Pistole?" Leila hatte Agententhriller gelesen. Romanagenten arbeiteten mit den Waffen, deren Namen jeder kennt. Sie arbeiteten mit Pistolen, obwohl Patronen Löcher ins Fleisch reißen, Mord oder Totschlag anzeigen, Gift nicht. K hatte gelernt, eine Pistole so an den Kopf zu setzen, dass es kriminaltechnisch ein Selbstmord gewesen sein konnte, Blut war auf ihren Mantel gespritzt.

K trug keine Pistolen bei sich. Sie musste Grenzen überschreiten. Kontrollen könnten Schusswechsel provozieren. Als Leila Blaubeeren suchte, sammelte, erinnerte sie sich, dass nur die Liebhaber schrägtöniger Musik sie ermutigt hatten, zu singen. "Es könnte den Bären verschrecken", sie sang.

Sie zündete in der Nacht Feuer an. Die trockenen Äste jagten Funken in den Himmel, die feuchten legten Rauchschwaden über die Landschaft. Sie sah das verzückt an, lehnte ihren Kopf zur Seite, als könnte ein Mann dort sitzen. Sie war allein. Der alte Mann schlief.

Er schien müde. Er schlürfte Kaffee. K war besorgt, er könnte die Abreise verzögern. "Du willst weg?" fragte er. "Ich will nach Dead Hoarse."
"Ich fahre dich hin", er korrigierte: "Ich fahre hin und nehme dich mit. Du sollst mir nichts schulden müssen."

Sie fuhren zum Highway. Es nieselte. Eine Elchkuh überquerte die Straße, der Mann bremste ab, es folgte ein Kalb. Sie dachte, dass ein Truckfahrer nicht hätte bremsen können. Aus dem hoch gelegenen Fenster der Truckkabine hatte sie weit in die Landschaft sehen können. Der Goldwäscher behauptete, dass der Motor nicht ziehe. K fürchtete, dass er sie in einen Pannensituation bringen will. K sagte, dass er den Motor weiterlaufen lassen soll, öffnete die Motorhabe, frage nach einem Schraubenschlüssel. Der alte Mann hatte keinen. Sie sagte, dass er sich in Dead Hoarse einen besorgen müsse, die Einspritzdüsen einzeln lockern und festdrehen, wenn sich der Sound nicht verändere, habe er die kaputte Düse in der Hand. "Und dann? Es gibt dort keine Werkstatt für Personenwagen."
"Ich weiß nicht."
K öffnete eine Fischbüchse. "Da!" sagte der Mann. K starrte hinter sich und warf sie in den vorbeifließenden Fluß. Sie stopfte Zwiebäcke in Plastetüten. Der alte Mann sagte, dass Bären Aasfresser sind und Menschen betäuben, lebendig eingraben, damit sie Aas werden. Der Bär sah nur kurz zu ihnen hin.

K sah am Straßenende mehrstöckige Containerhäuser, sie standen auf Stelzen oder Schlittenkufen. Der Ort hieß "Totes Pferd." Zwischen den Containern Trucks und Anhänger mit torgroßen Rädern, Ketten, Schlittenkufen. K staunte und verabschiedete sich rasch.
"Du hast mir zum Abschied nicht in die Augen gesehen", sagte der Goldgräber.
K drehte sich zu ihm um und lächelte wie für ein Zeitungsfoto, "Cheece", dachte sie mitleidig. ′Ich müsste ihm Hosenträger schenken.′ "Warum suchst du nach Gold?"
"Damit es meinen Kindern besser gehen kann als mir", sagte er.

Sie hatte sich an einem Laden absetzen lassen, "Er ist der einzige Laden?" - "Ja." Sie wollte ein frisches Brot. Regale mit Postkarten, Porno- und Waffenzeitschriften, Videos, Computerspielen, sie sah Tampons, teure Parfüme, Jacken und Mützen. Sie kaufte sich zwei Stangen Trockenfleisch, es gab kein Brot, nur Bonbons; "Die Arbeiter werden verpflegt." Als sie den Laden verließ, kicherten drei Frauen und ein Mann, weil in einen Stapel mit Einkaufskörben an der Tür ein Pornovideo lag, als habe es jemand bezahlt, aber nicht mitgenommen.

Ihr Blick glitt vor der Tür vom Treppenabsatz über den Parkplatz, das Auto des Goldwäschers war weg. Sie schleppte die Reisetasche über menschenleere Plätze. Sie sah am Straßenrand Wasserflächen, die Buchten eines Ozeans im Nebel sein könnten. Sie würde den Ozean nicht sehen; er lag im Sperrgebiet. Kommerzielle Reiseunternehmen durften passieren, "Aber der Ozean sieht vermutlich wie diese Wasserbuchten aus." An einigen Containern stand ein Schild auf dem Dach, "Hotel."

K blieb an einem Haus stehen, in dem einzelne Fenster verschiedene Gardinen hatten, "Das könnte ein Wohnhaus sein.". Sie stieg Treppen nach oben, stand in einem langen Gang, links und rechts Türen mit Nummern, sie klopfte. Nummer Sieben antwortete, "Je?" Sie öffnete, fragte nach Mike Koslowsky. "There!" Koslowskys Tür war verschlossen. "He works."

K öffnete ihre Reisetasche, steckte das, was Besitzgier auslösen könnte, in eine Plastetüte, schob die Tasche in den Türrahmen von Koslowskys Zimmer und schlenderte mit der Plastetüte durch den Ort. Die Straßen endeten blind oder an Wachtoren und Schildern: "Kein Alkohol, keine Drogen, keine Waffen." Polizeiwagen kreisten.

K grübelte, was die Menschen aggressiv machen könnte, sie sah zum Himmel. Er war grau. Wind wehte, K fröstelte, lief zum Wohnheim zurück und hockte sich auf den Gang. "I"m waiting for Koslowsky." Ein Mann, der hinter der Tür Nummer Elf wohnte, bat sie in sein Zimmer, sie erhielt Kaffee. "Girlfriend?"
"Yes. No." K erklärte, dass sie eine Verwandte von Koslowsky sei, sie habe die Chance genutzt, ihn besuchen zu können, als ihr Vater erzählt habe, dass er einen Verwandten in Alaska habe. "Ich hatte Bilder von Alaska in Zeitschriften gesehen. Es ist schön, nicht wahr?"
Der Fremd zögerte, "Ich bin erkältet."
K lehnte sich zurück, sie wollte nicht angesteckt werden. Es klopfte. Ein fremder Mann trat ins Zimmer, lief nach kurzem Zögern auf K zu und sagte: "Ich dachte, du würdest mir eine Nachricht schicken, ich hätte dich vom Flugplatz abgeholt."
"Ich fuhr mit dem Auto."
"Auto?"
"Tramp."
"Wem?"
K antwortete nicht, sie sagte mit einem kurzen Seitenblick auf ihren Gastgeber: "Ich bin da. Freust du dich nicht?"
"Doch. Ich muss nur duschen."
Er trug ihre Jacke in sein Zimmer. Sie folgte mit der Plastetüte in der Hand.
Die Wohnung war ein Raum, ein fensterloses Bad, eine Holzstiege mit Kaffeemaschine und Mikrowelle. Mike Koslowsky sah auf ihre Tasche, "Kein Hotelzimmer?"
"Nein."
Er sah auf sein Bett, die Couch, "Ich bin sexuell ausgehungert, ich würde dich belästigen."
K fragte, "Darf ich das nachts entscheiden?"
Er sah sie überrascht an.
"Gehst du zu Huren?"
"Nein", Koslowskys Kopf winkte zum Fernseher, er sah sie an, fragte: "Hast du Alkohol?"
"Ich habe uns eine Flasche Whisky mitgebracht", sagte K, griff in den Plastebeutel und schob eine halb gefüllte Flasche auf den Tisch,
"Mir war unterwegs sehr kalt."
"Es ist kalt", sagte er, spülte einen Zahnputzbecher aus, stellte ihn auf den Tisch und begann zu trinken.
"Hast du Gold gewaschen?" fragte K.
"Goldgräber wollen den Winterspeck um den Bauch loswerden, sagen sie. Ich habe keinen", lachte Koslowsky. Als er besoffen wirkte, stand er auf, lallte: "Excuse me", plumpste aufs Sofa und begann zu schnarchen. K duschte, putzte Zähne, legte sich in sein Bett, roch an der Bettwäsche, sah kurz zu ihm hin und schluckte eine Schlaftablette.

Als sie aufwachte, saß der fremde Mann an ihrem Bett, sagte "Excuse me" und streichelte ihren nackten Arm. "Excuse me", sagte K und zog den Arm unter die Decke. Er stand auf, trat ans Fenster und sagte gegen die Scheibe: "Es erschreckt mich, wie schnell etwas zu spät sein kann."
"Ja", sagte K und dachte, "mich erschreckt, wie rasch etwas zu früh gewesen sein könnte."
Sein Atem schlug an die Scheibe, "Ich hatte zuviel getrunken."
"Ja."
"Hast du etwas zum Frühstück? Wir kriegen Frühstück im Bus."
"Kekse."
"Kaffee ist da."
"Danke."
Er ging. K stand auf, sah am Tag oft aus dem Fenster, es regnete.

Als Koslowsky zurück gekommen war, ließ er sich auf einen Stuhl fallen.
"Hast du Hunger?" fragte sie.
"Sie geben uns Essen. Was hast du gegessen?"
"Ich habe Notrationen."
"Trockennahrung."
"Ja."
"Sie hatten Trockennahrung erfunden, um Goldgräber versorgen zu können. Wir bohren nach schwarzem Gold. Wenn sie uns zu essen geben, sieht jedes gebratene Ei wie ein anderes aus. Sie nehmen Eigelb- und Eisweißpulver und gießen es in Formen." Koslowsky trommelte mit den Fingern auf den Tisch, "Wenn du eine normale Frau wärst, könnte ich dich aufs Bett werfen."
"Eine normale Frau könnte dich nicht k.o. schlagen. Sie könnte aber schreien. Ich will keinen Skandal. Ich werde nicht ins Hotel ziehen, es wäre zu spät. Ich will keinen Klatsch. Wir schlafen getrennt. Hast du das Geschenk für deine Mutter?"
"Ich habe Parfüm für sie."
Er stellte einen Karton auf den Tisch.
"Gibt es das nicht in Deutschland?"
"Ich lebe hier."

K sah die Flasche, die in einen metallenen Boden eingelassen war, an, öffnete sie, spritzte sich Flüssigkeit auf den Handrücken, roch. "Wird es ihr gefallen?" fragte Koslowsky.
"Ist das alles, was ich ihr mitnehmen soll?"
"Ja."
K starrte den Boden der Parfümflasche an, "Was ist das?"
"Warum fragst du?"
"Ich frage nichts", K tat das Päckchen in ihren Plastebeutel, "Ich werde morgen zurückfliegen."
"Ich werde mich um deinen Rückflug kümmern."
Koslowsky ging zum Telefon, wählte eine Nummer, traf Verabredungen, machte Notizen, legte den Hörer auf. Er schaltete den Fernseher an, legte sich auf die Couch.
K sagte: "Du hast hart gearbeitet, ich sollte auf der Couch schlafen."
"Dann sehe ich den Fernseher nicht", sagte er, gähnte und war kurz später eingeschlafen. K streichelte flüchtig über sein Gesicht. Sie ging in den Waschraum, in dem Fetzen von Aktfotos an den Wänden hingen. Das Geräusch der Lüftungsanlagen war laut, sie schaltete das Licht aus, ließ die Tür geöffnet, um es los sein zu können, ohne im Dunkeln sein zu müssen, duschte die Beine kalt ab, um sich das Blut aus dem Kopf zu ziehen, müde zu werden. Sie legte sich ins Bett. Es schien ihr, als dämmere sie dahin.

"Ich gehe jetzt", hörte sie Koslowsky sagen.
K öffnete mühsam die Augen.
"Die Flugdaten liegen auf dem Tisch. Ziehe die Tür hinter dir zu. Wirst du wiederkommen?"
K schwieg.
Er beugte sich zu ihr, küsste sie und verließ das Zimmer.
Er hatte K mit einer heftigen Umarmung unfähig gemacht, aufzustehen. Sie sah zur Uhr, sie musste sich entspannt streicheln.

Die Wolkendecke war über ihr gewesen, sie lag unter ihr. Die Sitzfläche war schmal, der Mann neben ihr störte. K spürte eine Hütte tief unter sich liegen, in die ein Bär drang, unter das Bett kroch, an Bettfedern hängenblieb, er verwüstete die Hütte, die über ihm zusammenstürzte. Der Abdruck einer Bärentatze blieb auf einer Spiegelscheibe.

K betrat die Schalterhalle, sah sich um. Es war vereinbart, dass sie beobachtet wurde. Falls Gefahr wäre, würde einen Mann oder eine Frau in ein rotes Taschentuch schneuzen. Sie ging aufs Klo, eine Frau betrat das Nebenklo ächzte. Es stank. K sah, dass eine Flasche Parfüm unter der Zwischenwand hindurch vor ihre Füße geschoben wurde. Sie war die gleiche, die sie in der Plastetüte trug. Sie zögerte, wühlte, schob ihre Flasche unter der Zwischenwand in den Gestank von Scheiße. Sie reinigte die Klobrille, die sie bepinkelt hatte, weil sie sich nicht auf fremde Klobrillen setzte, spülte, öffnete die Tür, trat zum Waschbecken. Der Schlüpfer saß nicht richtig, sie musste nach dem Bund fingern.
Es dauerte, bis die Kabine neben ihr geöffnet wurde, K sah eine stark geschminkte, auffällig gekleidete Frau, die sich flüchtig wusch, mit Parfüm einnebelte. "So riecht das also", sagte K, "Ich habe es als Geschenk für jemanden und wusste gar nicht, wie es riecht."

Die Frau fragte: "Wollen Sie?" und besprühte Leilas Hals, ohne eine Antwort abzuwarten, "Mögen Sie den Geruch?"
"Ja", sagte K und grinste, als habe sie einen Scherz gemacht. Sie mochte Männerparfüm, weil sie den Geruch von Männern mochte.
"Ich schenke es Ihnen", sagte die Fremde.
"Nein."
"Ich habe heute Geburtstag", lächelte die Frau, "Machen Sie mir eine Freude."
"Ich wünsche Ihnen Gutes", sagte K und verbeugte sich leicht als sei sie in einem Theaterstück, die fremde Frau küsste ihr auf den Hals und verschwand. Eine ältere Dame hatte zugesehen. "Sie muss sehr einsam sein", sagte K.
"Ja", sagte die alte Dame, "Ich bin einsam", und verließ das Klo.

K verstand nicht, warum sie nun zwei Parfümflaschen hatte. Der Zollbeamte winkte sie in einen Nebenraum. Er fragte: "Sie haben nichts dagegen, dass wir ihre Parfümflaschen gegen neue austauschen?"
"Doch. In meinen ist Parfüm. Ich weiß nicht, was in Ihren Flaschen ist."
"Ich bin Beamter der Vereinigten Staaten."
K zuckte zusammen. "Sie können alles kontrollieren", sagte sie, "Ich weiß nicht, nach was Sie suchen." Sie trat einen Schritt zurück. Ein grau gekleideter Herr trat in die Tür und winkte, sie sollte ihm folgen. "Warum haben sie eine Bibel bei sich?" fragte er. K unterdrückte ein Grinsen, ′Sie halten sie für ein Codebuch ′Das Buch lag in Wiseman in einem Karton. In der Kirche. Es stand "free". Ich habe mehrmals hingesehn, es stand ′free′ am Karton. Ich habe das Buch nicht gestohlen."
Der Fremde blätterte im Buch. "Haben Sie drin gelesen?"
"Ich fing an."
"Darf ich das Buch austauschen? Ich hätte eins mit einer größeren Schrift."
"Ja, das wäre sehr nett", sagte K, "Meine Augen sind schlecht geworden. Ich werde alt."
"Ich hatte auch den Eindruck, dass Sie im Flughafen Orientierungsprobleme hatten."
Es herrschte Stille.
"Ich verstehe das alles nicht." K unterdrückte einen spöttischen Ton. Sie fragte nicht: "Wollen Sie auch mich austauschen?" Sie fragte: "Wartet das Flugzeug auf mich?"
"Sie kriegen einen Ersatzflug. Haben Sie bis dahin einen Wunsch?"
K tippte an die Herzgegend, "Ich bin soviel Hektik um meine Person nicht gewöhnt."
"Ich spendiere Ihnen eine Fahrt auf einem Schaufelraddampfer oder einen Flug über den Gletscher", sagte der Fremde, "Sie haben diese Möglichkeiten, die Ihnen das Land bietet, nicht genutzt."
K fühlte sich verhöhnt.
"Würden Sie sich zuvor einem Lügentest unterziehen?"
"Ich träume, nicht wahr?" fragte sie.
"Wir arbeiten korrekt."
"Ich vermute, Sie behandeln mich so, weil ich eine Frau bin und allein reise."
"Ich arbeite korrekt."
"Was wollen Sie wissen?"

K hatte keine Angst vor Lügendedektoren, sie hatte gelernt, Parallelgeschichten zu erleben: Sie war als Leila gereist. Sie hatte einen entfernten Verwandten ihres Vaters besucht. Sein und ihr Name waren slawisch. Sie hatte ein Geschenk für seine Mutter mitgenommen.
"Warum haben Sie Koslowsky besucht?"
K kicherte, "Ich hoffte, dass ich mich in ihn verlieben kann."
"Wie bitte?"
"Ich dachte, dass er sexuell ausgehundert sein könnte. Er trank meine Flasche Whisky aus. Das störte mich nicht, aber er war betrunken. Er hätte mit der Pistole nicht einmal ein Ziel in Größe der Tür getroffen. Ich hatte als Kind Westernfilme gesehen. Es hatte Sehnsucht nach einem Mann geweckt, der mich nimmt, beschützen kann, nicht viel redet. Koslowsky ist geschwätzig. Es war trotzdem ein angenehmerer Urlaub, als an einem spanischen Strand zwischen hunderten Menschenleibern gelegen zu haben", K zögerte, "Aber dann begann das hier."
"Halten Sie mich für dumm? Die Cowboys reden in Filmen so wenig, weil der Regisseur Kuhtreiber benutzten, keine Schauspieler."
"Das wusste ich nicht", sagte K.
"Warum sind Sie nicht bis zum Eismeer gefahren? Es wäre eine Urlaubsattraktion gewesen."
"Es war neblig. Ich hatte Kopfschmerzen. Ich vermutete, sie sind wegen dem Wetter, die Wolken hingen niedrig. Ich hatte Fieber. Ich tröstete mich, dass das Eismeer vielleicht nicht anders aussieht als der Bodden."
"Woher wussten Sie, dass sie Fieber hatten?"
"Ich habe ein Thermometer im Waschbeutel."
"Darf ich es sehen?"
K holte ein Thermometer aus dem Waschzeug, "Ich hatte heute kein Fieber, aber ich fühle mich noch nicht gesund."
"Sie dürfen den nächsten Flug nehmen", sagte der Fremde.
K war unsicher, ob die Gefahr vorbei war.
"Mein Urgroßvater war Deutscher", sagte der grauhaarige Mann. Leila lächelte ihn glückselig an, "Ich nehme den nächsten Flug nach Deutschland. Aber einen Kakao dürfen Sie mir auf den Schreck spendieren."
"Schreck?"
"Ich kam mir vor wie in einem Film."

K trank Kakao, wartete auf den Abflug oder was sonst geschehen könnte. Es geschah nichts Ungewöhnliches. Sie stand plötzlich auf und verließ die Schalterhalle. Der Schreck, als Spionin verhaftet und eingesperrt werden zu können, hatte sie verstört. Sie riskierte, um sich eines Freiheitsgefühls zu vergewissern, Kontrollen, Schikanen, das heißt, sie mietete ein Auto und fuhr nach Norden. Niemand schoss zur Warnung auf die Reifen. Das Auto kletterte Wege zwischen schneebedeckten Bergen nach oben, sie endeten an Schranken. Eispfropfen hatten stillgelegte Bergwerksstollen verschlossen, die angestaute Wasserflut könnte durchbrechen, sie wegspülen. Sie lief in einen Schacht, dessen Eingangsbereich mit Wellblech ausgekleidet war. Sie ging mit einer Taschenlampe hinein, stockte. Ihr Verstand fand es albern, aber ihr Herz reagierte verstört, weil ihr Hirn ein Herzklopfen aus dem Berginnern zu hören schien. Sie legte die Hand auf ihr Herz, es stach. Als sie weiter ging, glaubte sie Turbinengeräusche zu hören, "Das ist nicht möglich." Der Schacht war stillgelegt. "Es ist möglich." Sie atmete gleichmäßig, das Herz blieb nervös. Es waren Wasserfallen im Boden, für deren Durchquerung sie Watehosen gebraucht hätte. "Wenn es bodenlos wird, laufen sie voll und ziehen nach unten." Sie hatte keinen Auftrag, sie kehrte um. Sie grübelte im Flugzeug, ob sie wegen diesen Geräuschen im Innern der Berge nach Alaska geschickt worden sein könnte.
Die Vereinigten Staaten von Amerika experimentierten, um Ozonlöcher in der Erdatmosphäre im Kriegsfall öffnen und schließen zu können.

Ich erkannte sie am Geruch, bevor ich sie sah. K stellte mir die Parfümflaschen hin und sagte: "Ich mag das nicht mehr." Sie sah mich an wie ein Kind, das gelobt werden will. Ich lehnte mich zurück, sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, griff in der Schublade des Schreibtisches nach einer Pistole und fragte: "Bist du ein Doppelagent?" Sie sah mich verblüfft, verächtlich an.
"Deine Partnerin wurde verhaftet."
"Arschloch."
Sie verließ den Raum, die Tür schlug laut zu. Ich liebte sie in den Momenten, in denen sie selbstbestimmt schien. Sie kam zurück, fragte: "Die Daten?"
"Was?"
"Ich sollte Daten schmuggeln."
"Der Vorgang war abgesichert."
"Die stark geschminkte Frau?"
"Ja."
"Holt ihr sie raus?"
"Du bist allein raus gekommen."
"Ich brauchte keine Hilfe", sagte K, "Holt ihr sie raus?"
"Sie ist über den Lügendedektor gestolpert." K erschlaffte, sie schien erleichtert. Sie traf keine Schuld.
Ich hatte sie am Lügendedektor ausgebildet. Sie hatte gelernt, jede Irritation von Blutdruck, Hautwiderstand mit einer logisch wirkenden Geschichte zu begründen. Ich hatte gekichert: "Falls du invalid wirst, kannst du Geschichtenschreiber werden."
"Wird das bezahlt?"
"Ich glaube nicht."
"Holt ihr sie raus?" fragte sie wieder.
"Sie hat sich in der Zelle erhängt."
"Vor was hatte sie Angst?"
"Oder sie wurde erhängt."
"Wer hatte sie eingesetzt?"
"Ich stelle keine Fragen."
"Warum nicht? Dich verhört niemand!"
Ich schwieg. Ich bückte mich, schob K eine Flasche Whisky zu. Sie trank in großen Schlücken, schlug mit den Fingernägeln ans Glas und lauschte. "In Alaska war die Flasche aus Plaste, die Öffnung war so klein, dass ich nuckeln musste." Sie kicherte, Tränen rannen über ihr Gesicht. "Geh zwischen Menschen!" sagte ich.

K hatte keinen Whisky in der Wohnung, um keine Alkoholikerin zu werden, sie hätte zum Bahnhof laufen müssen. Sie wählte eine Telefonnummer, hörte ein schlaftrunkenes "Koslowsky", sagte: "Als du gegangen warst, bereute ich nachts geschlafen zu haben. Glück auf deinen Weg!" Sie legte den Hörer auf; sie ärgerte sich, dass das Gefühl von Einsamkeit, sie für einen Moment unberechenbar gemacht hatte, "Falls er mich fasziniert hätte, hätte ich den Flug verschoben. Er hatte mich also nicht fasziniert!" Sie durchsuchte ihre Schmutzwäsche, ihre Reisetasche, der alte Goldgräber hatte ihr kein Gold ins Gepäck gesteckt, um sie zu verführen, zu ihm zurückzugehen. Sie spürte Sehnsucht nach unpoliertem Gold.

Die Parfümflaschen waren normale Parfümflaschen. Es waren keine Daten eingespeichert. Während die allein reisenden Frauen das Sicherheitspersonal beschäftigt hatten, hatte ein Mann die Grenze überquert.
Das Telefon klingelte. Es klingelte einmal, nach einer Pause erneut. K sagte, ohne sich vorzustellen: "Ich habe ihn gesehen."
"Wer ist am Apparat?"
"Was soll das?"
"Wen hast du gesehen?"
"Du hattest gesagt: er wurde identifiziert, er ist tot."
"Wer? Wo bist du?"
"In Mexiko."
"Es gibt Männer, die ihm ähnlich sehen."
"Er hat mich erkannt. Ich will, dass er tot ist."
"Vielleicht ließ er sich operieren und begann, ein normales Leben zu führen. Wenn du jemanden triffst, dem er Unrecht getan hat, könntest du ihn ermutigen, ihn anzuzeigen."
"Seine Opfer fühlten sich auserwählt!"
"Könntest du ihn töten?" fragte ich lauernd.
K zögerte, sie erinnerte sich an die Szene, in der er seinen dreijährigen Sohn geprügelt hatte, bis der geschrien hatte, dass er seinen Vater liebt. Sie hatte ihn gehasst und sich gehasst, weil sie ihn um Gnade für das Kind anbetteln, aber nichts gegen ihn tun konnte. "Ich darf nichts tun", hatte sie sich gesagt, es hatte sie nicht getröstet.
"Du hast keinen Auftrag", sagte ich.
K sagte sich, dass das "Ja" heißen könnte, sie wusste, es hieß "Nein." Ich wollte nicht, dass sie sich einmischte. Ich hatte keinen Auftrag. Es wäre Mord. Jedes Töten barg das Risiko von Gewissenskonflikten. Ich sagte: "Wir überschlafen das."

K rief mich am nächsten Tag an: "Vielleicht sah er ihm nur ähnlich."
"Ja", sagte ich, "Seine Leiche wurde anhand von Röntgenbildern eindeutig identifiziert." Er war nicht unser Problem. Sein Tod würde uns nichts nutzen. Eine faustgroße schwarze, behaarte Spinne sah zu ihr hin. Wind peitschte ins Auto. K lief nach draußen und stürzte, weil der Boden von Tieren unterhöhlt war, die Schatten gesucht hatten. Es ist gefährlich in der Wüste auf der Sonnenseite des Lebens zu sein. Die Quelle im Canyon war Privatbesitz; sie hätte sich einmieten müssen, um zum Wasser kommen zu können. Sie wusch sich mit Sand, Goldglimmer lag auf der Haut. Der Schatten, den sie warf, schien dürr. Ein Kolibri flog hinein und blieb in der Luft stehen.

Eine Zeiteinheit wurde: Wieviel Trinkwasser habe ich noch - Sie hatte es in Behältnisse füllen lassen, die sie tragen konnte, falls sie das Auto entlasten müsste, um über Sandpassagen zu kommen. Sie musste es.

Sie rief mich an und bat mich um einen Rückruf. Ich klingelte den Gemüsehändler an, den sie um Erlaubnis gefragt hatte. Er berechnete ihr den Preis, den der Anruf gekostet hätte, wenn sie mich angeklingelt hätte. K protestierte, sie war bereit, Polizei zu riskieren. Als Kunden kamen, K sie in die Diskussion einbezog, war der Vorfall beendet. Der Geldmangel ließ sie leichtsinnig sein. Ihr Auftrag war, das Land zu durchqueren, Armeeverhalten zu protokollieren. Ich hatte sie gebeten, sich einen Reisepartner zu suchen, um unauffälliger agieren zu können, sie zog es vor, den Posten zu sagen, dass sie zu ihrem Reisepartner unterwegs ist. Die Landkarten waren mangelhaft, sie fuhr oft nach Kompass.

Sie lag ein paar Tage lang mit Fieber. In Felslöchern stand Wasser. Der Boden war verschlammt. Sie nahm Wasser ab, goss fadendünne rote Würmchen aus, kochte das Wasser, es war salzig. Sie spannte die überlebensdecke des Verbandszeugs ins Fenster, schluckte Aspirin, Eschinazin und Ginseng. Das Fieber ließ nach drei Tagen nach. Als sie ein Brunnenbecken erreichte, wurde es von Bullen bewacht. In einem anderen schwamm Viehzeug. Sie wusch sich die Haare, ängstlich, Würmer könnten durch die Kopfhaut dringen. Sie badete im Meer. Es gab Stellen, da zerrte das Meer nach draußen. Krabben krabbelten wie eiskalte Händchen über den Sand und verschwanden in Erdlöchern.

Sie hatte sich die Haare kurz scheren lassen, schminkte Lippen rot, es hielt Männer auf Abstand. Ab und zu pfiff ein Mann, stellte das Radio im Nachbarauto laut, sie sah nicht hin, der Fahrer begann zu singen, sie sah nicht hin. Vögel balzten, ihre Hälse wurde dick und rot. K reagierte auf Männer, die ihr in Deutschland gefallen hätten. Sie sah: Soldaten mit schlanken Körpern, schönen Gesichtern hinter dem Schreibtisch eines Büros. An der Wand hing das Bild eines blonden Pinupgirls. Sie senkte den Blick.

Sie sah Kühe mit Kakteenstacheln im Maul. Da und dort lagen aufgedunsene oder verdorrte Rinder. Vögel pickten ins Gedärm. Ein Soldat klopfte die Seitenwände des Autos ab. Ein anderer sah in Streichholzschachteln. Nachts beleuchteten brennende Benzinfäßchen die Kontrollstationen. Waffenschmuggel nach Süden, Rauschgiftschmuggel nach Norden. Kakteen standen bizarr. Mexikaner standen anTankstellen, um Autoräder aufzupumpen. K musste Reifen wechseln. Sie hatte Flickzeug im Gepäck. Der Notverband hielt einige Tage. Niemand versuchte, ins Auto zu sehen. Niemand kam, während K im Auto rastete, ans Auto. Nur einmal fuhr ein Auto zu ihr hin. Es war dunkel geworden, K kurbelte das Fenster hoch, löschte das Licht. Der Mann stieg aus, schüttete Wasser auf seinen Motor, nahm Kanister aus dem Kofferraum, schüttete Benzin von einem zum anderen. K rechnete mit Brandstiftung. Aber der Mann stellte die Kanister ins Auto, wendete und fuhr davon. "Vielleicht ist sein Tank kaputt." Einige Autos waren aus Wracks zusammengeschweißt. Sie fuhr ein deutsches Auto. Die Kupplung kuppelte verzögert. Bremsprobe. Es knallte. "Das war ein Stein." Die Bremsscheibe war abgerissen. "An einem Berghang im Verkehr - tot oder verkrüppelt." K stabilisierte die abgerissene Scheibe mit Holzkeilen und fuhr das Auto bergauf und bergab, sie fuhr vierhundertfünfzig Kilometer bis zu einem Ersatzteilladen. Kackreiz folgte dem Schreck. Als sie auf einen Nebenweg fuhr, sank das Auto in Schlamm. Sie legte die Winde an den Fuß eines Strommastes, um das Auto herauszuziehen, ängstlich, er könnte brechen.

Die Bremsscheiben mussten aus den Vereinigten Staaten geholt werden, sie wollte keinen Grenzgang riskieren, es war ein Tag vor Weihnachten, sie musste vier Tage warten. Sie fuhr mit Motor- und Handbremse in die Berge. Zwischen riesigen, bizarr geschichteten Steinen und Kiefern lagen Fetzen Schnee. K stellte Kerzen hinein und hörte im Radio Weihnachtsmusik. Ein dünner Hund trottete vorbei, sie schenkte ihm ein Ei. Er legte sich hin, pfötelte es hin und her, nahm es vorsichtig in den Mund, bis er es zerbiss. Ein Kind weinte, sie gab ihm Bonbons.

K versuchte vor dem Autoteileladen die Bremsscheiben zu wechseln, sie stellte sich auf die Ratsche, um Schraubverbindungen zu lösen. Die Ratsche überdrehte, die Muttern saßen fest. Sie musste in eine Werkstatt, die über einen Druckluftschrauber verfügte, und zahlen, sie verstand es als Unterrichtsstunde: Die Mutter, an der sie gescheitert war, hätte sie nicht lösen müssen. Die zweite Scheibe wechselte sie selbst. Auch sie zerbrach nach einem kurzen Schlag.

Als sie ins Gebirge zurückfuhr, notierte sie, dass die Posten sie durchwinkten, "Als sei das Auto bereits bekannt." Einige Pisten hatten Wellblech, K spürte ihre Brüste. Ein Weg war mit einem Baum versperrt, sie zog ihn mit der Winde und Hilfe anderer Bäume zur Seite. Sie verlor einen Ohrring. Als sie es bemerkte, hatte das Loch im Ohr bereits begonnen, zuzuwachsen. Sie steckte eine Feder durch, "Das ist zu theatralisch."

Ks Rock zerfetzte. Sie flickte ihn mit Isolierband. Sie sah Unterröcke, "Wozu gibt es Unterröcke, wenn es keine Röcke gibt nur Hosen? - Für Kittelschürzen. K kaufte sich ein großes Tuch und knotete es um die Hüften. ängstlich, der Knoten könnte sich lösen. Sie zog einen Schlüpfer an. In der Hitze verursachten Schlüpfer Geruch, wunde Stellen.

K verlor die Angst vor Übergriffen. Andererseits waren Fenster und Vorhöfe von Häusern umgittert, auf den Parkplätzen stand vor großen Kaufhallen Sicherheitspersonal, dem die Kunden Geld zusteckten. Ein Mann vom Sicherheitspersonal fragte K, ob sie Schokolade wolle. K schüttelte den Kopf. Sie dachte: ′Es ging vermutlich um Rauschgift.′
Die Farbenpracht von Touristenorten war Kontrast zu anderen Orten Mexikos. Ab und zu hatte jemand einen Felsstein benutzt, um mit Farben einen Frosch oder ein Krokodil oder ein Echsengerippe in Landschaften zu setzen. ′Kunst am Wegesrand.′ An einem Baum hingen Schuhe. In einem Autowrack saßen Puppen, eine Hand am Lenkrad, die andere winkten im Wind. Reifen, Stühle, Autotüren hingen an Kakteen. Wo Menschen waren, war Müll. K beschloss erneut, mich zu überzeugen, Entwicklungsländern Müllverbrennungsanlagen zu spenden. ′Wer schafft den Müll hin?′ "Das bezahle ich auch. Sobald ich Geld habe." Kein Kind bettelte. Kinder arbeiteten. Hinter den Kassen von Supermärkten, die ihre Mütter bedienten. Sie räumten Regale ein, wuschen Obst. Einige Kinder wirkten fröhlich, als würden sie spielen, einige stolz, andere traurig. Andere Spielgeräte waren Bäume, Autos. Niemand schrie.

Auf der Landkarte Seen, Flüsse. Ausgetrocknet. Salzseen glitzerten, als läge in brütender Hitze Schnee. K fuhr entlang von Schienenstrecken durch die Wüste, scheu, Männer könnten ihr nicht glauben, dass sie in dieser ödnis ihren Mann sucht. Sie beschloss, sich Fotografin zu nennen. Sie sah Cowboys mit Hüten und Lederschürzen auf Pferden und zog sich einen Männerhut tief ins Gesicht. Sie reagierte verzückt, als sie einen Fluß sah und spürte Lust, sich in ihm treiben zu lassen. Sie lief in eine Schlucht, stapfte in Leggins durch Wasser, entsetzt, als sie Männerstimmen hinter sich hörte. Drei Soldaten. "What do you want?" fragte sie hart. "Foto", sagten sie und hielten einen kleinen Fotoapparat in die Höhe. Sie wollten einander in der Klamm fotografieren oder hatten gesehen, dass ein Rock vor dem Wasser lag, es hatte Fantasien geweckt. K ging ihnen entgegen, an ihnen vorbei, sie wichen zur Seite. Ihre Gewehre hatten kein Magazin.

K wollte sich durch Kakteenwälder in die Vereinigten Staaten durchschlagen. Wege endeten. Sie wählte einen kleinen Grenzübergang, ′weil man an ihm reden kann.′ Sie wurde nicht nach Waffen gefragt. Die Beamten fragten nach Geld. Sie zeigte Kreditkarten. Kreditkarten sind kein Geld. K behauptete, dass ihr Agent Bilder verkaufe und verwies auf die Webseite. Die Beamtin sah auf den Bildschirm, "Ist das Sex?" - "Nein. Formen." Sie durfte passieren.

K hörte Vogelzwitschern, es war ein Erdhörnchen. Es beschimpfte sie. Sein Fell schien weich, K wollte es streicheln. Sie sah interessiert zu ihm hin, bis es ihr Feuerzeug zwischen die Pfoten genommen und zerbissen hatte. Sie spürte, dass sie keinen Nerv für einen Mann hatte.

Die Kakteen hatten Löcher. Sie waren zerschossen, ′Sie sehen wie Menschen aus.′ Sie sah Menschen, die so dick waren, dass sie sich wackelnd bewegten. Sie sah Häuser auf Stelzen. Als sie an einem Fluss rastete, schlafen wollte, behaupteten Polizisten, dass das ein Gebiet sei, wo Mörder aus dem ganzen Land ihre Leichen in den Sumpf legen, sie würden sie als Zeugen erschießen. Die Polizisten geleiteten sie auf einen hell erleuchteten Parkplatz. Ein Krokodil querte die Straße.

Sie saß an der Bar, als eine Hand sich auf ihre Schulter legte, sie zum Tanzen einlud. Sie sagte: "Nein." Ein Mann legte seine Hände auf ihre Oberarme, halb zog, halb schob er sie. Sie ließ sich führen. Er folgte ihr nachts über Treppen durch Korridore zum Zimmer, sie wollte "Nein" sagen, sagte nichts, er folgte ihr ins Zimmer. Mann und Frau umarmten und küssten sich, als wären sie verliebt. Als K aufwachte, stand sie auf, zog sich an, sah kurz auf den schnarchenden Mann und ging frühstücken. Als sie zurückkam, schlief er noch. Sie hatte eine Zeitung gekauft, setzte sich ins Fenster und las. Als Sonnenstrahlen in sein Gesicht fielen, musste der Mann nießen, er wachte auf und lächelte, "Komm", sagte er.
"Ich habe gefrühstückt", sagte K, blätterte eine Seite weiter, las. "Ich bin kein Callboy", sagte er. "Ich weiß. Wenn du willst, kannst du gegen zehn Uhr wiederkommen. Ich habe bis dahin zu tun."

"Du kommst spät", sagte sie und sah auf die Uhr.
"Ich bin kein Callboy."
"Ich weiß", sagte K und zog sich aus. Er zögerte. "Es tut gut", sagte sie.
"Ich sah zwei Männer, die sich umarmten. Ich dachte, sei seien schwul. Aber sie waren besoffen und mussten sich abstützen."
"Ich muss zur Arbeit", sagte sie, "Wir sehen uns heute Abend."
"Wohin gehst du?"
"In ein Utopia."
"Du benutzt mich wie ein Ding."
"Ich dachte, du magst Sex", sagte sie.
"Ich bin kein Ding", sagte er.

Ich hatte ihr gesagt, dass irgendwann alles Land der Erde Stiftungsbesitz sein und allen Menschen gehören wird.
"Dann kommt eine Armee und nimmt es uns weg."
"Dagegen brauchen wir eine Armee", sagte ich mit einem scherzhaften Unterton. K sah mich stirnrunzelnd an,
Sie ging das Risiko ein, dass ich Ersatz für sie suchen, finden könnte. Als sie das Fährschiff betreten hatte, sah sie lange zum Ufer hin, stieg in die Tiefe, betrat eine Kabine mit zwei Doppelstockbetten und las einen Agententhriller. Ihr wurde zum Kotzen. Das Schiff wogte. Sie schluckte eine Schlaftablette. Sie grübelte, ob sie sich nachts am Bett festschnallen sollte. Als sie Island betreten hatte, merkte sie, dass es ein teures Land ist. Sie konnte im Auto schlafen. Die Flüsse führten Wasser. Sie füllte es zum Trinken ab. K fuhr einen Weg, der zum Meer führte, im Sand endete. Das Auto brach ein. Sie quälte sich und das Auto. Sie sah immer wieder zu angeschwemmtem Holz, das einen Meter höher lag, "Die Flut könnte das Auto überschwemmen." Sie unterfütterte das Auto mit Müll und Holz. Sie fuhr an und sank ein. Es dauerte, bis sie bereit wurde, die Sandbleche, die sie als Dachgepäckträger benutzte, zu entladen und abzuschrauben. Sie setzte das Auto auf und schob sich vorwärts. Die Flut kam und war nicht hoch.

K litt an Muskelkater. Es war Sommer, sie fror, weil es kalt war. Sie zog Watehosen an, durchstakte Flüsse, bevor sie sie durchfuhr. Sie zog ein fremdes Auto mit der Winde aus dem Ufermorast, ängstlich, sie könnte sich selbst eingraben. Sie fuhr mit angstverzerrtem Gesicht entlang einer Steilküste. Tränen liefen über ihr Gesicht. Sie musste Steinen ausweichen, Wegränder waren ausgeschwemmt. Sie verriss das Lenkrad nicht, stürzte nicht ab. Sie war auf eine Halbinsel gefahren, der Weg führte auf der anderen Seite zurück. Er endete an einer Steilwand, an die Wellen schlugen. Sie war bergab gefahren, sie konnte nicht zurück. K glaubte, dass die Steine festgefügt sind, sie sank ein, setzte auf. Sie zog sich mit Sandblechen und Winde nach vorn und draußen. Als sie an einem Haus nach einem Telefon fragte, vom Weg redete, sah der Besitzer sie ungläubig an. "Sie sind durchkommen?" Er war der Straßenbauer. ′Vielleicht ist er ein Wegelagerer, der hofft, dass jemand den Weg, den er baute, befährt, Hilfe braucht und bezahlt.′ K grinste, als habe sie einen Scherz gedacht.

Sie hielt eine Hand in einen See, das Wasser war kalt, als sie einen Fuß reinsetzte, schrak sie zurück, der Boden war heiß. ′Ich könnte Eier eingraben, kochen.′ Sie sah von einem Berg in ein Tal, das sie durchquert hatte, im Sand dunkle Flecken. Eisblöcke waren geschmolzen und hatten Höhlen im Sand hinterlassen, ′In die ich stürzen könnte.′ Sie fuhr Wege, neben denen Spalten tief ins Erdreich ragten, Schwefeldämpfe stiegen. Sie stieg in Steinhöhlen und sah durch Löcher wie dünn der Boden war, den sie überfahren hatte. Sie pinkelte, der Wind kam aus allen Richtungen. Das Land war dünn besiedelt. Eine Bucht ein Haus. Ohne Wintergärten, Swimmingpools, "Obwohl man bei diesem Wetter viel in der Wohnung sein muss." K sah Schutzhütten mit Funkanlagen, Ofen, Decken, Lebensmitteln. Sie sah Autos mit mannsgroßen Reifen. Ein tiefgelegener, roter Porsche fuhr auf einer asfaltierten Straße hin und her. Hinter dem Ortsschild begann eine steinige, löchrige Piste.

Sie durchfuhr Flüsse mit offenen Türen, um nicht aufzutreiben, weggeschwemmt zu werden. Sie fuhr in einen Fluß und blieb stecken. Sie ließ den Motor an. Ein Monstertruck fuhr vorüber und wollte sie rausziehen. K hatte Angst, dass das Auto zerreißen könnte und beschloss, zuvor Sandbleche unter die Räder zu legen. Sie unterfüttete den Wagenheber, um die Räder anheben, Bleche unterschieben zu können. Das Wasser war eiskalt. Ein Reisebus hielt, Menschen mit asiatischen Gesichtern zückten Fotoapparate, K lächelte und winkte ihnen zu.
Sie kam raus.

Sie wollte sich einen Kaffee kochen, fuhr auf einen Farmweg, durchfuhr eine Pfütze und sank in Schlamm. Die Tür ließ sich nicht öffnen. Sie kroch aus dem Fenster. Sie musste das Auto freischaufeln, um es mit der Winde ins Trockene ziehen zu können. Sie arbeitete zwei Tage. Die Winde war an der Frontseite verankert; als das Auto auf festen Grund stand, waren vor ihr Pfützen und hinter ihr. Sie wendete und sagte sich, dass kurz später die Schaufelei erneut beginnen wird. Sie schnallte sich fest, trat aufs Gaspedal und - kam durch.

K beschloss, nur noch Asphaltstraße zu fahren, aus Angst, sie könnte steckenbleiben, das letzte Fährschiff verpassen. An der Straße stand ein Polizeiwagen, um Fahrer zu warnen. Die Straße hatte begonnen, wegzubrechen, K fuhr durch Wasser, neben ihr unterspülte Meer den Straßenbelag. Sie bremste. Sturzfluten hatten eine Brücke, die so konstruiert worden war, dass sie nicht zerrissen, sondern aufs Meer geschwemmt wurde, weggetrieben. K musste warten, bis Boote die Brücke eingeholt und wieder verankert hatten. Sie knabberte an Brotresten und fühlte sich gefangen.
Ich sah mir das zufrieden an.

Als sie das Schiff erreichte, war eine Schotterstraße asfaltiert. "Sie machen Island touristisch." Das Auto wurde sorgfältig vertäut. K wurde eekrank. Das Schiff sackte unter ihr nach unten, fuhr unter ihr weiter, sie fiel zu Boden. Sie sah beständig auf die Uhr und wartete, dass die Überfahrt endet.

Sie erzählte mir vom Blau der Gletscher, glasklarem Wasser, Blümchen und Bimssteinfeldern, der jeden Laut aufzusaugen schienen. Sie habe Hemmungen gehabt, in unberührt wirkende Landschaft zu laufen, um zu pinkeln, "Jede Spur ist ewig zu sehen. Jedes Blümchen fällt auf." Sie erzählte nicht von den kleinen Fliegen, die in den Seengebieten in die Ohren, Nase, Auge zu kriechen versuchen, nichts vom Schwefelgestank der Bäder.
Als sie nach Deutschland zurückgekommen war, hatten die Landschaften rötlich ausgesehen. Es hatte eine Veränderung der Farbwahrnehmung im Hirn stattgefunden. Sie passte sich deutschen Verhältnissen an. Es war Herbst geworden. K hatte im Sommer Herbstwetter gehabt. "Nach vierzehn Tagen sah ich in Island in der Wolkenschicht einen Flecken Sonne."
"Willst du Menschen dort ansiedeln?"
"Nein." Sie kaufte sich bunte Farben und klatschte sie auf Papier.
Ich sah an ihren Händen, dass etwas nicht stimmte, "Du hast dir eine Katze angeschafft?" fragte ich. Ich leide an einer Katzenallergie. "Ich übe, geduldig zu sein", sagte sie.
Ich zuckte zusammen. Leila wollte ein Kind.

Leila hatte in einer Landschaft einen Schattenriss von sich gesehen, in dem ihr Bauch dick aussah, "als sei ein Kind drin"; sie hatte ihn lange angesehen, bis sie sich bewegte und ihn zerstörte. K nahm täglich die Antibabypille. Sie ließ sich bluten, wenn kein Auftrag und es kein Problem war, Tampons zu wechseln. Sie ließ ihre Fingerknochen knacken und sagte, dass sie aussteigen will. "Aussteigen? Das ist keine Reise, sondern ein Job."
"Ich kündige."
"Du weißt, dass du zuviel weißt."
"Ich weiß, wen ich getötet habe. Du weißt, dass ich professionell arbeite und nichts riskieren werde."
"Ich will, dass du weiterarbeitest, weil du professionell arbeiten kannst. Du wirst Geld brauchen."
"Ich habe Geld."
"Das Konto könnte eines Morgens leer sein -", ich sah sie gespannt an, "Würdest du mich anzeigen?"
K zögerte nur kurz, "Nein."
"Du würdest überlegen, wie du mich aus Rache töten könntest, und wärst wieder drin. Du könntest stattdessen den Posten deines Vaters übernehmen. Es ist ein ruhiger Job."
"Meines Vaters?"
"Er war mein Chef."
"Mein Vater?"
"Ja."
"Er war unaufällig."
"Er arbeitete professionell."
K spürte, dass eine Woge des Stolzes über sie hinschwappte. Sie war kurz. "Er liebte mich nicht."
"Er liebte dich auf seine Weise. Deine Zeichnungen liegen unter einer Glasplatte auf seinem Schreibtisch."
"Meine Mutter?"
"Er liebte Männer. Auch wenn er sich es nicht eingestand. Sie war von ihm schwanger geworden. Er wollte, dass sie das Kind abtreiben lässt. Wir appellierten an seine Moral. Er heiratete sie. Es war die Bedingung für seine Beförderung. Wozu?"
"Wir dürfen keine Embryos töten, so lange wir Ideale zu verteidigen haben."
"Ideal Ehe?"
"Verantworungsgfühl."
"Wer hat ihn getötet?"
Ich zögerte, "Die Russen."
"Was hatte mein Vater mit den Russen zu tun?"
"Ein Feind ist nicht immer berechenbar."
"Feind?"
"Willst du ihn rächen?"
"Nein."

Leila versuchte sich zu erinnern. Sie wünschte Vergangenes wie einen Film zurück spulen zu können. ′Ich wäre kein Mensch mehr′, dachte sie. Sie hatte als Kind ihren Vater beobachtet, er war in einen Laden gegangen. Als Leila nicht mehr hatte stehen können, hatte sie sich auf die Bordsteinkante gesetzt, aber er kam nicht aus der Ladentür. Sie ging hinein, er war nicht da. Sie verlor ihn an einem anderen Tag im Menschengewühl des Bahnhofs... sie hatte sich erklärt, dass er so unscheinbar ist, dass er unsichtbar scheinen konnte, und ihn verachtet.

Leilas Vater war kurz später mit einem blutdurchdrängten Verband am Oberarm nach Hause gekommen. Er hatte "Jagdunfall" gesagt. Er sei eine Abkürzung gefahren, ein Jäger habe ein Reh erschießen wollen, ihn getroffen.
"Du musst ihn anzeigen", hatte Leila gesagt.
"Er hat gut bezahlt", der Vater schob ein Bündel Geldscheine auf den Tisch.
"Das hatte er bei sich?"
"In seinem Safe. Seine Frau war Ärztin, sie hat mich verbunden. Es war nur ein Streifschuss."
Leila hatte ihren Vater selten so gesprächig erlebt.

Leilas Mutter reagierte nervös, als ich ihr gesagt hatte, dass ich mich nach dem Tod ihres Mannes um ihr Kind kümmern werde, "Ich hatte mich auch um dich gekümmert."
Sie sagte: "Ich weiß nicht, ob das gut war."
"Du hattest Hilfe gebraucht."
"Ich weiß nicht, ob das gut war."
"Du hattest keine Wahl."
"Ich hatte keine Wahl."
"Hattest du keine? Leila hatte keine. Sagte sie."
"Ich will mit ihr reden."
"Nein."
Leilas Mutter hatte mir von einer Todessehnsucht erzählt, aber als ich mit der Hand über ihren Hals strich, spürte ich, dass sie Angst vor dem Tod hatte. "Nein", flüsterte ich, "Du wirst nicht mit ihr reden, du wirst schweigen."

Leilas Mutter und ich liebten den gleichen Mann. Ich wollte ihm nicht den Rücken zudrehen und von ihm gefickt werden. Aber er hatte etwas in sich, der uns beide binden konnte. Er redete wenig, er wirkte nicht auffällig, er hatte Macht.Der Architekt, der das Haus, in dem unsere Büros lagen, entworfen und gebaut hatte, sagte, die Doppelwand sei zur Isolierung. Aber die Doppelwand war breit genug, um in ihr von einem Zimmer zum anderen gelangen zu können. Es gab Löcher, durch die ich in Räume sehen, hören, gehen konnte. Ich hatte keine Angst vor Spinnen, Ratten. Ich suchte seine Nähe. Ich glaube, er wusste es. Ich konnte ihn nicht belügen.

Ich gab ihr den Auftrag, nach Korsika zu fliegen, sich versteckt zu halten. Ich veröffentlichte Suchfotos, schrieb eine Belohnung aus. Sie ging in die Berge, Wälder. Die Esskastanien waren stachelig, nicht reif. Sie jagte nach wild laufenden Ferkeln, ängstlich, angeschossen, abgeschlachtet zu werden. Sie warf Steine, einer traf. Sie baute sich eine Schutzhütte, äste und Steine hielten Regen ab. Die Wolken hingen tief, Nebel war in der Luft, er durchweichte die Kleidung. Sie stieg mit Schüttelfrost zu einem halbverlassenen Dorf ab. Die Einheimischen ließen die Türen offen, sie sahen nicht in die Reste alter Steinhäuser, die ihre Häuser, wie ein Labyrinth umgaben. Sie gingen die Wege zum Auto, die sie kannten.

Ich fragte, welchen Fehler sie gemacht hatte. Sie hatte Konstruktionen gebaut, die Lärm auslösten. Ein streunender Hund hatte eine zerstört, als er nach einer Ratte wühlte. Sie hatte den Lärm gehört, sich unter Planen versteckt und war eingeschlafen. Ein Hund zog ihr die Plane vom Gesicht, als ein Tourist um die Ecke bog. Touristen gegen dorthin, wo ein Einheimischer nicht hingehen würde. Der fremde Mann streckte ihr die Hand entgegen, "Sie werden gesucht." Sie hätte zuschlagen, einen Balken auf seinen Kopf legen können, als habe ein Balken ihn erschlagen. Es war eine übung, sie beendete sie. Sie entfärbte die Haare.

K stand in Zürich am Tresen, als ein Mann ihr einen Schnaps zuschob, "Auf meine Rechnung."
"Wozu?"
"Ich will, dass Sie sich eine Geschichte anhören." Leila schwieg. "Ich war neun Jahre alt, als ich ein Meerschwein erschlug, ich drang mit dreizehn in Leichenhallen ein, mit vierundzwanzig tötete ich mein erstes Pferd, ich tötete vier Frauen. Ich heiratete, um mich aufzulösen. Ich bin ein anderer, wenn meine Frau bei mir ist, ich kann Frauen ansehen, schön" finden. Wenn sie nicht bei mir ist, denke ich "Schlachtvieh." Die Wirklichkeit wird eine Art Leinwand, auf der ich sehe, wie ich sie aufschlitze, Gedärme quellen heraus. Ich spielte als Kind mit Puppen, ich tat ihnen nichts, sie waren kalt. Ich nässte ins Bett, weil meine Mutter einen Mann geheiratet hatte, der mich nicht liebte. Ich weiß das aus den Zeitungen, Ich sehe jeden misstrauisch an, der sagt, dass er nicht geliebt wird. Der Mann meiner Mutter reagierte allergisch auf Tierhaare. Ich brachte ein Meerschwein zu meiner Großmutter. Ich sagte, dass ich es nicht zurückbringen kann, sie sagte: "Dann musst du es töten." Ich rammte Stöcke in den Boden und fesselte es mit Bast, ich wollte seinen Kopf mit einem Stein zerschmettern, sein Bauch platzte auf, Eingeweide quollen heraus. Ich sah Rot und Gelb und Grün. Wie ein Bild. Das tote Tier war Innen wärmer als draußen. Ich war philosophisch und dachte an einen Mutterbauch. Ich stahl Kaninchen, um sie zu schlachten. Ich hätte Schlächter werden sollen. Ich wollte nicht töten, um das Fleisch zu Steaks zu verarbeiten und zu verkaufen. Es war ein anderes Gefühl, zwischen warmen Körpern zu liegen, die langsam erkalten. Ihre Wärme war wie die Wärme einer Frau, die erkaltet, ich wollte Samen in sie hineinspritzen. Ich bin ein guter Vater. Ich will nicht, dass mein Kind ein Mörder werden muss. Ich tröstete mich, dass ich mich über Anatomien bilde, wenn ich ins Fleisch schnitt - das Herz ist so groß wie eine Faust, eine Gebärmutter ist so groß wie eine Birne, das Gehirn ist grau, wenn man es bei Tageslicht betrachtet. Im Fenster unseres Wohnzimmers steht eine Schneekugel, sie zeigt eine Bauchtänzerin. Die Tänzerin hat den Mund geöffnet, es sieht aus, als würde sie schreien. Meine Frau tanzt. Sie verliebte sich in mich, weil ich wie ein Tänzer aussehe. Ich wollte Pferdeleiber öffnen. Ich erschoss sie aus sicherer Entfernung. Ich will einem noch lebenden Tier die Bauchhöhle eröffnen und dann mit ganzem Körper nackt eintauchen und darin bleiben. Ich hatte in Leichenhallen Tote aufgeschnitten, sie waren kalt. Ich überlegte, ob ich sie herausholen sollte, um sie aufzuwärmen. Ich beschloss zu warten. Ich nahm einen Tramper mit, es war eine Frau. Ich musste pinkeln, sagte ihr, dass ich die Autoschlüssel beim Pinkeln verloren habe, sie half mir suchen, ich erschlug sie von hinten. Ich zog ihr die Kleider aus. Ich trennte ihr Hände und Füße ab, um die Identifizierung zu erschweren. Ich war enttäuscht. Meine Wunschvorstellung ist, beim Sex einem sterbenden Opfer ans schlagende Herz zu fassen."
"Einer Frau?"
"Ja."
"Mitleid?" "Trauer." Er ließ ihr nachschenken. "Wollen Sie wissen, warum ich Ihnen das
erzähle?"
"Sie wollen, dass ich zur Polizei gehe und Sie anzeige."
"Sie würden Stunden Ihres Lebens für mich hingeben." Seine Zunge strich über seine Lippen, sie glänzten. "Die Geschichte stand in der Zeitung. Ich möchte Ihnen etwas zeigen, um darüber schreiben zu können." Er lächelte wie ein Junge, der ein Mädchen neckt.

Leila hatte Schriftstellerin werden wollen, sie traf sich mit ihm, als sie nüchtern war. Die Schweiz sei durchlöchert wie ein Käse, "Bunker und Verbindungsgänge." K hatte keinen Arbeitsauftrag, der sie an der Kandarre hielt. Er trug einen weiten schwarzen Mantel. Leilas Gehirn zitierte, "Wohin du gehst, will auch ich gehen" und kicherte wie ein Mädchen. Sie stiegen durch einen Keller in ein Ganggewirr, sie liefen vier Stunden. "Willst du nichts markieren?"
"Ich kenne mich hier aus." Als er den Mantel ablegte, sah sie Schnüre, er öffnete seine Hose und behauptete, das Kondom sei mit Schwarzpulver gefüllt, es sei sein Traum, in einer Frau zu explodieren. "Ich wäre tot."
"Ja."
"Du wärst auch tot."
"Ja."
"Aber dann könntest du nicht darüber schreiben." Sie drehte sich um und rannte ins Dunkel. Ein Lichtkegel folgte ihr, ein Schlag traf ihren Kopf.

Als sie erwachte, schleckte eine Zunge über ihr Gesicht. Es roch nach Blut. K schlug mit der Handkante zu. Ein Hund fiel auf sie. "Fleisch zum Essen." Sie ertastete Knochen und einen Schädel, eine Lampe, die Batterie war leer, sie durchzuckte die Angst, einen Zünder zu berühren. Sie dachte, dass sie den Hundlebend hätte brauchen können , um ans Tageslicht finden zu können, er wachte nicht auf. Sie schleifte ihn hinter sich her. Ihr Gesicht wurde blutverschmiert, als sie an seinem Körper saugte. Sie ging der Temperatur nach. Es war Winter. Der Weg endete im Morgengrauen an einem Gitter. Sie sah Himmel und Berge und Schnee.

Wenn jemand sie dort finden würde, würde sie verhört werden. Ihr Bild käme in die Presse, Menschen würden Geschichten ausdenken. Ich brauchte sie als Unbekannte, die sich verwandeln konnte. Ich machte mich noch nachts auf den Weg, ich hatte Batterien, Spannungswandler und einen Trennschleifer im Gepäck. Der Stahl kreischte. Als er verstummte, kroch sie ins Freie. Ich sagte: "Du wist mir einen Schnaps spendieren müssen." Ich reichte ihr eine Flasche, ihr Körper schlotterte, ich hüllte sie in meinen Mantel, er war schwarz und weit. Eine Ratte löste eine Explosion aus, Dreck fiel auf Knochen. Wir nahmen die Explosion wahr, weil wir mit ihr rechneten. Das kurze Zittern unter den Füßen hätte auch von der Druckwelle eines Flugzeuges ausgelöst sein können.

Als wir bei einer Flasche Whisky auf dem Fußboden meines Büros saßen, zuckte ihr Körper wieder, "Woher sollte ich wissen, dass er - ?" Das Radio mischte sich in unser Gespräch: "läuft am Strand, er ist durchnässt, seine Arme umklammern ihn, als friere er oder müsse sich stützen. "What"s the matter?" fragt eine Frau. Als er nicht antwortet, aber stürzt, als bräuchte er ihre Hilfe, bringt sie ihn zur Polizei. Der Mann redet nicht, er wiegt den Oberkörper, als könnte ihn das Schaukeln beruhigen. Sein Blick ist unstet. Die Polizei bringt ihn in ein Krankenhaus, der Arzt weist ihm ein Zimmer der Psychiatrie zu, das Fenster hat Gitter. Er redet nicht. Als ihm Papier und Stift zugeschoben werden, zeichnet er eine polnische Flagge und ein Piano. Als er im Aufenthaltsraum einen Flügel sieht, geht er hin, öffnet ihn und beginnt zu spielen. Er spielt so, dass ärzte und Krankenschwestern lauschen. Sein Gehirn zeigt Aktivität, wenn polnische Sätze eingespielt werden. Er sitzt in einem Zimmer, das einem Gefängnisraum ähnelt, in der Ecke. Ab und zu fliegen seine Finger über imaginäre Klaviertasten. Der Pfleger fragt ihn auch nach seinem Namen, während er Klavier spielt, er spielt Klavier und antwortet nicht. Er lauscht den Tönen nach, als wären sie Flügel und ließen ihn schweben. Er sagt nichts. Er hat keine Papiere bei sich. Sogar die Anhänger aus Hose und Jackett sind rausgeschnitten. Ohne Identität darf man nicht frei sein. Sein Foto gelangt in die Presse, Hunderte Menschen schreiben Erinnerungen und Geschichten auf, um ihm eine Identität zu geben. Die Polizei lehnt ab. Eine Frau behauptet, seine Mutter zu sein. Sie kann es nicht beweisen. Sie fordert einen Gentest. Sie lässt sich von einem Frauenarzt untersuchen. Er bestätigt, dass sie schwanger gewesen war. Eine Krankenschwester reagiert nervös, wenn sie ihm begegnet. Sie denkt, dass er in ihrem Garten glücklicher leben könnte als in einem vergitterten Raum. Im Gartenhaus steht ein Klavier. Sie beschließt, ihn zu heiraten, damit er eine Identität haben kann. Man darf niemanden heiraten, der Fragen nicht zu verstehen scheint. Ihr Bruder vermutet, dass der Fremde in einer Geschichte gefangen ist, in der er für einen Plattenverkauf oder einen Hollywoodskript einen Gestrandeten ohne Gedächtnis spielen muss. "Er kann nicht rauskommen, ohne zu sagen, dass er betrogen hat." Sie beschließt, ihn zu erlösen. Sie öffnet seine Tür und macht ihm Zeichen, ihr zu folgen. Er folgt ihr bereitwillig durch Gänge, ins Auto, sie klappt die Autotür zu. Die Fingergelenke der alten Frau sind steif. Sie war Klavierspielerin. Sie wurde schwanger und bekam einen Sohn. Sie hatte eine Totgeburt gehabt und über eine erneute Schwangerschaft nicht sprechen wollen. Ihr Grundstück war groß, sie lebte allein, sie sah keinen Grund, über den Jungen zu reden. Er wollte nicht Klavier üben. Sie sperrte ihn ein, bis er aus Langeweile zu spielen begann. Er war ein Mann geworden, er hatte ihr den Rock hochgeschoben, es hatte sie verstört. Sie wollte ihn in die Gesellschaft einführen und brachte ihn auf ein Kreuzfahrtschiff. Er verließ die Kabine nicht. Als er aus dem Bullauge sah, glaubte er, einen Flügel vom Deck ins Wasser gleiten zu sehen. Möglicherweise war ein Delphin gesprungen. "Ich brauche ihn", sagte er, eilte aufs Deck und sprang. Wenn Wind weht, krümmt er den Rücken, als habe er Angst. In einer anderen Geschichte, die über den Vorfall berichtet, als beschreibe sie Realität, wollte der junge Mann Selbstmord begehen, "Wenn man nicht leben kann, kann man auch sterben." Er spricht mehrere Sprachen, aber er fand keinen Job. Er will im Meer ertrinken, damit seine Eltern keine Beerdigungskosten haben. In ihren Fantasien könnte er weiterleben, diese Vorstellung zerstörte Zweifel und Schuldgefühl. Das Meer warf ihn an den Strand. Der Scham verschloss ihm den Mund. Die Presse behauptete, die Eltern hätten sein Foto in der Zeitung gesehen, aus Scham geschwiegen, sie waren Bauern. Als Journalisten unterstellten, dass er ihr Sohn ist, sagten sie, dass er krank ist und Hilfe braucht. Er hätte sonst die Kosten seiner Identifizierung bezahlen müssen."
Ich drehte das Radio aus. Kulick sagte: "Er muß bereit sein, ins Gefängnis zu gehen, um eine Chance haben zu können."
"Wenn er bereit wäre, ins Gefängnis zu gehen, würde er auch für verrückt erklärt. Er hat keine Chance mehr. Du hättest auch keine Chance mehr gehabt, wenn ich dich nicht rausgeholt hätte. Du hattest sein Blut um den Mund."
"Das Blut vom Hund."
"Er hatte Blut von ihm am Maul."
"Danke", murmelte sie. Sie sah mich an wie einen Gefängniswärter.

Leila hatte mich gebeten, ihre Asche zu einem roten Diamanten verpressen zu lassen, den ich ihrem Kind schenken sollte. Sie hatte Sehnsüchte nach Kitsch, sie fühlte sich im Dreck.

K hörte irritiert das Codewort "Höhenangst." Leila hatte keine Flügel, um Auffliegen zu können, falls sie stürzen würde. Sie hatte vor dem Einschlafen oft das Gefühl, die Erde könnte sich unter ihr öffnen, sie verschlingen, eine Wasserwoge könnte anrollen, sie wegspülen. Sie irritierte, dass die Natur, die tausende Menschen verschlang, geschützt wurde, aber ein Mensch, der einen Menschen getötet hatte, als Mörder galt. K erinnerte sich jeden Abend vor dem Einschlafen an die Ereignisse des Tages und grübelte, ob sie Fehler gemacht haben könnte.
"Mit einem Kind bist du erpressbar", sagte ich.
"Du wirst mich beschützen."
"Ich werde tun, was ich kann. Dein Körper wird unförmig werden, schlaff. Willst du eine Leihmutter?"
"Nein."
"Du könntest meine Frau besuchen, unsere Kinder hüten. Du könntest testen, ob du Mutter werden willst. Es ist ein Job für zwanzig Jahre, er wird nicht bezahlt."
"Darf ich das Arbeitszimmer meines Vaters sehen?"
Ich nickte und führte sie in den Keller, Leila legte die Hand an ihre Jacke, als wolle sie sich vergewissern, dass sie eine Waffe hat. Ich öffnete Türen, führte sie durch Gänge, Treppen nach oben. Ich öffnete mit meinem Fingerabdruck eine Tür, sagte: "Hier."
"Du hattest Zugangsrecht?"
"Ja."
"Wer noch?"
"Falls du es willst, du."
Leila trat ein, "Darf ich allein sein?"
"Ja."
"Ihr habt bereits alles durchsucht?"
"Ja."
"Gibt es etwas, dass ich wissen sollte?"
"Wenn du Fragen haben wirst, kannst du sie stellen."
Ich ging und ließ sie allein.
Der Arbeitsraum war fast leer. Sie strich über die Innenfläche des Aschenbechers, er war ohne Staub. Ihre Kinderzeichnungen lagen unter der Glasplatte des Schreibtisches. Ihr fiel auf, dass die Striche, die Beine und Stachel darstellen sollten, nicht gerade gezeichnet waren, als wären sie zaghaft gezeichnet. In der Ecke lag ein Stoß Bücher. Leila ging hin, bückte sich, zuckte zurück. Sie sah ihn hastig durch. Es war der Stoß Bücher, den sie als Kind im Eiscafé durchgeblättert hatte. Sie sah sich misstrauisch um, als sei sie in eine Inszenierung geraten.

Als ich sie abholte, fragte ich, bevor sie Fragen stellen konnte: "Wann gehst du zum Friseur?"
"Sollte ich das?"
"Ich will dich mädchenhafter", sagte ich. Ich reichte ihr eine Visitenkarte.
"Ist das ein Befehl?"
"Ein Auftrag."
Sie sagte: "Ich habe meinen Vater nie tot gesehen."
"Du hättest die Leiche ansehen können."
"Ohne Kopf."
Ich fühlte mich neben K oft wie neben einem kalten Vulkan, der jederzeit ausbrechen könnte.
Sie hatte ihn lebendig in Erinnerung behalten wollen. Er hatte zu seinem Geburtstag die Flasche Whisky, die sie ihm geschenkt hatte, in die Hand genommen und gesagt: "Ich soll also Whisky trinken. Du magst keine Bierbäuche und keine Bierbacken. Sie erinnern dich an Doggen. Vorhin als du in die Tür tratst, mich anlächeltest, aber dein Blick glitt durchs Zimmer, habe ich gespürt, dass du mir ähnlich bist." Er hatte einen Schluck Whisky genommen, den Fernseher angemacht, um ein Fußballspiel anzusehen. Leila hatte ihn nicht tot sehen wollen, bevor sie ihn gefragt haben konnte, was "Ähnlichkeit" bedeuten könnte.

K musste warten, sie überlegte, ob sie den Friseur verlassen sollte, griff nach einem Stapel Zeitungen. Leila fragte sich, welcher der nackten und halbnackten Männer ihr gefallen könnte, sie sah auf Körper, Hände, Gesicht. Einer hatte einen Dreitagebart, sie sah ihn lange an, sie sah andere an, blätterte zu ihm zurück.

Leila saß mit fransenartig geschnittenen Haaren in einem Café, als sie zusammenschrak, als wäre eine Pistole vor ihrem Gesicht aufgetaucht. Sie sah einen Mann mit Dreitagebart, dunklen Augen, schlanker Gestalt, großen Händen, er zog seine Jacke aus, trug ein ärmelloses T-Shirt, sie sah Muskeln an seinen Armen. Sie lief zum Klo, ihr war zum Kotzen. Als sie zurück kam, sah sie, dass eine Frau ihn begrüßte, sich zu ihm setzte, er küsste sie, "Sie haben ihn mir also nicht geschickt." Als die fremde Frau aufs Klo ging, stand Leila auf, legte ihm eine Karte mit ihrer Handynummer auf den Tisch, "Ich bin auf der Durchreise," sagte sie, "Ich möchte mit Ihnen heute Abend ins Kino gehen." "Ich habe heute Abend keine Zeit."
"Sie werden mich finden." Sie sagte es kühl. Leila setzte sich wieder an ihren Tisch, ihr Herz schlug im Hals, sie bestellte einen Schnaps, "damit es in den Brustkorb zurück rutschen kann", ein Mann setzte sich zu ihr. Er bot ihr Zigaretten an, sie nahm keine, er wollte Feuer, sie hatte keins. Er winkte mit dem Kopf zum Fenster und sagte, dass das Wetter sich verschlechtert hat, sie erhob sich, zahlte und ging, ohne sich umzusehen.

Sie fühlte sich krank. Sie lag im Bett und starrte aufs Telefon. Sie hörte das Ticken der Uhr. Es schien lauter zu werden, spitz, "Es tut weh", sie stopfte den Wecker unter Kissen, schlief im Morgengrauen ein, hörte den Wecker nicht und verschlief.
Ich hatte es befürchtet.

Er tauchte aus einem Menschengewühl auf, ging neben ihr, als wären sie ein Paar. Leila zitterten die Knie. Sie hatte mir gesagt, dass sie schwanger werden wollte. Er war neben ihr, als sie die Hoteltür öffnete, er war hinter ihr, als sie ins Hotelzimmer trat. Sein Samen floss, als sie aufstand, in Strömen aus ihrem Bauch. Sie fragte, ob er ein Roboter ist, in dem ein Samentank eingebaut wurde. Er sah sie entsetzt an. "Du bist sehr schön", sagte sie.
"Du auch", sagte er und griff nach einer Zigarette.
"Bist du nervös?"
"Es ging alles sehr rasch. Ich habe eine Freundin für dich im Stich gelassen."
"Musste das sein?"
"Ich hatte die Wahl, zu ihr zu gehen oder zu dir."
"Du hättest eine Ausrede für sie ausdenken, dir Zeit lassen können."
"Ich ließ mir aber keine Zeit."
"Tut es dir leid?"
"Nein. Ist dir kalt?" Er zog Leila an sich, deckte sie zu.

Ich kannte ihren Schritt. Die Tür klappte. Ich sah zuerst auf ihren Bauch, "Schwanger?" Ich grinste. "Nein." In ihren Augen loderte Hass auf.
"Ich hatte euch vor dem Kino gesehen. Er scheint schön."
"Wie ein Designerstück. Er ist freundlich, zärtlich, geduldig, hilfsbereit. Ich weiß nicht, was in ihm ist. Ich will kein Monsterkind."
"Willst du ihn zerschneiden? Ich bin froh, dass wir hier im Büro reden, dass er das nicht hören kann."
"Ihr habt ihn mir zugeschickt."
"Nein. Aber du hattest gesagt, dass du schwanger werden willst. Ich freue mich, dass du so rasch einen Mann getroffen hast. Ihr saht wie ein Liebespaar aus. Wir sind wie eine Familie."
"Wer?"
"Was?"
"Wer ist wie eine Familie?"
"Ich hatte dich noch nie verliebt gesehen. Ich will nicht, dass du ihn leichtfertig verspielst. Du hast eben zwei Löffel Zucker in den Kaffee getan. Es war einer zu viel."
K sah überrascht auf ihre Hand, zog die Tasse an ihren Mund, kostete, schob die Tasse weg und sagte: "Er ist zu süß."
Der fremde Mann, den sie in ihr Leben gezogen, der in ihr Leben gedrungen war, hieß Georg. Er hatte ihr die Schlüssel für seine Wohnung gegeben. Als sie allein im Zimmer gewesen war, hatte sie nichts durchsucht. Sie wollte in eine ganz normale Geschichte. Als sie eines Abends die Tür aufschloss, sah sie einen Zettel auf dem Küchentisch, "Ich bin weggezogen. Ich lasse dir die Wohnung. Wenn du sie nicht willst, brauchst du keine Miete an den Vermieter zahlen. Du solltest mich nicht suchen. Wenn ich will, werde ich dich finden." Unter dem Text stand die Kontonummer des Hausbesitzers. Leila kreischte auf. Sie wischte mit einer Handbewegung das Geschirr vom Tisch, griff nach den Gardinen, um sie vom Fenster zu reißen, ihr fiel ein, dass sie die Unordnung, die sie schaffen würde, aufräumen müsste, sie warf sich aufs Bett und weinte, bis sie Kopfschmerzen hatte, die den Trennungsschmerz überlagerten. Sie nahm eine Schlaftablette.

Sie wachte auf, starrte, als sähe sie Schlange - das Bett neben ihr war leer. Sie schüttelte Kissen und Decken fassungslos auf. Sein Abschiedsbrief lag auf dem Fußboden zwischen Tellern, Tassen. "Sie hatten ihn mir zugeschickt", flüsterte sie. Es war ein Trostgefühl. Sie wollte nicht akzeptieren, dass er entscheiden will, ob und wann er zu ihr zurückkommt. Falls er plötzlich vor ihrer Hoteltür stände - "Ich werde stark sein." Sie machte Liegestütze, sie wollte die Tür zuschlagen - können. Leila ging in die Hotelbar, nahm einen Mann, der sich an einem Bierglas festhielt, aufs Zimmer, als er neben ihr lag, stand sie auf. "Was ist los?" Der Mann stand auf, umfasste ihren Körper, drehte ihr Gesicht zu ihm hin. "Ich will nicht", sagte sie.
"Sei nicht albern!"
"Ich will nicht."
Er gab ihr eine Ohrfeige, zog sich an und ging. Leila fühlte sich wie ein Kind. Er hatte seine Zigaretten liegen lassen, sie rauchte.

Ich war besorgt, dass K ihre Konzentrationsfähigkeit verlieren würde. Sie erhielt den Auftrag, einen Mann "anzustechen."
"Wo?" fragte sie kühl.
"Auf dem Jahrmarkt."
"Wann?"
"Er geht am Kampftag der Arbeiterklasse auf den Rummel!"
"Bist du sicher?"
"Ja."
"Wie erkenne ich ihn?"
"Seine Frau hat Zöpfe. Drei Kinder. Eins sitzt im Wagen. Der Wagen ist rot."
"Kinder?"
"Er wird nicht sterben. Insulinschock. Das Mittel wird am Mittwoch dreizehn Uhr in der Kaufhalle in einer Kaffeebüchse, die ausversehen von einer zerstreuten Frau in deinen Korb gestellt wird, sein. Die wirst die Büchse aufs Band stellen, als Kaffee bezahlen." Ich gab K die Telefonnummer eines Rettungsdienstes, sagte, dass der Rettungswagen in der Nähe des Riesenrades stehen wird, "Es wäre gut, wenn du dort auf den Mann triffst."
"Was wollt ihr von ihm?"
"Er wird sich nur an einen Alptraum, in dem er verhört wurde, erinnern können. Die Krankenschwester wird ihm bestätigen, dass es nur ein Traum war."
"Wo ist der Rothaarige?" fragte K.
Der Rothaarige war ein Charmeur, er hatte sich jedesmal mit Handkuss und Augenaufschlag von ihr verabschiedet.
"Er hatte zu viele Fragen gestellt."
"Habt ihr ihn getötet?"
"Stellst du plötzlich Fragen?" "Nein", sagte K und spielte mit dem Brieföffner, der auf meinem Schreibtisch lag. Ich nahm ihn ihr mit einem Ruck aus der Hand. "Es ist nicht korrekt, jemanden zu töten, der Fragen stellt. Es ist aber auch nicht korrekt, Fragen zu stellen, wo ich keine Antworten geben kann. Er hatte einen Verkehrsunfall."

Das Land, das wir angekauft hatten, war Stiftungsbesitz. Die Satzung konnte nur einstimmig verändert werden. Ich hatte mich gefragt, wem ich ungehemmt vertrauen würde, - "Nur mir selbst." Versuche mit Hilfe von bewaffneten Aufständen und Kriegen soziale Gerechtigkeit in der Welt durchzusetzen, waren gescheitert. Ich und andere hatten beschlossen, Land anzukaufen, den Armen zur Verfügung zu stellen. Wir brauchten Geld, um Land kaufen zu können. Wir hatten Schulen gegründet, sie wurden staatlich anerkannt, wir erhielten Geld. Lehrer behielten das, was sie zum überleben brauchten und spendeten den Rest. Schüler reinigten die Schule selbst, um Kosten zu sparen. Sie sammelten in den Städten aussortierte Kleidungsstücke, reinigten, flickten, verkauften sie in Second-Hand-Läden. Wir kauften Land an. Es war billiges Land. Als K eine Modellfarm besichtigt hatte, war sie verstört, "Ihr behandelt die Arbeiter nicht anders als Großgrundbesitzer."
"Wir brauchen Gewinne, um mehr Land ankaufen zu können."
"Sie wohnen in Katen, dein Mitarbeiter lebt in einer Villa, sie ist mit Stacheldraht umzäunt. Er kämpfte für die Armen, um reich werden zu können." K wurde bereit, uns zu helfen, Geld zu erarbeiten, "Ich mache jeden Arbeitsauftrag." Bedingung: "Die Menschen, die auf unserem Land lebten und arbeiteten, müssen von ihrem Gewinn nichts abgeben." Sie hätte lieber gesungen, statt als Agentin zu arbeiten, "Lärm für die hungernden Menschen in Afrika", sie konnte nicht singen.

K brachte den Mann in einen Kreislaufschock, alarmierte den Rettungsdienst, sie sah hinter den Rücken von Neugierigen zu, wie er auf eine Trage, in ein Auto geschoben wurde.

Er drehte sich um, sah, dass sie ihn anstarrte: "Kennen wir uns?"
"Nein", sagte Leila, "Sie erinnerten mich nur an jemanden, er wollte Forscher werden." Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Leila trat einen Schritt zurück. "Verzeihen Sie", sagte sie rasch, "Ich weiß nicht, warum Sie mich so ansehen."
"Nichts", sagte er und sah in ihren Korb, "Kochen Sie nichts?"
"Wollen Sie mich zum Essen einladen?" Sein Gesicht verfinsterte sich. "Wenn Sie reden", sagte Leila, "lächeln Sie. Sobald ich etwas sage, kriegen sie ein Gesicht, als sei ich Ihre pubertierende Tochter."
"Ich habe drei Söhne", sagte er.
"Ach so", sagte Leila und sah in ihren Korb.
"Ich habe noch nie eine Affäre gehabt", sagte der Mann. Er sah plötzlich aus wie ein schalkhafter Junge.
"Sie wollen mich also zum Essen einladen?" fragte Leila.
"Ja."
"Sie wollen eine Affäre?"
"Ja", sagte er und errötete, sein Blick wurde unstet, als packe ihn Angst. "Ich werde ohne Schlüpfer unter dem Rock zwanzig Uhr ins -" flüsterte sie, zögerte. "International", sagte er rasch und schob seinen Korb von ihr fort. Im Korb lagen ein Brötchen und ein Stück Wurst. Leila war über sich verwirrt.

Sie kleidete sich von Fußsohle bis Kopf neu ein, um sicher zu sein, dass sie kein Mikrofon, keinen Sender an sich trug. Sie zog den Schlüpfer auf dem Klo des Restaurants aus und steckte ihn in die neue Handtasche, sie reichte sie am Tisch dem fremden Mann und sagte: "Sieh rein!" Er öffnete die Tasche, errötete und griff nach ihrer Hand.
"Deine Frau?" fragte sie.
"Ich weiß nicht, was um mich geschieht."
"Wir wissen auch nicht, was in uns geschieht."

Ich goss K Whisky ein. Sie schob das Glas zurück und sah mich fragend an. "Was hast du mit Müller gemacht?" fragte ich. "Wer ist Müller?" fragte sie.
Ich erhob mich so rasch, als wolle ich sie schlagen. K fragte: "Wer ist Müller?"
"Du warst mit ihm zwölf Stunden unterwegs."
"Er heißt also Müller. Er war ein sexuell ausgehungerter Mann. Wusstest du das nicht?"
"Wer hatte dich beauftragt?" Ich drehte den Lampenschirm und blendete ihr ins Gesicht.
"Ich habe eine Affäre mit ihm."
"Wozu?"
"Ich weiß nichts über ihn, nur dass er ein sexuell ausgehungerter Mann ist." Ihre Stimme wurde leise, "Was weißt du über ihn?" Sie wusste, ich würde nicht antworten, "Wolltest du auch von ihm schwanger werden?"
"Nein", sagte Leila und zog ein Gesicht, als habe sie darüber nicht nachgedacht.
"Ich erwarte einen Bericht", sagte ich. K machte eine Geste, als spucke sie mir auf den Tisch.

K hatte gelernt, keine Fragen in sich aufkeimen zu lassen, sobald sie einen Auftrag erhalten hatte. Der Auftrag war ausgeführt, der Fremde hatte den Auftrag überlebt, sie ließ Fragen in sich. Sie wusste, sie hatte die Chance vertan, zu erfahren, was ich von dem Mann gewollt hatte. Sie stellte sich vor, wie ich Richtmikrofone installierte, ihrem Stöhnen in seinen Armen lauschte, sie sah mich kurz hasserfüllt an. Sie würde nie erfahren, wozu sie den Mann krankenhausreif gemacht hatte. Sie hoffte, dass sie ihn eines Tages so zufällig treffen würde, dass ich nicht vorbereitet wäre. Ich zog hastig an der Zigarette und sagte: "Ich brauche dich, um eine sozial faire Ordnung in der Gesellschaft zu schaffen. Ich will niemanden beschäftigen müssen, damit er dich in Ordnung bringt."
K kicherte bei der Vorstellung, dass sie vom Täter zum Opfer geworden sein könnte, so kindlich, als gehe keine Gefahr von ihr aus. Als sie mich verließ, schwang sie sich aus der Tür, hüpfte auf dem Gang bis zum Fahrstuhl, scheute vor der offenen Fahrstuhltür, die ihr ein Maul geworden schien, und lief die Treppen nach unten.

Sie kicherte, als sie im Hotelzimmer stand. Es klingelte, Leila nahm den Telefonhörer ab. "Hallo?" Sie legte den Hörer auf. Es klingelte wieder, Leila ging nicht ans Telefon. Sie saß in einer Ecke und zitterte. Es klopfte an der Tür. "Wer da?" Stille. Sie hörte Schritte, die sich entfernten. Als sie die Tür öffnete, war der Gang leer. Sie öffnete das Fenster weit, sah hinaus, schloss es, kippte es an. Leila baute aus Stuhl und Lampen, Geschirr eine Pyramide, die einstürzen, scheppern würde, falls jemand die Tür aufschließen, aufdrücken würde, während sie schlief. Sie streichelte über den Pistolenlauf, legte die Magnum unter das Kopfkissen. Sie legte sich ins Bett, sah das Bauwerk vor der Tür an, grinste, kicherte, schluchzte. Sie hatte sich vor einem Mann verbarrikadiert, den sie, "Das kann nicht sein, dass sie mich abhängig von ihm gemacht haben", dachte sie entsetzt, liebte.

Er setzte sich in einer Straßenbahn ihr gegenüber. "Ich arbeite als Modell. Ich kriege einen Termin, ziehe mich aus, ziehe das an, was sie mir hinlegen, lächele, ziehe meine Sachen an und gehe. Ist das ein Problem für dich?"
"Ich bin die Sekretärin eines mittelmäßigen Rechtsanwaltes. Auch wenn er mich oft auf Reisen schickt, weil er mittelmäßige Klienten in aller Welt hat", sagte Leila.
"Du bist meine Frau", sagte er.
"Bist du mein Mann?" fragte sie.
Das Mädchen, das neben Leila saß, sah ihn und Leila an, als säße es in einer Theaterprobe.
"Ich könnte andere Frauen haben. Es reizt mich nicht mehr."
"Was reizt dich an mir?"
"Du bist anders. Es machte mir Angst." Er schüttelte den Kopf, als habe er Zeit vertan.

"Wo sind die Akten über meinen Vater?"
"Nicht hier."
"Wo?"
"Wir leben für Utopien."
"Wenn ich ihn ersetzen soll, brauche ich seine Akten."
"Ich werde tun, was ich kann."
"Wann?"
"Ich rufe dich nachher an."
"Wo soll ich warten?"
"In deinem Arbeitszimmer."
"Im Zimmer meines Vaters."
Ich zögerte, "Ja."

Ich klopfte kurz später und reichte ihr einen leeren Aktenordner, "Unser Ziel ist nicht der Weg. Wir waren nie daran interessiert, Zeugnisse zu schaffen."
"Ich bin deine Vorgesetzte."
"Sobald du dich eingearbeitet hast."
"Wer ist mein Vorgesetzter?"
"Ich bin dein Kontaktmann."
"Das ist keine Karriere", sagte Leila und schob sich am Tisch zurück.

Leila schreckte zusammen. Sie starrte zu dem Mann, der demonstrativ eine Hand auf die Schulter einer Frau legte, ein andere auf den Kopf eines Kindes, als er sie sah. Leila verstand, dass der Mann, den ich Müller genannt hatte, an ihre kurze Liebschaft nicht erinnert werden wollte. Leila hätte ihn gern gefragt, an was er geforscht hatte. Sie wusste, dass sie ihm nicht sagen könnte, dass sie ihm Insulin gespritzt hatte, damit er uns, um überleben zu können, über die Zusammensetzung eines Gases erzählt, das Menschen ungehemmt erzählen lässt.

Leila sehnte sich nach einer heilen Welt, sie wollte wenigstens eine Nische, die sie wie mit einem Umschalter nach Dienstschluss betreten konnte. Sie nahm zu Hause den Telefonhörer nicht mehr ab. Georg nahm ihn ab, sagte, dass sie nicht da ist, wenn ich nach ihr fragte. Sie rief nicht zurück. "Georg ist in dieser Beziehung vergesslich", sagte sie, "Oder eifersüchtig."
"Mache keine Fehler!"
K beschloss, mich töten zu lassen.

K wählte Nummern, hörte eine Zahl, Zeit und Ort und legte ein Päckchen zum Zeitpunkt am Ort ab. Mich interessierte, was ich ihr Wert war. Ihr Konto verzeichnete keine auffällige Bewegung. Ich vermutete, dass sie Teile des Schmuckes ihrer Großmutter verkaufte. Leila hatte das Glitzerzeug, wie sie es nannte, für eine Hilfsorganisation spenden wollen, sich nicht entscheiden können. Sie hatte im Internet Adressen recherchiert, angeschrieben, notiert, dass sie mit Georg in Notstandsgebieten arbeiten will, niemand schien eine Rechtsanwaltsgehilfin und ein Fotomodell, die glaubten, unter Extrembedingungen für andere arbeiten zu können, zu brauchen. Keine Organisation will Mitarbeiter, die eine eigene Gemeinschaft sind.

Sie erfuhr aus der Zeitung, dass mein Rechtsanwaltsbüro in Flammen aufging. Es wurde von Brandstiftung und russischer Mafia gesprochen. Mein Zahnarzt zog eine Karte aus seinem Patientenregister, die Karte bestätigte es. Meine Frau reagierte irritiert, weil die verkohlte Leiche keinen Fetzen Gold zeigte. Ich werde ihr, wenn die Verhöre, denen sie nicht gewachsen ist, beendet sind, den Ehering mit einem Vorschlag für einen Treffpunkt zuschicken. Sie fragte mich nichts über meinen Job, sie weiß fast nichts über ihn. Ich hinterließ einen Abschiedsbrief, in ihm wurde von Selbstmord gesprochen, er wurde in einem feuerfesten Safe gefunden, er begann: "Ich habe ein langes Gespräch mit Gott geführt -"

Ich war im Büro eingeschlafen, nachts mit Schweißausbrüchen aufgewacht, die mich nach Schnapsflaschen suchen ließen. Ich fühlte zwei Tage später, den Blutdruck so sinken, dass ein Gefühl war, als stehe die Haut vom Körper ab. Ich legte die Beine hoch, einen kalten Lappen in den Nacken. Ich fühlte den Tod wie hinter einer dünnen Scheibe. "Ich habe gewissenhaft gearbeitet", dachte ich und war verblüfft, das ich angesichts des Todes nichts Bedeutenderes zu sagen hatte. Ich versuchte zu grinsen, um über eine Heiterkeit Entspannung in den Körper zu bringen. Ich scheute mich nicht, zu singen. Ich versuchte zu tanzen, mir war schwindelig. Es hatte mit einem leichten Kopfschmerz am Morgen begonnen, der sich bis zum Abend steigerte, "Es ist wie eine Eisenzwinge um den Kopf", ich ließ mich kotzen. Meine Frau hatte dasselbe gegessen wie ich, das Essen konnte nicht schlecht gewesen sein. Ich beschloss, den Arbeitsraum, in dem ich in Angstzustände versetzt wurde, so dass ich an Geheimdienste und Methoden denken musste, zu meiden. Aber zu Hause war eine Freundlichkeit, die mich an Puppenhäuser erinnerte. Meine Frau kuschelte sich morgens in meinen Arm, bevor ich aufstand, sie kuschelte sich an, bevor sie einschlief. Wenn ich Sex wollte, wurde sie erregt. Wenn ich sagte, was ich gern essen würde, bekam ich es serviert; ich kaufte und schenkte ihr einen Blumenstrauß, sobald sie gesagt hatte, dass das Wetter düster geworden ist. Wenn zehn Pflaumen auf dem Tisch lagen, erhielt jeder fünf, wenn elf Pflaumen lagen, teilte sie sich fünf, mir sechs zu; ich aß die Hälfte der sechsten und reichte ihr die andere. Ich dachte, dass uns eine Zeitlang Trennung gut tun könnte.

K ging nicht zu meiner Beerdigung. Es fiel einem Polizeibeamten auf, er suchte sie in ihrer Wohnung auf. Sie zeigte auf ihre Brüste, enblößte sie, Milch tropfte. "Als ich von seinem Tod hörte, versiegte die Milch. Wenn ich zum Zeitpunkt bei ihm zu Besuch gewesen wäre, wäre auch ich explodiert, verbrannt."
"Haben Sie Mitleid?"
"Ich wäre mit ihm verbrannt, wenn ich ihn besucht hätte", sagte K und zeigte ihm ein verstörtes Gesicht. Cora schrie auf. Leila trat ans Kinderbett. "Sie hat Hunger", sagte sie. Der Beamte wollte keine Schuld daran haben, dass ein Kind hungern muss, und ging.

Sie wurde nach meinen Akten befragt. Sie erzählte von den Fällen, in denen ich als Verteidiger gearbeitet hatte; es waren keine auffälligen Prozesse. "Es waren nicht viele Fälle", sagte der Polizeibeamte.
"Ja", sagte sie, "Manchmal habe ich mich gewundert. Aber ich wurde fair bezahlt."
"Sie fragten nichts?"
"Ich hatte keine Fragen."
"Falls er in kriminelle Machenschaften verwickelt war, könnten Sie mitschuldig geworden sein."
"Nein."
"Nein?"
"Er machte keine kriminellen Machenschaften. Sonst hätte ich ihm Fragen gestellt und wäre zur Polizei gegangen."
Der Beamte sah Leila unsicher an. Sie lächelte wie ein Kind, "Meine Haare sind noch nicht gekämmt", sagte sie, "Ich hätte Sie sonst an der Tür warten lassen müssen." Sie drängte ihn zur Tür.

K kannte von niemandem, den sie hatte töten sollen und getötet hatte, eine Biografie. Es beschützte sie. Sie waren für sie eine Art Schießbudenfiguren gewesen. Die Mimik der Fremden wirkte, während sie starben, theatralisch. Bei mir war es anders. Sie würde mein Gesicht nicht loswerden. Sie würde von meiner Frau, meinen Kindern träumen. Sie konnte zu niemandem gehen, von Alpträume erzählen. Sie setzte sich vor einen Spiegel und sagte sich, dass sie Selbstjustiz geübt hatte und dass die in Ordnung ist, weil es keine anderen Möglichkeiten gab. Sie sagte sich, dass sie akzeptieren wird, falls jemand sie töten wird, wie ich getötet wurde. Sie reagierte panisch bei dem Gedanken, dass jemand sie töten will und das Kind sterben muss. Sie schluckte Beruhigungstabletten. Sie tat mir leid.

Leila ließ sich in den Armen Georgs schutzlos werden. Sie legte den Kopf zurück, ihr Hals lag bloß. Er küsste sie, sein Atem umstrich ihren Hals, es machte ihr Gänsehaut. K hätte gern gewusst, ob Georg ihr die Morde, die ich Exekutionen genannt hatte, verzeihen würde. Sie sagte sich, dass sie nie gemordet hat, K hatte gemordet, K gab es nicht mehr. Leila hatte geheiratet und hieß Eck.

Sie spürte plötzlich etwas wie einen Stock oder Pistolenlauf im Rücken, "Mein Chef wollen dich sprechen. Komm!" Leila überlegte, dass sie nicht erschossen werden wird, wenn ein Mann, der sich Chef nennt, sie sprechen will. Sie sagte: "Ich bin morgen um drei Uhr in der Eisdiele", und ging weiter. Der Mann zerrte an ihrem Arm, sah, dass Leute zu ihm hinsahen, flüsterte: "Ich kriegen dich." Und verschwand.

Leila bat Georg am nächsten Tag mit ihr in die Eisdiele zu gehen, "Ohne Cora." Er verzog das Gesicht. "Es ist für eine Kindheitserinnerung", behauptete sie. Sie brachte Cora zu ihrer Nachbarin, steckte Georg zwei Spielzeugpistolen in den Gürtel, zog ihm das Hemd darüber, fasste ihn an der Hand und zog ihn kichernd hinter sich her. "Was soll das?" fragte er, unsicher, ob er verärgert oder amüsiert war.
"Es ist eine Kindheitserinnerung", sagte sie.

Er trank Kaffee, sie aß Eis. Gegen vier Uhr stand ein Mann auf, lief durch den Raum, trat an ihren Tisch, legte ihr eine Rechnung für einen Eisbecher und Schnaps hin und sagte: "Ich nehmen an, Sie wollen die Rechnung für mich bezahlen."
"Falls sie mich nie wieder ansprechen", sagte Leila und lächelte ihn freundlich an, ihre Augen sahen scharf. Der Fremde sah zu Georg. Georg lächelte ihn fragend an. Als der Fremde verschwunden war, kicherten beide. "Was war das? Er sah aus wie aus einem Ganovenfilm", sagte Georg. "Asiatischer Geheimdient", flüsterte Leila, "Ich glaube, sie halten mich für eine Agentin."
"Bist du das?"
"Ich bin Leila", sagte sie und lachte bis ihr die Tränen liefen. Georg zog die Spielzeugpistolen aus dem Gürtel, zielte auf die Lampe, sagte "Bumbum" und lachte.

Tränen schimmerten in meinem Augwinkel. DNA-Analysen können beweisen, dass wir eine Art Paar gewesen waren.

Anmerkung: Leila sah vom Buch, das sie las auf, und dachte, dass in einem Spionageroman, der sich gut verkaufen, der in alle Sprachen übersetzt werden soll, kein Land diskreditiert werden dürfte. "Ein paar Brocken aus allen Sprachen müssen drinsein." Sie hörte ein Summen. Sie spannte Insektengaze ins Fenster.

Politiker bieten Wahlprogramme als Ware/Dienstleistung an, der Wähler entscheidet, welche Ware/Dienstleistung er will. Der Politiker erhält infolge einen fair dotierten Job. Wir könnten in der Demokratie ankommen, sobald Politiker für nicht erbrachte Leistungen juristisch haftbar gemacht werden können. Das Wahlsystem selbst reicht als Regulierungsmechanismus nicht aus, sobald alle Parteien in Wahlprogrammen lügen.

Leila sah vom Buch auf und dachte, dass ein Buchkapitel nicht mehr als zwanzig Seiten haben sollte, "Ich habe für heute genug erlebt", sagte sie, erhob sich und ging ins Bett. "Wenn mein Leben einen Buchtitel haben müsste, könnte er Höhenangst sein", sie kicherte, weil sie für jemanden, der nicht schwindelfrei war, zu steile Wege ging.

 

 


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